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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Leiche von seiner Mutter im Kofferraum, und angeblich ragt sie hinten aus seiner Karre raus. Sieh zu, was du tun kannst, Dave.«

3
    Nach etwa fünf Meilen sah ich vom alten Lafayette-Highway aus, der am Spanish Lake vorbeiführte, die blinkenden Lichter der Einsatzfahrzeuge bei dem Gemischtwarenladen, vor dem sich der Verkehr in beiden Richtungen staute, weil die Leute abbremsten und die uniformierten Polizisten und Sanitäter angafften, die ihrerseits offenbar nicht wußten, was sie von der Angelegenheit halten sollten. Ich fuhr auf der Bankette weiter und stieß auf den Parkplatz, wo Sweet Pea und fünf seiner Nutten – drei Weiße, eine Schwarze und eine Asiatin – mit schweißglänzenden Gesichtern zwischen etlichen kreuz und quer herumliegenden schmutzigen Schaufeln in einem rosa Cadillac-Kabriolett saßen, aus dessen Lederpolstern die Hitze aufstieg. Eine Horde Kinder versuchte zwischen den Beinen der Erwachsenen hindurchzugaffen, die sich um den Kofferraum scharten.
    Der Sarg war übergroß, so breit wie ein querliegender Axtgriff, bestand aus Holz und Tuch, war mit den Überresten von Seidenblumen und Engeln geschmückt und hatte ein quadratisches Sichtfenster im Deckel. Die Seitenwände waren verfault, die Bretter wurden von Plastikmüllsäcken und Klebeband zusammengehalten. Sweet Pea hatte eine Sperrholzplatte unter den Boden geklemmt, damit er nicht auseinanderbrach und in lauter Einzelteilen auf der Straße landete, aber das Kopfteil des Sarges ragte über die Stoßstange hinaus. Das Glasfenster war mitten durchgebrochen, und darunter konnte man die wächsernen, eingefallenen Gesichter zweier Leichen und ein Gewirr aus verfilzten Haaren erkennen, die bis an die Seitenwände gewuchert waren.
    Ein uniformierter Deputy mit Sonnenbrille grinste mich an.
    »Sweet Pea sagt, er macht einen Sonderpreis für die Braut in der Kiste.«
    »Was geht hier vor?« sagte ich.
    »Hat Ihnen Wally nicht Bescheid gesagt?«
    »Nein, der war ebenfalls zu Spaßen aufgelegt.«
    Der Deputy hörte auf zu lächeln. »Er sagt, er schafft seine Angehörigen zu einem anderen Friedhof.«
    Ich ging zur Fahrertür. Sweet Pea blinzelte mich gegen die tiefstehende Sonne an. Er hatte die seltsamsten Augen, die ich je bei einem Menschen gesehen habe. Es waren schmale, unter einer schweren Hautfalte liegende Schlitze, die wie die Augen eines kleinen Vogels wirkten.
    »Ich glaub es nicht«, sagte ich.
    »Glauben Sie’s ruhig«, sagte die Frau neben ihm abschätzig. Ihre rosa Shorts waren mit Erde verkrustet. Sie zog das Oberteil ihrer Bluse hoch und roch daran.
    »Ihr meint wohl, es ist Mardi Gras?« sagte ich.
    »Hab ich etwa nicht das Recht, meine Stiefmutter umzubetten?« sagte Sweet Pea. Seine schütteren Haare klebten an der Kopfhaut.
    »Wer ist mit ihr im Sarg?«
    Sein Mund bildete ein feuchtes, stummes O, so als denke er nach. Dann sagte er: »Ihr erster Mann. Die sind unzertrennlich gewesen.«
    »Können wir aussteigen und uns was zu essen holen?« sagte die Frau neben ihm.
    »Bleibt lieber noch einen Moment, wo ihr seid«, sagte ich.
    »Robicheaux, können wir nicht vernünftig miteinander reden? Es is heiß. Meine Mädels fühlen sich nicht wohl.«
    »Reden Sie mich nicht mit Familiennamen an.«
    »Entschuldigung, aber Sie verstehen nicht, worum es geht. Meine Stiefmutter war auf der Bertrandschen Plantage begraben, weil sie dort nämlich aufgewachsen is. Ich hab gehört, daß sie verkauft werden soll, will aber nicht, daß irgendein Schnullie herkommt und Zement auf das Grab meiner Mutter kippt. Deshalb schaff ich sie nach Breaux Bridge. Dafür brauch ich keine Genehmigung.«
    Er schaute mir in die Augen und bemerkte meinen Blick.
    »Ich kapier’s nicht. Bin ich unhöflich gewesen, hab ich Sie mit irgendwas beleidigt?« sagte er.
    »Sie sind ein Zuhälter. Sie haben hier in der Gegend nicht viele Freunde.«
    Er schlug mit den Handballen leicht auf das Lenkrad, lächelte vor sich hin. Schwere Schweißtropfen standen in seinen weißen Augenbrauen. Er putzte sich mit dem kleinen Finger das Ohr aus.
    »Müssen wir auf den Gerichtsmediziner warten?« sagte er.
    »Ganz genau.«
    »Ich will nicht, daß mir jemand die Sitze einsaut. Die Mädels haben drüben am Grab zwei Kästen Bier getrunken.«
    »Kommen Sie mit in mein Büro«, sagte ich.
    »Wie bitte?« sagte er.
    »Steigen Sie aus.«
    Er ging mit mir in den Schatten auf der windabgewandten Seite des Ladens. Er trug eine weiße Hose, braune Schuhe, einen braunen Gürtel und ein

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