Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)
falsch liegst, und was, glaubst du, würde dann aus deiner Familie werden?«
Ich hieb auf den Autositz ein. Ja, ich wusste es. Vlad würde sie gegen mich ausspielen. Und selbst wenn er nicht hinter dem Bombenanschlag steckte, würde der wahre Mörder es tun, wenn herauskam, dass ich noch lebte. Am besten geschützt war meine Familie, wenn wir sie in dem Glauben ließen, ich wäre tot. Blieb zu hoffen, dass sie mir diese Täuschung eines Tages vergeben würden.
Ich seufzte. »Dafür werden sie mich hassen.«
»Aber sie werden am Leben sein«, meinte Maximus, und das war das Wichtigste.
Ich schenkte ihm einen grimmigen Blick, als mir noch etwas klar wurde.
»Mal angenommen, Vlad ist unschuldig. Was machst du, wenn er dahinterkommt, dass du ihn die ganze Zeit angelogen hast?«
Maximus’ plötzlich verschlossen wirkendes Gesicht sagte mir, dass er darüber bereits nachgedacht hatte. »Ich muss ihn dazu überreden, mich nicht umzubringen«, antwortete er so munter, als wäre alles nur ein Spiel.
Ich schloss die Augen und hatte auf einmal das irrationale Bedürfnis, ein Gebet zu sprechen. Wir beide wussten, dass das leichter gesagt als getan war.
12
Maximus hypnotisierte einen vorbeikommenden Autofahrer, damit er uns zu einem Motel 6 in Indiana brachte. Dort zwang ich mich, das Fastfood hinunterzuwürgen, das Maximus an einem Drive-in-Schalter gekauft hatte, obwohl mir die Reise mit dem abgetrennten Leichenteil den Appetit verdorben hatte. Schließlich nahm ich noch eine Dusche und ließ mich auf das freie Bett fallen.
Ich war hellwach, obwohl ich in den vergangenen Tagen nur wenige Stunden Schlaf gefunden hatte. Maximus dagegen schien allem Anschein nach im Reich der Träume angekommen, kaum dass sein Kopf das Kissen berührte.
Ich sah zu dem Plastikbeutel auf dem Tisch zwischen unseren Betten. Wenigstens bannte er den Gestank von Adrians knusprig gebratenem … was auch immer. In den nächsten Tagen konnte ich unmöglich das Risiko eingehen, noch einmal Kontakt zu der Vampirin herzustellen. Nur dank regelmäßiger Dosen von Vampirblut blieb ich überhaupt am Leben, selbst wenn ich meine Fähigkeiten nicht überstrapazierte oder von einer hartnäckigen pyrokinetischen Aura außer Gefecht gesetzt wurde.
Wieder einmal musste ich mir meinen Neid auf Vampire eingestehen, diesmal, weil sie über solch effektive Selbstheilungskräfte verfügten. Wäre ich kein Mensch gewesen, hätte ich sofort und nicht erst in ein paar Tagen mit der Suche nach Adrians Mörderin beginnen können. Die Grenzen, die meine Schwäche und Sterblichkeit mir auferlegten, waren frustrierend, doch ich hatte das Angebot abgelehnt, die Seiten zu wechseln. Nun, da Marty tot war und Vlad und ich uns getrennt hatten, gab es keinen Vampir mehr, dem ich genug vertraute, um ihn als meinen »Erschaffer« zu akzeptieren. Vlad hatte zu Recht behauptet, es wäre ein ewiger Bund. Und ich glaubte kaum, dass ich mich einem Vampir noch einmal so nahefühlen würde, um eine derart enge Bindung eingehen zu wollen.
Aber mit ein wenig Ruhe, regelmäßigen Mahlzeiten und etwas Vampirblut sollte ich bald ausreichend wiederhergestellt sein, um die Frau, die beinahe meinen Mord arrangiert hätte, aufspüren zu können, ohne erneut einen Blutsturz oder Herzinfarkt zu riskieren. Die hübsche brünette Vampirin tauchte wieder vor meinem inneren Auge auf, sodass ich neue Entschlossenheit spürte. Selbst wenn es nicht klappte, würde ich es in ein paar Tagen noch einmal versuchen. Marty und Dawn mussten gerächt werden, und die Unversehrtheit meiner Familie stand auch auf dem Spiel. Wenn ich damit diese Frau – und ihren mysteriösen Auftraggeber – aufhielt, war es das Risiko wert.
Ich schwebte im Inneren eines luxuriösen Privatjets und wusste sofort, wo ich war. Vlads Flugzeug. Er war nur etwa einen Meter von mir entfernt, bekleidet mit einem anthrazitfarbenen Trenchcoat über schwarzer Hose und schwarzem Hemd. In diesem Outfit hatte ich ihn mir auch in dem Leichenschauhaus vorgestellt, doch jetzt bedrohte er niemanden. Seine Augen waren geschlossen, und das Haar fiel ihm über die Schultern, sodass es farblich in die dunkle Kleidung überging.
Das musste wieder ein Traum sein. Da nichts von alledem real war, konnte ich tun, wonach ich mich in den letzten Wochen gesehnt hatte. Ich schwebte zu Vlad hinüber, ging tiefer, bis ich neben ihm war, und streckte die Hand aus, um sein Gesicht zu streicheln.
Ich konnte die Bartstoppeln auf seinem Kinn nicht spüren.
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