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Im Dunkel der Waelder

Im Dunkel der Waelder

Titel: Im Dunkel der Waelder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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krepieren lassen? Mein armer Kopf ist kurz davor zu explodieren.
    »Setzen Sie sich.«
    Ich höre, wie sich jemand bewegt, sich schwer auf das Sofa fallen läßt, das muß Guillaume sein. Hélène muß sich in einen der Sessel gesetzt haben. Und Virginie? Wieso bemerken sie sie nicht? Sie ist doch schließlich nicht durchsichtig!
    Ich habe noch immer das Messer, halte es gegen das Rad des Rollstuhls gedrückt. Stehe ich neben Yssart? Er schwadroniert lauthals:
    »Hélène, du hättest dich vorher vergewissern sollen, ob deine Waffe auch mit echten Kugeln geladen ist. Wußtest du nicht, daß Benoît sie durch Platzpatronen ersetzt hat?«
    Schon wieder fällt Benoîts Name! Ja, Benoîts Beretta, ich erinnere mich, die hatte er in seinem Nachttisch, wir haben uns deswegen gestritten. Ich mag keine Waffen. Um mich zu beruhigen, erzählte er mir, daß sie nur mit Platzpatronen geladen sei. Darauf erwiderte ich ihm, daß ich nun noch weniger verstünde, warum er eine Waffe im Hause habe … Aber warum hat sie Benoîts Beretta?
    »Du sagst ja gar nichts!« fährt Tony in seiner Rolle als »Zeremonienmeister« fort.
    Ich stelle mir die Situation vor: Er steht vor uns, elegant, eine Waffe auf uns gerichtet; Guillaume kauert in einer Ecke; Hélène ist vollkommen außer sich; Pauls steifer Leichnam; die ohnmächtige Yvette; ich im Rollstuhl. Ein wahnsinniges Bild.
    Die Beretta in dem Nachttisch, auf dem der Radiowecker stand …
    »Lassen Sie uns gehen. Yvette braucht dringend Hilfe«, fleht Guillaume.
    … und ein Glasschälchen, in das Benoît abends seine Uhr neben …
    »Ich habe schon einen Krankenwagen gerufen«, meint Tony. »Fällt Ihnen nicht auf, daß es hier sehr eigenartig riecht?«
    … das Laguiole-Messer mit dem gelben Schildpattgriff legte!
    »Sie sind widerlich«, murmelt Guillaume. »Sehen Sie denn nicht, daß Paul …
    »Ich spreche nicht von Paul. Ich spreche von den Reliquien, die sich in dem Kasten dort befinden.«
    »In dem Kasten?«
    Guillaumes Stimme klingt gedämpft.
    »Ja, in dem Kasten aus Ebenholz, dort auf dem Sideboard.«
    Ich erinnere mich, es ist ein länglicher, mit Satin ausgeschlagener Kasten, in dem ein japanischer Säbel liegt. Reliquien? Was meint er damit? Ich habe Angst vor der Wahrheit.
    »Hélène, möchtest du ihn nicht aufmachen?«
    »Du Idiot.«
    »Hélène war noch nie um eine Antwort verlegen. In diesem Kasten, lieber Monsieur Guillaume, befinden sich liebe Erinnerungsstücke an die Morde: Die Hände des kleinen Michael Massenet, das Herz von Mathieu Golbert, der Penis von Joris Cabrol …«
    »Joris!«
    »Ja, und es war nicht der Zug, der ihn kastriert hat … Ich fahre fort: Der Skalp samt Haaren von Renaud Fansten und die dunklen Augen von Charles-Eric Galliano, Augen, auf deren Netzhaut sich vielleicht das fratzenhafte Gesicht des Mörders eingeprägt hat.«
    Guillaume überkommt offensichtlich Übelkeit, ich höre, wie er murmelt:
    »Seien Sie endlich still!«
    »Schweigen nützt nichts«, erwidert Tony, »wenn die Dinge existieren, existieren sie eben, selbst wenn Gott uns wirklich nichts erspart. Ist Ihnen noch nie aufgefallen, daß die meisten Mörder sich ähnlich verhalten wie die Menschen, die sich mit Schwarzer Magie beschäftigen? Sie heben häufig etwas von ihren Opfern auf, ein Stück Fleisch, ein Stück Haut, etwas Blut.«
    Hat Benoîts Messer etwa dazu gedient, die Augen des Kleinen herauszuschneiden?
    »Das ist nicht wahr, Sie lügen«, protestiert Guillaume schwach. Ich spüre, daß er völlig verwirrt ist.
    »O doch, es ist wahr. Öffnen Sie den Kasten und sehen Sie selbst.«
    »Sie sind verrückt!«
    »Sicher. Machen Sie schon.«
    Schweigen. Dann ein Klicken. Schließlich ein erstickter Aufschrei:
    »Mein Gott! Es ist grauenhaft! Hélène, es ist wahr, die Sachen sind da … Sie Ungeheuer! Wie konnten Sie das tun? Ich würde Sie am liebsten eigenhändig umbringen!«
    »Wir glauben alle ein wenig an Zauberei, oder? Zum Beispiel daran, daß wir, indem wir jemanden zerstören, zu einem neuen Menschen werden könnten, oder daran, daß wir, wenn wir die einzelnen Teile eines Menschen zusammentragen, ein geliebtes Wesen zu neuem Leben erwecken können – wie die Göttin Isis …«
    Schon wieder Isis!
    »Das ist doch Schwachsinn!« unterbricht ihn Hélène.
    »Ach ja? Aber das heißt nicht, daß eine Sache nicht passiert, nur weil sie schwachsinnig ist, oder? Das Ritual zur Auferstehung eines geliebten Wesens wird detailliert im Satanischen Handbuch von Lewis F.

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