Im Feuer der Nacht
sie immer noch nicht feststellen, dass die Ehe an sich irgendwelche Empfehlungen mit sich brachte. Jedenfalls nicht für sie. Das Risiko war weit größer als die wahrscheinlichen Vorzüge. Die Gründe für ihre langjährige Weigerung blieben unverrückbar.
Aber wenn sie Barnaby Adair ins Spiel brachte, war das Ergebnis weit weniger eindeutig.
Eine Ehe mit Barnaby Adair. Konnte das ihr Schicksal sein?
Penelope starrte minutenlang an die Decke und versuchte, es sich vorzustellen, Fragen zu stellen und zu beantworten, zu sehen, wie eine solche Ehe funktionieren könne. Beide galten sie schon als exzentrisch; die Verbindung zwischen ihnen folgte garantiert nicht dem üblichen Muster. Aber das würde die Gesellschaft auch gar nicht erwarten.
Die Ehe mit Barnaby Adair bot unter Umständen eine Verbindung, mit der sie leben konnte. Als seine Frau wären ihre Freiheiten höchstwahrscheinlich längst nicht so eingeschränkt wie an der Seite eines jeden anderen Gentlemans.
Vorausgesetzt natürlich, dass er lernfähig war, ihr die Freiheit ließ, sie selbst zu bleiben, sobald sie seine Frau war. Falls er überhaupt zustimmte, sie zu heiraten.
Würde er so lernfähig sein?
Wie konnte sie es herausfinden?
Stunden später, als sie endlich in den Schlaf sank, kreisten diese Fragen ihr immer noch unbeantwortet durch den Kopf.
16
Spät am nächsten Abend verdunkelte Smythe wieder einmal die französische Tür im hinteren Wohnzimmer des Stadthauses in St. John’s Wood Terrace.
Wie zuvor wartete Alert im Schatten des unbeleuchteten Zimmers und winkte Smythe herein. »Nun?« Es lag eine Schärfe in seinem Tonfall, die Smythe nicht entging. »Was, wenn ich fragen darf, ist der Anlass für Ihren Besuch?«
Smythe zeigte keinerlei Regung, als er näher trat und beinahe über Alert stolperte, der bequem in seinem Armlehnstuhl saß. »Das hier.« Er zog den gefalteten Steckbrief aus seiner Tasche und reichte ihn dem Mann im Armstuhl.
Alert ließ einen Moment verstreichen, bevor er nach dem Blatt griff, es entfaltete und sich zum Kaminfeuer drehte. Selbst in dem armseligen Licht reichte ein Blick, um die gedruckten Buchstaben zu entziffern und die Anzeige zu erkennen. Das Wort »Belohnung« sprang ihm förmlich ins Auge.
Alert achtete darauf, dass sein Gesicht keinerlei Regung zeigte, dachte darüber nach, was zu tun sei, knüllte das Papier dann zusammen und warf es auf die glühenden Kohlen. Es fing Feuer, flammte auf. Im rosigen Lichtschein, der plötzlich aufgeflackert war, schaute er Smythe an. »Ungewöhnlich, aber nicht besonders bedeutungsvoll, möchte ich meinen.«
Es war eine klare Warnung, auf keinen Fall zuzulassen, dass es irgendeine Bedeutsamkeit erlangte, jetzt, wo offenbar alles nach Plan lief. Smythe zuckte die Schultern. »Nur insofern, als dass wir es nicht wagen können, die lausigen Betteljungen auch tagsüber auszubilden.«
»Dann erledigen Sie es doch nachts. Wo ist das Problem?«
Smythe zog eine Grimasse. »Das ist nicht so leicht.«
»Aber es kann gemacht werden?«
»Aye.«
»Dann ist das Ihr Weg.« Alert hielt inne und ließ den Blick auf Smythe ruhen. »Die Diebstähle sind zu wichtig ... und zu lukrativ, um sie wegen einer so lächerlichen Bedrohung aufzugeben. Ich nehme an, dass Sie sich inzwischen alle Jungen zulegt haben, die Sie brauchen?«
»Alle bis auf den letzten.«
»Dann holen Sie sich diesen letzten.«
Smythe verlagerte das Gewicht. »Wir haben sieben.«
»Sie meinten, Sie bräuchten acht, um den Job so zu erledigen, wie ich es wünsche.«
Smythe nickte. »Um alle acht Häuser in einer Nacht zu bearbeiten, brauche ich acht, damit nichts schiefgeht. Aber wenn wir die gleiche Anzahl in zwei Nächten ...«
»Nein.« Alert hatte die Stimme nicht erhoben. Aber sein Tonfall hatte das Wort endgültig klingen lassen. »Ich erwähnte bereits, dass mir bekannt ist, wie die Polizei vorgeht. Wenn wir uns alle acht in einer Nacht vorknöpfen, werden wir nicht das geringste Risiko eingehen. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass sie bis irgendwann im nächsten Jahr noch nicht einmal erfahren, dass wir überhaupt ein- und wieder ausgestiegen sind. So muss es sein. Sie brauchen acht Jungen. Also besorgen Sie sich die acht. Und bilden Sie sich bloß nicht ein, dass Sie diese Gaunerei halbherzig über die Bühne bringen könnten.«
Alert ließ ein paar Sekunden vergehen. »Wer wird den letzten Burschen besorgen?«, fragte er dann, »Sie persönlich? Oder unser, wie soll ich sagen, gemeinsamer
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