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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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ankündigten, spürte sie geradezu, wie das innige Gefühl, das sie in dieser gemeinsam verbrachten Nacht empfunden hatte, von ihr wich, und sie wußte, daß er bald duschen, mit ihr Kaffee trinken, freundlich, ja sogar zärtlich zu ihr sein würde, während sein Blick bereits abschweifte, sich dann allmählich wieder der Welt zuwandte, die ihn erwartete – mit all den Privilegien und Sicherheiten seiner Rasse und seiner Stellung –, sobald er das Motel verließ.
    Statt dessen fuhr er mit ihr nach Galveston, wo sie in einem Hotelrestaurant am Strand zu Mittag aßen, hinterher ein Boot mieteten und draußen, hinter der dritten Sandbank, wo die Küste steil abfiel, Meeresforellen angelten, barfuß im Sonnenuntergang entlang der Brandung spazierten, an dem alten Fort aus dem Ersten Weltkrieg vorbei, und am darauffolgenden Nachmittag flogen sie aus lauter Jux und Tollerei nach Monterrey zum Stierkampf.
    Als sie nach Lafayette zurückkehrten, glaubte Ruthie Jean, ihr Leben habe eine Wende genommen, die sie nicht für möglich gehalten hätte.
    »Will er seine Frau verlassen?« fragte ich.
    »Er hat’s versprochen. Er hält’s mit Miss Julia nicht mehr aus«, sagte Luke.
    Ich sagte eine ganze Zeitlang gar nichts.
    »Sie sind doch ein schlauer Kerl, Luke. Wo will er denn hin mit seiner Anwaltskanzlei?«
    »Wenn er das Land hier verkauft, haben sie ausgesorgt.«
    »Aha.«
    Mir war so unbeschreiblich traurig zumute, daß ich es nicht in Worte fassen konnte. Dann sah ich, wie Ruthie Jean aus Tante Berties Haus kam und auf den Stock gestützt auf uns zuging. Sie sah wunderschön aus. Die Haare waren in dichte Locken gelegt, die sich um ihre hohen Wangenknochen kräuselten, und das tief ausgeschnittene weiße Strickkleid, das sie trug, betonte jeden Muskel an ihrem Leib. Als sie mich im Dämmerlicht erkannte, ging sie durch die Hintertür ins Haus.
    »Wohnt ihr etwa wieder hier?« fragte ich Luke.
    »Ja, Sir.«
    »Aber Julia Bertrand war es doch, die euch rausgejagt hat, nicht wahr?«
    Er musterte den Gummibaumhain am Ende der Straße.
    »Folglich muß es mit ihrem Einverständnis geschehen sein, daß ihr wieder hier seid. Halten Sie das für denkbar?« fragte ich.
    »Reden Sie mit Tante Bertie, Mister Dave.«
    Als ich meinen Pickup anließ, stand er einsam und allein in seinem Garten, ein mit allen Wassern gewaschener Ex-Knacki, der im letzten Moment den Mühlen unseres mörderischen Rechtssystems entrissen worden war, der mit seiner alten Tante haderte und auf die Weißen vertraute – ausgerechnet auf die Menschen, die er nach Ansicht der Soziologen eher fürchten und verabscheuen müßte.
    Ich fragte mich, warum immer die Löwenkämpfe im alten Rom als historisches Beispiel für den schier unerschöpflichen Glauben und die Zuversicht herhalten mußten, zu denen wir Menschen fähig sind.
    Am nächsten Abend zog ich meine Turnhose an, nachdem ich den Köderladen und den Bootsverleih geschlossen hatte, und trainierte im Garten ein bißchen mit den Hanteln. Ich zog alle drei Übungsreihen durch, drücken, stoßen und frei stemmen. Danach joggte ich unter den Bäumen am Ufer des Bayou entlang. Der Himmel war stahlgrau, nur im Westen, am Horizont, brach feurig die Sonne durch einen Spalt in den Wolken. Der Wind blies mir ins Gesicht, als ich unter den Bäumen hervorkam und auf die Zugbrücke zuhielt.
    Aus irgendeinem Grund war ich nicht einmal überrascht, als er aus dem Schatten kam und neben mir dahintrabte, mit seinen Tennisschuhen im gleichen Takt wie ich den Staub aufwirbelte. Sein massiger Schädel war tief zwischen die ölig glänzenden Schultern gezogen, so als ob der Hals operativ entfernt worden wäre, sein warmer, gleichmäßiger Atem roch nach Bier und Tabak.
    »Ich hab Sie in Red Lerille’s Studio am Punktball trainieren sehen«, sagte er. »Ohne Handschuhe kommt’s erst richtig gut.« Er streckte die derben, klobigen Hände aus, sprach abgehackt und stoßweise. »Ich hab mir früher Gaze rumgewickelt, die ich in Seifenlauge getränkt habe. Da kriegt man außendran ’ne Hornhautschicht, die sich anfühlt wie Fischschuppen. Das Problem is bloß, daß du heutzutage damit rechnen mußt, daß sich irgend ’ne Schwuchtel die Hand aufschlägt, und wenn du dir am gleichen Ball die Haut verletzt, holst du dir Aids. Da kannste mal sehn, was diese Arschficker mit diesem Land machen.«
    »Worum geht’s Ihnen, Pogue?«
    »Verpfeifen Sie mich?«
    »Ich bin kein Cop mehr, wissen Sie noch?«
    »Dann ist die Bar geöffnet«,

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