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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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das hat sich von selber angeboten. Die haben die Leute verpflegt, die uns umgebracht haben. Wir haben sie gewarnt, wir haben den amerikanischen Priester gewarnt, der das Waisenhaus geleitet hat. Keiner hat auf uns gehört. Ich hab auch nix gegen die Mennoniten-Braut gehabt. Ich hab sie mal in der Stadt gesehn, hab mir an den Hut getippt. Ich hab sie bewundert.
    Is’n patentes kleines Frauchen gewesen, eine Holländerin, die innem Dreckskaff gearbeitet hat, um das sich die meisten Menschen einen feuchten Furz geschert hätten. Den Zoff haben die beiden Verbindungsjungs gemacht, die zwei Offiziere, die ’ne Zeitlang auf ’nem Speziallehrgang für Schmalztollen in Benning warn. Hör zu, Chef, ich war da als Berater, kapiert, ich hab meine Kohle nicht dafür gekriegt, daß ich dazwischengeh. Wenn du siehst, wie die Jungs jemand in eine Wellblechhütte führen, in der ein Eisenbett steht, und die Tür hinter sich zumachen, und du hörst die Laute, die wie mitten aus dem Dschungel klingen, dann tust du so, als ob bloß irgendwo die Affen schrein.
    »Ellos!«
haben sie gebrüllt, als wir in das Dorf eingerückt sind, und sich dann verkrochen. So haben sie uns genannt. Den armen Hunden war’s wurschtegal, ob ich Pancho Villa war oder Stonewall Jackson. Schau, die Sache ist aus dem Ruder gelaufen. Wir sollten das Dorf umstellen, nach Waffen suchen und uns vor allem einen Typen vornehmen, diesen Gewerkschaftsfunktionär, ein Exempel statutieren, das is alles – den Weihnachtsbaum schmücken, haben sie dazu gesagt, weil am nächsten Morgen ein paar Äste vollgehängt waren, alles klar? Aber der Kerl rennt in die Kirche, und der Priester brüllt unsere Leute draußen auf der Treppe an, und plötzlich geht’s
Dong, Dong, Dong
. Was hätt ich denn machen solin, Mann? Auf einmal hatt ich den hellen Irrsinn am Hals.
    Sie müssen sich mal die gesamte Situation vorstellen, damit Sie meine Lage kapieren. Wir sind in einer Bergsenke, wo niemand sieht, was vor sich geht. Das kann eine schwere Versuchung sein. Mitten in dem Dorf steht die schlichte Kirche mit den drei kleinen Glockentürmen. Der Priester liegt in einer Blutlache auf der Treppe, die ausschaut, als hätt jemand einen Eimer schwarze Farbe runtergekippt. Die Straßen führen sternförmig in alle Richtungen, wie die Speichen von einem Rad, und die Jungs, die den Priester erledigt haben, kriegen Schiß und ballern auf alles, was sich blicken läßt. Eh ich mich verseh, schwärmen sie nach allen Seiten aus, rein ins Dorf, und dann ist der Bär los, und ich steh da wie der letzte Arsch.
    Gänse und Hühner stieben aus den Höfen, Schweine quieken, Frauen kreischen, Leute werden an den Haaren auf die Straße gezerrt. Sie kommt um die Ecke, wie wenn sie gegen den Wind ankämpft und ihre ganze Kraft aufbieten muß, damit sie weitergehen kann, auf die Geräusche zu, bei denen sich die meisten Menschen am liebsten die Ohren zugehalten und sich verkrochen hätten. Ihren Gesichtsausdruck werd ich nie mehr vergessen. Sie hat eisblaue Augen gehabt und Haare wie helle Maisfasern, und auf ihrer Bluse war Blut, wie mit einem Füllfederhalter draufgekleckst, aber sie hat alles gesehen, Mann, so als ob sie die ganze Straße voller Toter mit einem Blick erfaßt und auf Film bannt. In dem Augenblick hat der Ärger angefangen.
    Ich hab sie weggeschubst. Sie hat Knochen wie ein Vogel gehabt – wenn man die vor ’ne Kerze gehalten hätt, hätt man sie mit den Fingern abzählen können, wett ich –, und ihr Gesicht war klein und blaß und spitz, und mir war klar, warum sie religiös ist, und ich hab sie noch mal angerempelt. »Das is ’ne Panne. Ist gleich vorbei. Sieh zu, daß du dich wegschwingst, Mädchen«, hab ich gesagt.
    Ich hab ihren Arm gepackt, sie in die andere Richtung gedreht, an der Mauer entlanggeschleift, und ich hab gesehn, wie sie vor Schmerz das Gesicht verzieht. Aber die sind schwer zu bändigen, wenn sie so leicht sind – sie haben kein Eigengewicht, das du gegen sie einsetzen kannst. Sie hat sich losgerissen, ist an mir vorbeigehuscht und hat sich weiter die Sachen angeschaut, die sie nicht sehen sollte, den ganzen Schlamassel, der uns alle fertiggemacht hat. Sie hat die Lippen bewegt, aber ich konnte nicht verstehn, was sie gesagt hat, und zwischen den Häusern war überall blitzendes Mündungsfeuer, wie rote Risse in der Dunkelheit, und im Licht, das aus den Fenstern gefallen ist, konnte man die ausgeworfenen Patronenhülsen kreuz und quer durch die Luft fliegen

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