Im Feuer der Nacht
anschaute.
Der brummte, aber nickte. »Aye. Einverstanden. Was hat das alles zu bedeuten?«
Stokes berichtete in schlichten Worten, ohne Umschweife oder Ausschmückungen.
Bald hatte er einen Punkt erreicht, an dem der alte Mann ihn unterbrach und auf einen Stuhl deutete. »Setzen Sie sich. Sie sind so groß, dass ich mir noch den Hals verrenke.«
Aus den Augenwinkeln erhaschte sie einen Blick auf Stokes’ Lächeln, als der sich setzte und mit seinem Bericht fortfuhr. Als er endlich fertig war, hatte sein Vater immerhin sämtliche Verdächtigungen über den »Bullen« abgeschüttelt. Schon bald hatte er sich mit Stokes in eine Einschätzung der infrage kommenden örtlichen Verbrecher vertieft.
Griselda fühlte sich unerwartet überflüssig und erhob sich. Stokes schaute ebenfalls auf, aber ihr Vater verlangte seine Aufmerksamkeit. Dennoch spürte sie das Gewicht seiner Blicke, als sie das Zimmer verließ. In der engen, nachträglich angebauten Küche fachte sie den Ofen an, brachte Wasser zum Kochen und machte sich einen Tee. Auf dem Weg in das vordere Zimmer erinnerte sie sich an die Kekse, die sie in ihre Tasche gestopft hatte, und legte sie auf einen sauberen Teller.
Sie schob die Teekanne, drei Becher und den Teller auf dem hölzernen Tablett zurecht und trug es in das kleine Schlafzimmer. Beim Anblick der Kekse hellte die Miene ihres Vaters sich auf. Sie spürte, wie ihr Herz sich verkrampfte, als Stokes es bemerkte, den Teller vom Tablett nahm und ihn ihrem Vater anbot. Der alte Mann bediente sich erfreut, bevor sie sich wieder dem Gespräch widmeten.
Griselda setzte sich ebenfalls, nachdem sie den beiden die Becher gereicht hatte. Sie hörte dem Gespräch nicht zu, ließ stattdessen die rhythmische Stimme ihres Vaters über sich rieseln, beobachtete sein Gesicht, das lebhafter war, als sie es seit Jahren gesehen hatte - und gratulierte sich im Stillen, dass sie zugestimmt hatte, Stokes zu ihm zu bringen.
Es lag ihr am Herzen, dass der alte Mann noch lange am Leben war. Nein, sie war noch nicht bereit, ihren Vater gehen zu lassen.
Sie tranken den Tee aus und aßen die Kekse. Dann erhob sie sich, reinigte das Tablett und brachte es in die Küche zurück und kehrte gerade rechtzeitig zurück, um zu sehen, wie Stokes sich erhob. Der Inspektor stopfte sein schwarzes Notizbuch in die Tasche, während er sich bei ihrem Vater bedankte, dass er ihm seine Zeit geschenkt hatte.
»Danke auch für die Hilfe.« Stokes lächelte freundlich. Das geschah zwar nicht oft, er besaß aber, wie sie bemerkt hatte, ein Lächeln, das Vertrauen einflößte. »Sie haben mir genau die Informationen gegeben, die ich brauchte.« Er blickte ihren Vater an, der seinen Blick erwiderte, und lächelte ironisch. »Mir ist klar, dass man in dieser Gegend nicht gerade ermutigt wird, den Bullen bei ihren Ermittlungen zur Seite zu stehen. Daher weiß ich Ihre Hilfe doppelt zu schätzen.«
Griselda bemerkte, dass ihr Vater innerlich aufblühte, seinen Stolz aber hinter einem kernigen Nicken verbarg und brummte: »Finden Sie diese Jungen, und bringen Sie sie zurück.«
»Wenn es auf dieser Welt nur ein bisschen gerecht zugeht, wird es uns gelingen. Mit Ihrer Hilfe.« Stokes wandte den Blick zu Griselda.
Sie eilte zu ihrem Vater, zupfte die Decke über seinen Beinen zurecht und erinnerte ihn daran, dass Mrs. Pickles von nebenan in einer Stunde mit dem Dinner zu ihm kommen würde. Dann küsste sie ihn auf die Wangen und verabschiedete sich. Er lehnte sich für ein Schläfchen zurück, auf den Lippen ein ungewöhnlich zufriedenes Lächeln, als sie sich zu Stokes gesellte, der bereits im kleinen vorderen Raum auf sie wartete. Sie griff nach ihrer Tasche und ging voran zur Eingangstür.
Stokes hielt die Tür für sie auf, folgte ihr nach draußen und überzeugte sich, dass er den Riegel auch ordentlich vorgeschoben hatte.
»Haben Sie noch mehr Familie?«, fragte er, während sie die Straße zurückgingen, »oder ist er der Einzige?«
Sie nickte, fügte zögernd hinzu: »Meine drei Brüder kamen in den Kriegen ums Leben. Meine Mutter ist gestorben, als ich noch klein war.«
Stokes nickte.
Er sagte nichts mehr, ging nur an ihrer Seite, als sie nach ein paar Schritten wieder das Wort ergriff. »Ich wollte, dass er zu mir nach St. John’s Wood zieht.« Sie machte eine unbestimmte Handbewegung. »Hier gibt es keine Kundschaft für eine Putzmacherin. Aber er wurde in dieser Straße geboren, und hier ist er zu Hause, hier hat er all seine
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