Im Fadenkreuz der Angst
und dieser mysteriöse Terrorist gefunden und hinter Schloss und Riegel gebracht sind.«
25
Dad bleibt in Haft.
Mr Bhanjee sagt, wir müssen durchhalten. »Es sieht schlecht aus, aber die Beweislage ist dürftig. Eine einzige E-Mail . Und darin ist überhaupt nicht die Rede von irgendwelchen gefährlichen Substanzen oder irgendeiner Bedrohung der Öffentlichkeit. Ich werde gleich einen Antrag auf sofortige Einsicht in alle Unterlagen stellen, die diesen sogenannten ›neuen, bislang nicht identifizierten Terroristen‹ betreffen.«
Dads E-Mail und der geheimnisvolle Terrorist: Ein gefundenes Fressen fürs Fernsehen. Es wird spekuliert, wer dieser neue Terrorist sein könnte. Einer von Dads Mitarbeitern? Jemand aus unserer Gemeinde? Es gibtein Interviewmit einem Kriminalexperten, der sagt, der geheimnisvolle Verschwörer sei wahrscheinlich »ein arbeitsloser Mann mit geringem Selbstwertgefühl«. Anderseits könne es sich aber auch um einen »ausgesprochenen Erfolgsmenschen handeln«. Ein Reporter meint, »er« könne sogar eine Frau sein, schließlich gebe es im Irak und in Afghanistan weibliche Selbstmordattentäter.
»Großartig«, sagt Mom bitter. »Der Verdächtige kann jeder Mensch mit dunkler Haut sein.«
Das Wochenende war schon schrecklich genug, aber der Tag heute war die reine Hölle. Mr Bhanjee sagt, wir sollten keine voreiligen Schlüsse ziehen. »Es gibt keine Verbindung von diesem unbekannten Terroristen zu Ihrem Mann.« Mom nickt.
Sind die blind? Dad und ein anderer Verdächtiger aus Rochester haben Verbindung zu derselben ausländischen Terrorzelle. Und die sollen sich nicht kennen? Wie wahrscheinlich ist das?
»Ich gehe morgen nicht in die Schule«, sage ich, als wieder ein Bild von Doktor Tod, aka meinem Vater, auf dem Bildschirm erscheint.
»Doch, du gehst in die Schule«, sagt Mom. »Alle lauern doch nur darauf, dass wir zusammenbrechen. Den Gefallen werden wir ihnen nicht tun. Wir sind Sabiris. Wir halten zusammen, egal, was kommt.«
»Mom! Überleg doch mal, was er geplant hat!«
Sie knallt mir eine. Schockiert starre ich sie an. In ihrem Gesicht steht Entsetzen. Sie umarmt mich. »Ver zeih mir. Aber dein Vater braucht uns. Wir dürfen ihn nicht verraten.«
»Aber hat er nicht uns verraten?«, flüstere ich. »Hat er nicht unser Land verraten?«
Ein langes Schweigen. »Das wissen wir nicht. Wir wissen nur eines, dein Vater ist dein Vater.«
Es ist mitten in der Nacht.
Ich starre auf das gerahmte Foto auf meinem Nachttisch, das aus seinem Arbeitszimmer, auf dem er und ich drauf sind. Wer ist er? Wer ist er wirklich? Ich weiß es nicht. Ist mir auch egal. Ich hasse ihn. Er hat mein Leben kaputt gemacht. Moms auch.
Ich will das Foto in den Papierkorb schmeißen. Aber das kann ich nicht.
Dad.
Ich erinnere mich, wie ich Keuchhusten hatte und fürchtete, meine Lungen würden sich nach außen stülpen. Ich dachte, ich müsste sterben. Damals hat Dad eine Woche lang an meinem Bett gesessen, hat mich in seinen Armen gehalten und mir persische Kinderlieder vorgesungen, ohne Rücksicht darauf, dass er sich anstecken könnte. Er hat nur an mich gedacht.
Und ich muss an die Zeit vor Andy und Marty denken, als ich klein war und keine Freunde hatte. Ich erinnere mich, wie ich einmal deswegen geweint habe und Dad mich fand und mich in den Arm nahm und mir erzählte, wie seine Oma ihn aus Iran geschmuggelt hatte, wie er nach Nordamerika gekommen war, ohne seine Familie, ohne Freunde, was für eine Angst er gehabt hatte, dass er am liebsten gestorben wäre, und wie er dann Mom kennenlernte und sie dann mich bekam und wie dann alles besser wurde. »Du schaffstdas«, sagte er. »Das verspreche ich dir.« Und ich habe meinen Kopf an seine Brust gelehnt und für eine Weile war es nicht mehr so schlimm, dass ich keine Freunde hatte, denn ich hatte ihn und Mom und alles andere war egal.
Mom hat recht. Dad würde nie tun, was ihm unterstellt wird. Es muss eine andere Erklärung geben. Vielleicht hat ihm Hasan vorgegaukelt, er wäre ein Wissenschaftler, der an einem Projekt arbeitet, oder er wäre ein Kongressteilnehmer – als Chef einer Terroristenzelle kommt er bestimmt leicht an gefälschte Papiere. Vielleicht wollte Dad Hasan geheime Forschungsberichte geben, weil er ihn für einen Kollegen hielt.
Aber warum wollte er dann den Kontakt abbrechen? Was waren das für »Dinge«? Warum hatte er Angst, erwischt zu werden?
Vielleicht hat Hasan behauptet, er wäre ein Laborkontrolleur? Vielleicht
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