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Im Feuer der Nacht

Titel: Im Feuer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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hielt den Kutschenschlag auf und wollte ihr beim Einsteigen helfen.
    »St. John’s Wood High Street«, rief sie dem Fahrer zu und kletterte in den Wagen, »zum Laden der Putzmacherin!«
    Penelope ließ sich in das Polster sinken und schickte den Lakaien mit einem Nicken fort. Der Mann schloss die Tür und zog sich zurück.
    Die Tür auf der anderen Seite der Kutsche wurde geöffnet, und der Wagen rollte gerade an, als ein Mann hineinkletterte.
    Obwohl Penelope mit seinem Erscheinen gerechnet hatte, stand ihr der Mund offen. Es gab nur eines, was sie an dem Mann erkannte, der die Tür schloss und sich in das gegenüberliegende Polster drückte, und das waren seine blauen, sehr blauen Augen.
    Die Kutsche ruckte an, rollte vorwärts - und blieb dann abrupt stehen, weil der Kutscher bemerkt hatte, dass jemand zu seinem weiblichen Fahrgast in den Wagen geklettert war.
    »Miss? Alles in Ordnung?«
    Penelope hatte die Augen immer noch staunend auf Barnaby gerichtet und starrte ihn unverwandt an. Barnaby riss den Kopf nach oben in Richtung Kutschbock. Sie erinnerte sich, wo sie sich befand, und stammelte: »J... ja! Alles bestens. Fahren Sie weiter.«
    Der Kutscher brummte ein paar Worte vor sich hin, und dann rollte der Wagen weiter. Als sie in die Kurve bogen und die Mount Street verließen, ließ Penelope den Blick über diese eher erschreckende Erscheinung von Barnaby Adair schweifen.
    Im Allgemeinen nutzte man Verkleidungen, um etwas zu kaschieren. Aber manchmal entblößten sie auch. Erstaunt - und auch ein wenig misstrauisch - nahm Penelope zur Kenntnis, was sie -dank seiner Verkleidung - jetzt zu sehen bekam.
    Barnaby musterte sie eindringlich, aber nicht mehr so grimmig wie anfangs - eine Miene, die in mancher Hinsicht zu seinem neuen Gesicht passte, dessen sonst so saubere, strenge Züge er mit Ruß beschmutzt hatte. Außerdem hatte er sich nicht rasiert, sodass die hageren Wangen viel deutlicher unter dem rauen stoppeligen Bart hervortraten. Die Frisur war nicht mehr als ein ungekämmtes Durcheinander seiner goldfarbenen Locken; gewöhnlich sah er niemals windzerzaust und zerwühlt aus, aber jetzt war es so.
    Als ob er geradewegs bei einer Dirne aus dem Bett gestiegen wäre.
    Der Gedanke war Penelope unwillkürlich durch den Kopf geschossen. Im Bruchteil einer Sekunde schob sie ihn beiseite. Sie schloss den Mund, bemerkte, dass sie mehrmals schlucken musste. Warum war ihre Kehle plötzlich trocken geworden? Sie ließ den Blick weiter über ihn schweifen, über seine Schultern und seinen Oberkörper, der in eine fadenscheinige Jacke mit einem dünnen, verschlissenen Baumwollhemd darunter gekleidet war. Weder Halsbinde noch ein Kragen verbargen seinen langen, schlanken Hals.
    Die langen Schenkel steckten in Arbeitshosen, und er hatte getragene, abgewetzte Stiefel an den Füßen. Er sah aus wie der Inbegriff eines raubeinigen Tölpels, ein Arbeiter, der an den Docks und in den Lagerhäusern Aushilfsarbeiten verrichtete, mal dies und mal jenes tat, gerade das, was am besten bezahlt wurde.
    Der Mann strahlte die Aura einer gewissen Bedrohlichkeit aus, die zu verstehen gab, dass man ihm besser nicht zu nahe trat.
    Weil es zu gefährlich war.
    »Was?«, provozierte er mit zusammengekniffenen Augen.
    Sie hielt seinen Blick fest - das Einzige, an dem er auf Anhieb zu erkennen war -, und sie wusste, dass er unter der rauen Kleidung und dem ungehobelten Benehmen immer noch derselbe Mann war. Kopfschüttelnd beruhigte sie sich wieder und lächelte sanft. »Sie spielen Ihre Rolle großartig.« Als Begleitung einer zur Blumenverkäuferin verkleideten Lady ...
    Diese letzten Worte sprach sie nicht aus, aber wenn die Schärfe in seinem Blick irgendetwas zu bedeuten hatte, dann hatte er begriffen.
    Barnaby stieß einen unbestimmten Laut aus, verschränkte die Arme vor der Brust, warf den Kopf zurück und verfiel in ungeselliges Schweigen.
    Unwillkürlich lächelte sie und schaute aus dem Fenster, damit er es nicht bemerkte.
    Während die Kutsche weiter über das Pflaster ratterte, grübelte sie über die Bedrohlichkeit nach, die er ausstrahlte. Denn es war keine Eigenschaft, die zur Rolle gehörte, sondern irgendetwas, was in ihm steckte, von Natur aus zu ihm gehörte.
    Ihre früheren Gedanken kehrten zurück, jetzt allerdings von einer tieferen Einsicht begleitet. Ihr Verdacht hatte sich bestärkt, dass Barnaby Adair aus dem gleichen Holz geschnitzt war wie ihr Bruder, ihr Cousin und ihr Schwager. Und es schien auf der Hand zu

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