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Im Dunkel der Nacht (German Edition)

Im Dunkel der Nacht (German Edition)

Titel: Im Dunkel der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Carr
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wäre da sicher anderer Meinung, wenn er sich noch äußern könnte. War er schon tot, als du ihm den Besenstiel in den Hintern gerammt hast, Gary? Oder wolltest du ihn dabei noch stöhnen hören?«, fragte Burton.
    »Wissen Sie, wie viele von uns er vergewaltigt hat? Wie oft?«, gab Gary zurück.
    Burton schüttelte den Kopf. »Nein, Gary, das weiß ich nicht. Ich wollte es absichtlich nicht wissen. Auch das war ein Fehler von mir. Ich hätte euch Kinder beschützen müssen, aber ich tat es nicht. Ich war nicht nur brutal, sondern ließ obendrein zu, dass andere noch brutaler wurden. Mit diesem Schandfleck auf meiner Seele muss ich leben.«
    »Ihre Seele ist so schwarz, darauf würde man keinen Fleck mehr erkennen. Haben Sie irgendeine Ahnung davon, was dabei in einem Jungen vorgeht? Wenn er so missbraucht wird? Wenn er so gedemütigt und erniedrigt wird?
    Und da hört es ja noch gar nicht auf. Oh nein. Grausamkeit bringt Grausamkeit hervor. Und Scham bringt Scham hervor. Wissen Sie, was nachts in den Schlafsälen passierte, wenn die Lichter ausgingen?«
    Gary schüttelte es. »Es waren Folterkammern. Bis Max kam. Max brachte uns dazu, damit aufzuhören. Haben Sie Ihn auch deshalb ermordet? Weil er uns daran hinderte, weiterhin aufeinander loszugehen wie verhungernde Ratten in einem Käfig?«
    »Teilweise. Er machte euch schwieriger zu kontrollieren. Er war ein subversives Element«, sagte Burton.
    »Er war ein Kind. Er war kaum siebzehn, aber mehr Mann als jeder Einzelne von euch. Deshalb musste er sterben, nicht wahr?«
    »Vielleicht. Aber macht es
dich
zu einem Mann, wenn du jetzt seine Schwester tötest? Die Person, die er mehr als alles andere geliebt hat? Ich habe ihn über sie sprechen hören. Der Plan, zu ihr zurückzukommen und sie vor George Osborne zu beschützen, war alles, was ihn antrieb. Und du willst sie einfach töten?«
    »Sie hat es verdient zu sterben. Es ist ihre Schuld, dass Max gestorben ist. Es ist ihre Schuld, dass er hier war. Mit ihr hat alles angefangen.« Gary durfte sich von den Argumenten des Teufels nicht beirren lassen.
    Er fühlte, wie ihre verdrehte Logik seinen Verstand vernebelte, wie es immer schwieriger wurde, sich zu konzentrieren.
    »Vielleicht ist es so, ja. Ich verstehe, wenn du sagst, dass alles mit ihrer Aussage als Kind angefangen hat. Aber sie allein trägt nicht die Schuld an seinem Tod, oder? Wir tragen doch alle einen Teil davon, Gary. Sogar du.«
    Wieso mussten seine Worte so vernünftig klingen? »Wieso sollte ich Schuld tragen? Sie hatten mich derartig verprügelt, dass ich mich noch nicht einmal selbst verteidigen konnte.« Tränen traten in Garys Augen, als er sich daran erinnerte.
    »Eben. Du konntest dich selbst nicht verteidigen. Weißt du noch, was Max getan hat, Gary? Arnott hatte es wieder auf dich abgesehen, nicht wahr? Er hatte eine spezielle Vorliebe für dich, vielleicht weil du so klein warst. Oder weil du danach immer geweint hast. Wer weiß schon, was ihn an dir so fasziniert hat?
    Er hatte es wieder auf dich abgesehen, und wer stand für dich ein? Wer versuchte, dich zu beschützen?«
    »Max«, flüsterte Gary.
    »Genau. Max. Sein letzter Akt des Widerstands. Sein letztes Aufbegehren. Nur um dich zu beschützen, Gary. Nicht um sich zu schützen. Oder seine Schwester. Oder sonst jemanden. In vielerlei Hinsicht starb er also deinetwegen, Gary.«
    »Nein«, flüsterte er. »Nein.«
    »Doch, Gary. Was ist mit dem Fleck auf
deiner
Seele, Gary? Wie wirst du damit leben können?«
    »Ihr Blut. Ihr Blut wird mich reinwaschen.« Er musste die Konzentration wahren. Daran denken, warum er das alles tat.
    »Das glaube ich nicht. Ich glaube nicht, dass es das war, was Max dir sagen wollte. Du weißt doch, wer für seinen Tod bestraft werden sollte, oder, Gary?«
    »Ich hielt es nicht mehr aus«, flüsterte er. »Er hatte es auf mich abgesehen, und ich konnte nichts dagegen tun. Ich musste mich ausziehen, während er das eiskalte Wasser in die Wanne ließ. Wissen Sie, wie sich das anfühlt? Zu wissen was einem bevorsteht? Zu wissen welcher Schmerz auf einen wartet und dass man nichts tun kann?
    Doch so schlimm das war, sosehr man auch aus der Wanne herauswollte, man wusste immer, was darauf folgen würde. Und das fürchtete man noch mehr. Die Art, wie er in einen eindrang, wie er grunzte und zustieß. Und danach … all das Blut. Er zwang einen dazu, das Blut aufzuwischen, während er danebenstand und lachte. Meine Hände waren oft noch taub vom Eiswasser, und

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