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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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sprechen?« rief er.
    Ich setzte mich unaufgefordert hin. Stellte die Papiertüte mit dem Fußeisen auf seinen Schreibtisch. Die Schelle, mit der man einst Sklaven aneinandergekettet hatte, sah aus wie ein weitaufgerissener, rostiger Mund.
    »Luke hat zugegeben, daß er das hier in meinen Pickup gelegt hat. Er sagt, ihm sei es egal, ob ich es Ihnen erzähle oder nicht.«
    »Ich glaube, Sie sollten mal zum Therapeuten gehen. Und das ist nicht bös gemeint«, sagte er.
    »Luke ist ziemlich gewieft für jemanden, der nicht mal einen Hauptschulabschluß hat. Er hat einen Artikel in einer Illustrierten gelesen, in dem es darum ging, daß eine Baustelle stillgelegt wurde, weil sich ein indianischer Grabhügel auf dem Gelände befand. Er hat mir die entsprechende Handhabe liefern wollen, damit ich Ihnen das Geschäft verderbe, worum es dabei auch gehen mag.«
    »Ich habe einen anstrengenden Tag hinter mir, Dave.«
    »Geht’s um ein Spielcasino?«
    »Auf Wiedersehen.«
    »Wollen Sie deshalb den Friedhof verschwinden lassen?«
    »Haben Sie sonst noch etwas auf dem Herzen?«
    »Ja. Es ist Freitag nachmittag um dreiviertel fünf, und sie ist immer noch hinter Gittern.«
    Er schaute mich verwirrt an, atmete mit offenem Mund und saß mit eingesunkener Brust da, so daß sein Bauch wie ein Wulst Brotteig über den Gürtel hing. Als ich aufstand, blinkten drei grellrosa Lämpchen an seinem Telefon, als warteten dort körperlose, schrille Stimmen darauf, von allen Seiten zugleich auf ihn einzuschreien.
    An diesem Abend zog ich nach dem Essen meine kurze Turnhose und die Laufschuhe an, joggte drei Meilen auf dem Fahrweg entlang des Bayou und zog dann im Garten hinter dem Haus drei Trainingseinheiten mit meinen Hanteln durch, jeweils eine Runde Stemmen, Reißen und Drücken. Der Himmel im Westen war feurig rot gestreift, die Luft warm und drückend und voller Insekten. Ich dachte über den Tag nach, über die Woche, den Monat, meine Beziehung zu Sonny Boy Marsallus und Ruthie Jean, Luke und Bertie Fontenot und Moleen Bertrand.
    »Was beschäftigt dich so, Dave?« sagte Alafair hinter mir.
    »Ich hab dich gar nicht gesehen, Alf.«
    Sie setzte Tripod auf ihre Schulter. Er neigte mir den Kopf zu und gähnte.
    »Worüber machst du dir Sorgen?« fragte sie.
    »Weil jemand im Gefängnis sitzt, der meiner Meinung nach nicht dorthin gehört.«
    »Warum isser dann drin?«
    »Es handelt sich um diesen Marsallus.«
    »Derjenige, der geschossen hat ...«
    »Ganz genau. Auf den Kerl, der es auf mich abgesehen hatte. Besser gesagt, auf uns alle.«
    »Oh«, sagte sie und setzte sich auf die Bank, hatte die Hand reglos auf Tripods Rücken liegen und schaute mich mit fragender Miene an.
    »Der Mann, auf den er geschossen hat, ist tot, Alf«, sagte ich. »Sonny sitzt folglich wegen eines Tötungsdelikts ein. Es geht nicht immer so aus, wie es eigentlich sollte.«
    Sie wich meinem Blick aus. Ich nahm meinen Körpergeruch wahr, hörte meine lauten Atemzüge in der Stille.
    »In diesem Fall ist mir gar nichts anderes übriggeblieben, kleiner Kerl«, sagte ich.
    »Du hast gesagt, daß du mich nicht mehr so nennen willst.«
    »’tschuldigung.«
    »Ist schon gut«, sagte sie, nahm Tripod auf den Arm und ging weg.
    »Alafair?«
    Sie antwortete nicht.
    Ich zog mir ein T-Shirt über, ohne mich zu duschen, und harkte das Unkraut aus dem Gemüsegarten beim Wasserlauf. Die Luft war feucht und malvenfarben, und rundum schwirrten aufgeregte Vögel.
    »Mach eine Pause, es gibt Eistee«, sagte Bootsie.
    »Ich komm gleich rein.«
    »Laß Dampf ab, Streak.«
    »Was ist mit Alf los?«
    »Du bist ihr Vater. Für sie bist du der Inbegriff der Vollkommenheit.«
    Ich hackte mit dem Harkenblatt auf das Unkraut ein. Der Stiel fühlte sich hart und trocken an, voller Spreißel und scharfer Kanten.
    »Dir macht Moleen zu schaffen, Dave. Nicht Sonny.«
    »Was?«
    »Du hältst ihn für einen Feigling und Scheinheiligen, weil er die Frau im Gefängnis sitzen läßt. Und nun fragst du dich, wie das mit dir und Sonny Boy aussieht.«
    Blinzelnd, weil mir der Schweiß in die Augen lief, schaute ich zu ihr hoch. Am liebsten hätte ich die Harke mit aller Kraft tief in die Erde gehauen, auf Durchlauf geschaltet, weil ihr Gerede unsinnig war, nicht mal einen halben Hintergedanken wert. Aber ich hatte ein flaues Gefühl im Bauch.
    Ich stützte mich auf den Harkenstiel und wischte mir mit dem Unterarm über die Augen.
    »Ich bin Polizist«, sagte ich. »Ich kann das, was vorgefallen ist,

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