Im Dunkel der Schuld
gezeigt? Es war ja fast schon ein Tick von ihm!
Warum in aller Welt musste er nun auch noch Thomas schlechtmachen? Der war schlieÃlich erst auf der Bildfläche erschienen, als ihre Familienmitglieder bereits tot gewesen waren.
So grübelte sie den ganzen Tag. Selbst Corinna, die inzwischen bereit war, wieder normale Preise zu akzeptieren, konnte sie nicht aufmuntern.
Als Thomas am Abend vor Ebbas Wohnungstür stand, war sie vollkommen verspannt. Sie hätte sich gern ein Bad eingelassen und hatte keine Lust auf Besuch. Rasende Kopfschmerzen machten sie müde und gereizt. Sie hatte ihm vorhin absagen wollen, aber sie kannte ja seine Handynummer nicht.
Thomas merkte gleich, dass etwas nicht stimmte.
»Du bist ganz blass. Du hast Kopfschmerzen«, stellte er fest und umfasste ihr Kinn, um ihr in die Augen zu sehen. »Da lässt dich etwas nicht los. Ist etwas in der Galerie passiert? Oder hast du Jörg wiedergesehen?« Sein Griff wurde fester, und sie entwand sich ihm.
»Du tust mir weh. Es wäre schön, wenn ich dich in irgendeiner Weise erreichen könnte. Gib mir wenigstens deine Handynummer. Dann hätte ich unsere Verabredung rechtzeitig absagen können.«
Er verzog den Mund. »Ist dir noch nicht aufgefallen, wie wenig ich telefoniere? Jedes Mal, wenn das Ding klingelt, denke ich, es ist wieder der Tod, der mich braucht. Tu mir den Gefallen, Ebba, und versuch mit meiner Marotte zu leben. Bis jetzt hat es doch immer mit unseren Treffen geklappt. Und jetzt leg dich aufs Bett.«
»Wie bitte?«
»Oh, Ebba.«
»Hör auf damit.«
»Komm schon, lass mich machen.« Noch ehe sie reagieren konnte, hatte er ihren Nacken sanft umfasst und drückte ein paar Stellen.
»Au.«
»Hab ichâs mir doch gedacht. Leg dich hin, gleich wird es dir besser gehen, und dann verschwinde ich. Entspann dich, hätte ich fast gesagt. Was ist das eigentlich an dem Haken neben der Badewanne?«
»Mein Anzug fürs Ju-Jitsu.«
Seine Hände hielten inne. »Kampfsport? Oh. Das â das ist interessant.«
»Ich habe als Jugendliche damit angefangen.«
»Schwarzer Gürtel?«
»Braun. Reicht mir. Ich mache das nicht mehr regelmäÃig.«
Seine Hände nahmen ihre Arbeit wieder auf. »Meine Güte, dein Rücken fühlt sich an wie ein Schildkrötenpanzer. Schscht. Ganz ruhig. Schlieà die Augen. Lass mich machen. Jaaa. Guut. Ah, hier habe ich den Bösewicht. Spürst du das? Gleich ist es weg.«
Unter seiner sanften Stimme und den warmen Händen gab Ebba nach, sie merkte, wie sich ihre Muskeln lockerten, wie ein kleiner Felsbrocken von ihrer Seele purzelte, wie ihre FüÃe warm wurden und dann das Pochen hinter den Augen und in der Schläfe nachlieÃ. Selbstverständlich war Thomas Physiotherapeut und Heilpraktiker von Beruf. Was sonst? Wie kam Jörg auf die Idee, das in Frage zu stellen!
»Hoppla, woran oder an wen denkst du gerade? Der Knubbel am rechten Schulterblatt sagt schon wieder Hallo.«
Erneut fuhren seine Hände über die Stelle, drückten ihr Brustbein, zogen am linken Bein, griffen den FuÃ, schüttelten den linken Arm. Alles wurde wieder ruhig. Aber es nagte trotzdem in ihr.
»An welchem Institut hast du eigentlich deine Heilpraktikerprüfung abgelegt?«
»Ebba, wenn du nicht sofort aufhörst, massiere ich dich morgen noch. Sieh nur, was du angerichtet hast. Jetzt spannt es hier wieder, oder?«
Sie setzte sich auf. »Ich würde es wirklich gerne wissen.«
Er lieà die Hände sinken. »Das hat dir Jörg eingeredet, nicht wahr? Er versucht, von sich abzulenken. Frag ihn doch mal, wo er zur Schule gegangen ist, wo seine Eltern wohnten, ob er eine gute oder eine schwierige Kindheit hatte oder ⦠Oder warum er seinen Beruf gewechselt hat und Fotograf geworden ist. Vielleicht ist da etwas vorgefallen? Kann es sein, dass er vorbestraft ist? Vielleicht sogar wegen Bedrohung oder Körperverletzung? WeiÃt duâs?«
Ebba blieb der Mund offen stehen. »Willst du damit andeuten â¦Â« In ihrem Kopf wirbelte alles durcheinander. Konnte das möglich sein? Aber â¦
»Woher willst du das wissen?«, fragte sie atemlos, dann erst bemerkte sie, dass er sich ein Lachen verkniff. »Oder denkst du dir das gerade aus?«
Jetzt lachte er los. »Aber für einen Moment sind dir Zweifel gekommen, nicht wahr? So einfach ist es, gegen
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