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Im Dunkel der Waelder

Im Dunkel der Waelder

Titel: Im Dunkel der Waelder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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von den Fanstens? Oder von Guillaume? Guillaume … Er hat mir die Zola-Kassette gebracht … Sie war vielleicht manipuliert … Nein, falsch, Yssart hat sie gesehen. Das beweist gar nichts, er hat sie ja nicht gehört … Verflucht, jetzt geht das schon wieder los! Schon wieder turnt das Eichhörnchen durch meinen Kopf. Ich habe Schmerzen im Arm. Sie haben das Messer am Boden gefunden, um so besser, ich hoffe, ich habe dem Schwein die Nase eingeschlagen, ich hoffe, ich habe ihm wehgetan, so wie er mir! Oh, wenn ich könnte, ich würde ihn … In jedem Fall ist der Schrecken offenbar ein sehr wirksames therapeutisches Mittel. Wenn ich nach jedem Mordanschlag ein weiteres Gliedmaß bewegen kann, werde ich darum bitten, daß man mich nachts in den verrufensten Vierteln spazierenfährt.
    Er hat diese Aufnahme für mich vorbereitet. Ich sollte sie hören. Er wollte, daß ich Angst habe. Diese Grausamkeit und die Vorstellung, daß er die Morde aufgenommen hat … Wie kann ein Mensch so etwas tun? Sicher, die Nazis haben ihre Hinrichtungen in den Konzentrationslagern auch gefilmt … Vielleicht ist man, wenn man eine gewisse Grenze überschritten hat, zu allem fähig … Er muß seine Stimme mit einem jener Apparate verfremdet haben, die man in Versandhauskatalogen findet. Früher habe ich einmal eine Werbung gesehen, in der ein Typ in so einen kleinen Apparat sprach und lachte: ›Verblüffen Sie Ihre Freunde mit dem Stimm-Modulator, selbst Ihre eigene Mutter wird Sie nicht wiedererkennen^ Damals habe ich mir gesagt, daß diese Erfindung der Traum eines jeden Erpressers sein muß.
    Ich bin müde. Sie haben mir sicher ein Beruhigungsmittel gegeben. Gleich werde ich einschlafen. Ich bin in Sicherheit. Keine Gefahr mehr. Ich bin im Krankenhaus.

    »Elise! Wachen Sie auf! Wachen Sie auf!«
    Huummm, was ist denn los?
    »Hören Sie mir gut zu.«
    Mit einem Schlag bin ich völlig wach. Es ist Yssart. Er beugt sich über mich und faßt mich bei den Schultern.
    »Ich habe nicht viel Zeit. Die Laboruntersuchung hat nichts ergeben. Die Fingerabdrücke stammen von Yvette, Guillaume und den Fanstens. Keine Fingerabdrücke auf dem Messer, nebenbei bemerkt, ein sehr scharfes Messer, Marke Laguiole. Nur Ihr eigenes Blut. Der Angreifer trug sicherlich Handschuhe.«
    Wie Sie. Ich spüre das Leder Ihrer Handschuhe durch mein dünnes Krankenhausnachthemd.
    »Wir stecken in einer Sackgasse. Niemand will wahrhaben, daß zwischen dem Angriff auf Sie und den Morden eine Verbindung besteht. Sie wollen bei der Theorie bleiben, daß Stéphane Migoin der Mörder ist. Der wahre Mörder läuft also noch frei herum und kann tun und lassen, was er will. Ich kann die Verfolgung der Angelegenheit in der Öffentlichkeit nicht mehr rechtfertigen. Man würde mich daran hindern. Also hören Sie mir gut zu: Ich werde einen anderen Weg finden, die Sache weiterzuverfolgen, aber machen Sie sich keine Sorgen, ich gebe auf Sie acht, das verspreche ich.«
    Aber was erzählt er da? Geht er in den Untergrund oder was?
    »Wir beide wissen, daß er sich ganz in Ihrer Nähe befindet. Und in Virginies Nähe. Er ist ganz nah, ich weiß es, ich fühle es, ich folge seiner Spur, ich bin ihm dicht auf den Fersen, darum wird er jetzt auch wild, er hat Angst. Ich kenne den Geruch der Angst.«
    Schon wieder einer, der durchdreht … Nicht Sie, Yssart. Logisches Denken zeichnet den Menschen aus!
    »Wissen Sie, warum man jedes Rätsel lösen kann? Weil es kein Schloß ohne Schlüssel gibt und keinen Schlüssel ohne Schloß. Um hinter ein Rätsel zu kommen, muß man die Lösung kennen, sie ist der wichtigste Bestandteil des Rätsels. Wenn man das weiß, braucht man keine Angst mehr zu haben.«
    Ich verstehe kein Wort von dem, was er da erzählt.
    »Kennen Sie die Legende von Isis und Osiris?«
    Isis und Osiris? Ägypten und die Pharaonen? Gleich nach dem Aufwachen?
    Er erhebt sich:
    »Bis bald, Elise.«
    Ein Luftzug, dann nichts mehr. Er hat sich in nichts aufgelöst. Hat er sich vielleicht in eine Fledermaus verwandelt, die durch den fahlen Himmel schwebt? Wie spät mag es sein? Alles ist so ruhig.
    Die Tür öffnet sich. Schritte. Ich halte den Atem an. Jemand beugt sich über mich und zieht meine Bettdecke zurecht, ich hebe die Hand.
    »Ah, Sie sind wach? Sie müssen schlafen, es ist erst drei Uhr. Keine Angst, ich komme jede Stunde vorbei.«
    Lautlos verläßt die Krankenschwester das Zimmer.
    Drei Uhr morgens. Yssart um drei Uhr morgens in meinem Zimmer! War das eine

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