Im fernen Tal der Hoffnung
und mehr aus Höflichkeit als aus wirklicher Sorge. Als sie den blauen Samtvorhang beiseite zog, strömte Tageslicht in den Raum. Alles war blau, die Wände, der Teppich, sogar der Bettüberwurf. Es war das Lieblingszimmer ihrer GroÃmutter gewesen, denn sie und Angus folgten den Gewohnheiten ihrer Vorfahren und hatten getrennte Schlafzimmer. Vor Jessica war es Claires Zimmer gewesen, bis sie viel zu früh bei einem Autounfall ums Leben gekommen war.
» Hübsch«, kommentierte Jim und blickte durch die Fenstertüren auf die Veranda. » Schottland ist dir bestimmt sehr primitiv vorgekommen.« Er stellte seine Reisetasche auf den Boden.
» Nein, ich habe Schottland geliebt. Eure Häuser sind so gebaut, damit sie der Kälte trotzen können, und wir hier haben groÃe Räume gegen die Hitze.« Jim stand mit dem Rücken zur Verandatür, und das winterliche Licht des frühen Nachmittags umspielte seine kräftige Gestalt.
» Morgen kannst du dir den Besitz ansehen.« Sarah hätte am liebsten hinzugefügt, dass er keine übereilten Entscheidungen treffen sollte. » Matt kann dich herumfahren.«
» Das ist alles so schwierig. Ich weià noch genau, wie du abgereist bist. Es kommt mir alles so surreal vor.«
Sarah trat einen Schritt zurück. » Ja, das stimmt.«
» Wir waren doch einmal Freunde.«
» Jim, was erwartest du von mir? Du bist nur wegen deines Erbes hier. Es stand doch alles in deinem Brief.«
Er musterte sie, als wolle er versuchen, sie zu verstehen. » Du bist hart geworden, Sarah Gordon.«
» Ich bin realistisch geworden, und das sollte ich angesichts der Umstände auch, findest du nicht?« Sie öffnete eine Truhe aus Kampferholz und nahm eine dicke Wolldecke heraus, die sie ans FuÃende des Betts legte.
» Ich habe das hier für einfacher gehalten. Ich dachte, du nimmst ein wenig Rücksicht auf meine Situation.«
» Was? Und wie hältst du es mit meiner Situation?« Sie schaltete eine Nachttischlampe an. » Du weiÃt nichts über Wangallon oder mein Leben hier.«
» Vielleicht nicht, aber ich besitze einen Anteil von dreiÃig Prozent, und ich meine, selbst du, Sarah Gordon«, er betonte den Nachnamen, » müsstest das anerkennen.«
Sarah rieb automatisch einen Staubfleck auf der Kommode weg. » Nachdem du entdeckt hast, dass du mit mir verwandt bist, kommst du her und erwartest ein groÃartiges Willkommen und einen goldenen Handschlag. Wo warst du denn während der letzten hundertdreiÃig Jahre von Wangallon?«
» Das ist ziemlich unfair. SchlieÃlich war es dein Vater, der beschlossen hat, alles geheim zu halten.«
» Oh, ich verstehe, und du bist mittels jungfräulicher Empfängnis gezeugt worden, und deine Mutter wurde mit Gewalt gezwungen, ihrem Kind den Vater zu verschweigen. Bitte, sag bloà nicht, es war die Schuld meines Vaters. Deine Mutter hatte offensichtlich nicht die Absicht, dir zu sagen, wer dein leiblicher Vater war. Dad wusste ja noch nicht einmal, dass sie schwanger war, als er aus Schottland abreiste.« Sarah holte tief Luft. Sie hätte noch viel mehr sagen können, aber Jim sah jetzt schon geschockt genug aus. » Wusstest du das nicht?«
Jim wurde blass. » Nein.«
Sarah dachte daran, wie gleichgültig ihre Mutter ihr als Kind gegenüber gewesen war. Jims Existenz war nur zum Teil ein Grund dafür. Sue Gordon hatte auch einen Liebhaber gehabt, und nach seinem Tod hatte sie all ihre Liebe ihrem Sohn geschenkt, dem Kind ihrer Liebe, Cameron. Wenn Jim auf Schuldzuweisungen aus war, konnte er sie haben. Sie konnte es sich nicht leisten, Mitleid mit ihm zu haben. » Ich lasse dir belegte Brote im Kühlschrank.« Mehr hatte sie ihm nicht zu bieten. Kochen würde sie ganz bestimmt nicht für ihn. » Im Schrank ist Platz, wenn du etwas aufhängen musst, und wenn du Wasser brauchst, nimm den Wasserhahn in der Küche. Es ist Regenwasser. Das übrige Haus verwendet im Moment Wasser aus dem Stausee. Wir hatten eine Zeit lang keinen Regen.«
Sarah schloss die Schlafzimmertür hinter sich und blickte über den Flur. Schräg gegenüber waren zwei Türenâ hinter einer befand sich das Zimmer ihres UrgroÃvaters, das andere hatte seiner ersten Frau Rose gehört. Zögernd öffnete sie die Tür zu Roses Zimmer. Drinnen standen ein Waschstand mit Krug und Waschschüssel, ein alter
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