Im Feuer der Nacht
werden.«
Er griff nach dem Karton mit den Steckbriefen. »Griselda und ich werden sie auf den Märkten verteilen.« Er ließ den Blick über die anderen drei schweifen. »Wir müssen unbedingt erfahren, wo dieser Lehrmeister die Jungen gefangen hält, und ihn aus seinem Schlupfloch verjagen. Vorzugsweise zu einem Zeitpunkt, bevor die Jungen ihren ersten Einsatz gehabt haben.«
Barnaby verzog das Gesicht. »Nächste Woche geht das Parlament in die Ferien. Dann dauert es noch ein paar Tage, bis Mayfair vollkommen entvölkert ist. Wenn unsere Annahme über die Gründe zutrifft, warum dieser Lehrmeister so viele Burschen auf einmal ausbildet, dann haben wir nur noch bis dahin Zeit, sie zu finden.«
Sie wechselten Blicke, dann deutete Griselda zur Treppe. »Wir sollten uns besser auf den Weg machen.«
Sie gingen alle die Stufen hinunter, verließen den Laden und überließen es den Lehrmädchen, hinter ihnen her zu starren.
Draußen umrundeten sie die Kirche, um in der benachbarten Straße nach Droschken zu schauen. Stokes und Griselda nahmen gleich die erste, denn Barnaby und Penelope beharrten darauf, dass ihre Aufgabe weit dringlicher zu erledigen war.
Penelope stand auf dem Gehweg, schaute der Kutsche nach, die Richtung Osten ratterte, und trat unruhig von einem Bein auf das andere.
»Falls Ihnen irgendetwas einfällt, was Sie oder ich oder wir tun können, um schneller in Erfahrung zu bringen, was wir unbedingt wissen müssen, dann lassen Sie es mich wissen«, meinte Barnaby neben ihr.
Penelope warf ihm einen Seitenblick zu. »Versprechen Sie es umgekehrt auch?«
Er sah sie an. »Ja. In Ordnung.«
»Gut.« Sie nickte. »Sobald mir etwas einfällt, werde ich Sie benachrichtigen.«
13
Alles war an seinem Platz. Und doch war nichts passiert. Spät an jenem Abend, wie üblich im November waberten dicke Nebelschwaden durch die Straßen, schlenderte Barnaby durch die St. James Street und dachte über den Stand ihrer Ermittlungen nach. Er hatte gerade das White’s verlassen, nachdem er in dem beinahe leeren, daher überaus angenehm stillen Club einen ruhigen Abend verbracht hatte, anstatt seine Zeit in Penelopes Schlepptau in irgendeinem Ballsaal zu vertrödeln.
Außerdem gehörte das zu seiner Strategie, um ihre Ungeduld zu wecken, er wollte ihre Neugierde unbefriedigt lassen und sie auf diese Art zu Überlegungen anregen, wie sie ihren Durst nach Wissen und Erkenntnis bei ihm löschen könnte. Klug wie sie war, würde ihr Geist dann den sich bietenden Weg einschlagen, würde sie zu der Schlussfolgerung führen, die er zu erreichen wünschte.
Dass es in ihrem besten Interesse lag, ihn zu heiraten.
Dass es der beste Weg war, all das Wissen zu erlangen, das sie über jene Angelegenheit zu erlangen wünschte, die dank ihres jüngsten Zusammentreffens ihren Geist beschäftigte.
Barnaby hoffte inständig, dass die Angelegenheit sie tatsächlich unablässig beschäftigte; ihm jedenfalls ging, mit Ausnahme der gegenwärtig stockenden Ermittlungen, nichts anderes mehr durch den Kopf.
Und selbst das - das Stocken bei der Suche nach den vermissten Jungen - würde sich höchstwahrscheinlich zu seinen Gunsten auswirken. Stokes und Griselda hatten zwar die Steckbriefe verteilt, aber die Blätter mussten erst mal eine Antwort hervorlocken. Was die fünf Namen auf Stokes’ ursprünglicher Liste betraf, so hatten die beiden bestätigt, dass Slater und Watts, wenn sie auch kein gänzlich gesetzestreues Leben führten, die fremden Jungen doch immerhin nicht in ihrer Gewalt hatten.
Blieben noch Hornby, Grimsby und Hughes als Kandidaten für den Lehrmeister. Aber bisher gab es keinerlei Hinweise darauf, wo die letzten beiden sich aufhalten mochten.
Andererseits blieb die Falle, die sie zwei Tage zuvor im Black Lion Yard aufgestellt hatten, weiterhin präpariert, obwohl sie bis zu diesem Abend noch nicht zugeschnappt hatte.
Und Penelope oder ihm wollte beim besten Willen nichts einfallen, was sie noch tun könnten, um die vermissten Burschen zu finden.
Also mussten sie warten.
Geduld, überlegte Barnaby, gehört nicht zu ihren starken Seiten. Es war gut möglich, sogar sehr wahrscheinlich, dass sie ihre Energie auf ein anderes Ziel richten würde, wenn der Fortschritt bei den Ermittlungen zu ersticken drohte.
Bei der Vorstellung, dass es seine Sache war, diese Energien zu lenken, prickelte ihm ein erwartungsvoller Schauder der Erregung über den Rücken. Ein Schauder der Erregung, wie er ihn schon seit langer Zeit
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