Im Dunkel der Nacht (German Edition)
mit dir zu schlafen, obwohl ich tagelang nicht zur Ruhe gekommen bin und mich auf einer emotionalen Achterbahn befunden habe.«
»Und das war eine hervorragende Entscheidung. Aber du solltest nicht damit rechnen, dass das jetzt so weitergeht.« Er kicherte.
Sie lächelte. »Weißt du, dass du ein sarkastischer Mistkerl bist?«
»Ja.«
Sie seufzte. »Ich denke, wir passen prima zusammen. Übrigens, ich glaube, mein Vater hat jemanden erpresst.«
Jetzt war er wieder wach.
Zach hatte beschlossen, sich die Kontoauszüge erst am nächsten Morgen anzusehen. Sie liefen nicht davon, und er war lieber nackt in ihrem Bett geblieben.
»Das wolltest du mir also zeigen?«, fragte er jetzt.
»Die sind aus dem Jahr, in dem Max verschwand.«
Sie setzte sich wieder an den Tisch und nippte an ihrem Kaffee. »Sie waren unter Dads Sachen. Ich habe nach einem Testament oder so etwas gesucht.«
Er pfiff laut. Sechs Buchungen über jeweils 9500 Dollar.
»Hast du irgendeine Ahnung, wo deine Eltern dieses Geld herhaben konnten?« Er sah zu ihr auf in der Hoffnung, dass es noch eine andere Erklärung geben würde.
»Nicht die leiseste.« Sie nahm einen weiteren großen Schluck Kaffee.
Er legte die Auszüge auf den Tisch.
Solche Beträge wurden aus den unterschiedlichsten Gründen in bar eingezahlt. Drogen, manchmal Spielschulden. Häufiger jedoch war Erpressung. Und der Zeitraum konnte beim besten Willen kein Zufall sein. »Du meinst also, deine Eltern wussten etwas über Max’ Tod? Etwas, wofür jemand zu zahlen bereit war, solange sie Stillschweigen bewahrten?«
Sie biss sich auf die Lippe. »Meine Mom nicht. Sie war schwach, aber sie hat Max geliebt. Sie hätte bestimmt nicht geschwiegen, wenn sie etwas gewusst hätte. Außerdem hat sie immer gehofft, dass er nach Hause kommt. Selbst als sie im Sterben lag, hat sie manchmal nach ihm geschrien.«
Sie hielt für eine Sekunde inne und schluckte schwer. »Ich glaube, mein Vater wusste etwas. All dieses Gerede, dass ich nicht wüsste, worin ich mich da einmische, und jetzt dieses Geld. Ich glaube, er wusste etwas, und ich glaube, deshalb wurde er umgebracht.«
»Wen, denkst du, erpresste dein Vater?« Zach legte die Kontoauszüge weg.
Sie zögerte. Erpressung war so ein hässliches Wort. War ihr Vater dazu fähig gewesen? Irgendwie hätte er sich herausgeredet, das Ganze relativiert. Sie konnte ihn praktisch hören: Warum hätte er nicht von seinem Wissen profitieren sollen? Max hätte es ohnehin nicht zurückgebracht. Er konnte die Dinge immer pragmatisch und vernunftbetont darstellen. Oder, was er auch gerne getan hatte, sie anderen in die Schuhe schieben. So ziemlich alles, was in George Osbornes Leben schiefgegangen war, hatte er anderen angelastet.
Veronica verglich es gerne mit dem, was sie oft in der Notaufnahme sah und »Die Anderen«-Phänomen nannte. Die Hälfte der Leute gab die Schuld an ihrer Einlieferung gerne jemand anderem, am liebsten gleich »den Anderen«.
»Ich wüsste niemanden. Oder warum. Ich weiß ja noch nicht mal, ob wirklich Erpressung dahintersteckt. War er zu so etwas fähig?« Veronica legte ihren Kopf auf die verschränkten Arme. »Ja, ich glaube schon.«
»Tut mir leid«, sagte Zach sanft.
Sie schnaubte leicht. »Mir auch.«
16
»Was könnt ihr uns über Susan Tennant erzählen?«, fragte Zach. Er und Frank saßen zusammen mit Josh Wolf und Elise Jacobs, die den Tennant-Fall bearbeitet hatten, im Konferenzraum.
»Nicht wirklich viel«, sagte Elise. Sie war eine großgewachsene Frau mit kaffeebrauner Haut, mit der man sich besser nicht anlegte. »Niemand hat etwas gesehen. Niemand hat etwas gehört. Sie war ruhig, blieb für sich. Sie scheint jede freie Minute ihrer Stiftung geopfert zu haben.«
»Und dann wurde sie in ihrem eigenen Haus gefesselt und erstickte an ihrem Erbrochenen?« fragte Frank.
»Hört sich nett an, wie du das sagst.« Josh Wolf lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er war ein stattlicher Mann. Fast ein Meter neunzig groß und deutlich über neunzig Kilogramm schwer. Doch an ihm war kein Gramm Fett.
»Ich bin eben ein Poet.« Frank lächelte ihn an. »Wie bekommt dir die Ehe?«
Josh hatte vor Kurzem eine Psychologin geheiratet, die er letztes Jahr im Zuge eines Falls kennengelernt hatte. »Gut. Sehr gut sogar.« Er lächelte.
Frank gab Zach unter dem Tisch einen Tritt. »Siehst du? Ich bin nicht der Einzige, dem die Ehe gefällt.«
»Niemand liebt die Ehe so sehr wie du, Frank«, sagte Elise. »Also, wieso glaubt
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