Im fernen Tal der Hoffnung

seiner Existenz versteht, wird das Leben meistens einfacher.«
    Wetherly schlug die Beine übereinander. » Diese Last muss man ertragen.«
    Â» Im Gegenteil, es ist eine Herausforderung. Die Isolation führt zu Einsichten. Wenn Sie glauben, ich sehnte mich nach dem perfekten Leben, so muss ich Sie enttäuschen. Was ist denn überhaupt ein perfektes Leben? Ich kann zwar eingestehen, dass mir der Mangel an gesellschaftlichem Leben hier missfällt oder dass ich Frauen mit ähnlichen Interessen hier vermisse; aber das sind belanglose Klagen, glaube ich.« Nach und nach blitzten die ersten Sterne am Himmel.
    Â» Sie sind nicht so, wie ich erwartet habe«, erwiderte Wetherly.
    Claire lachte fröhlich. » Sie auch nicht, Mr Wetherly.« Leichter Wind kam auf. Er brachte den Duft von trockener Erde und dürrem Gras mit sich. » Darf ich fragen, ob Sie Familie in New South Wales haben?«
    Â» Leider nein. Der Familiensitz ist in Devon. Mein älterer Bruder Harold hat das Glück, dort zu leben.«
    Â» Dann sind Sie also hierhergekommen, um hier Ihr Glück zu machen?«
    Jetzt war es an Wetherly, amüsiert zu lachen. » Ich fürchte, das dauert viel zu lange.«
    Claire seufzte sehnsüchtig. » Ach, England. Ich träume von der Kühle, die der Name heraufbeschwört.«
    Â» Dann erzähle ich Ihnen besser nichts von üppig-grünem Gras, glitzernden Strömen und dem Sammeln wilder Erdbeeren im Sommer.«
    Â» Doch, erzählen Sie mir davon.«
    Er ergriff ihre Hand. » Wenn ich es Ihnen erzählte, bekäme Ihre tapfere Fassade sicher Risse.«
    Claire konnte sein Gesicht kaum noch erkennen. Sie sah nur sein energisches Kinn und seinen Haaransatz. Eigentlich hätte seine Vertrautheit sie ärgern müssen, stattdessen fragte sie sich, was er wohl hinter seiner charmanten Fassade verbarg.
    Â» Kommen Sie.« Er erhob sich, streckte die Hand aus, und sie gingen weiter. Claire hob den Saum, der auf dem Boden schleifte, hoch, als sie sich dem Haus näherten.
    Â» Ich glaube, sie sind ein Verfechter dieses Trends von Rohwolle, Mr Wetherly. Können Sie mir sagen, ob er anhält?«
    Â» Wer weiß, Mrs Gordon? Wir folgen den Präferenzen des Marktes wie ein Kind den Süßigkeiten.« Sie standen bereits auf der Veranda, und Wetherly geleitete sie hinein. » Die zehn Minuten, die man uns gewährt hat, sind um.«
    Im Flur ergriff er erneut ihre Hand. Zögernd wandte Claire sich zur angelehnten Wohnzimmertür. Hamish war nur durch eine Wand von ihnen getrennt.
    Â» Leider berauben mich die Geschäfte Ihrer Gesellschaft, Mr Wetherly.« Er verbeugte sich und küsste ihr die Hand.
    Claire lächelte verständnisvoll, als er ins Wohnzimmer zu ihrem Mann trat. Als sie die Männerstimmen hinter der geschlossenen Tür hörte, wischte Claire einen Staubflecken vom Tisch in der Diele, rückte ein Landschaftsgemälde an der Wand darüber gerade und schüttelte den Staub aus ihrem Rock. Danach blieb ihr weiter nichts mehr zu tun, als sich in ihr Zimmer zurückzuziehen. Im stillen Haus drangen die Stimmen der Männer gedämpft durch die leeren Räume. Claire dachte an ihr Gespräch und schlief mit einem Lächeln auf den Lippen ein.

Winter 1989
    Wangallon Station
    Jim drückte die Stirn gegen das ovale Fenster der viersitzigen Cessna und betrachtete die Landschaft unter sich. Seit einiger Zeit waren sie aus dem Gebirge heraus, und jetzt beobachtete er fasziniert, wie das Land sich immer weiter und offener nach Nordwesten ausdehnte. Es war, als ob er über eine riesige Patchworkdecke fliegen würde, die sich in verschiedenen Grün- und Brauntönen ausbreitete. Er sah lange, gerade Straßen, mächtige Trucks mit Anhänger, hier und dort ein Gebäude und Herden, die sich in manchen Gebieten drängten wie Kiesel am Rande eines Sees. Er hätte nicht gedacht, dass ein Land so riesig sein konnte.
    Â» Zum ersten Mal hier, Kumpel?«
    Jim rückte die Kopfhörer zurecht. » Ja.« Er erwartete kein Willkommenskomitee. Eigentlich erwartete er noch nicht einmal, dass Sarah ihn abholte. Sein Vater hatte ihm erklärt, dass die Farmen im Outback Personal hatten, deshalb rechnete er mit einem Wagen und einem Fahrer. Aber allein das war schon etwas Neues. Seine Familie war nicht daran gewöhnt, Geld zu haben, zumindest nicht so viel Geld wie die Gordons. Er wusste nicht, was ihn