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Im finsteren Wald

Im finsteren Wald

Titel: Im finsteren Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Grießbach
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weil sie sich einigen Mädchen aus dem Dorf anzuschließen versucht hatte. Leider suchte sie sich die falschen Mädchen aus. Hier in der neuen Höhlengemeinschaft kam sie ihnen auch nicht näher, irgendwie blieben immer alle auf Distanz zu ihr und einen Mann würde sie nicht bekommen, da Erste keine weiteren Männer duldete.
    Einen Mann aus dem Dorf, den keine von ihnen wiedererkannte, konnten sie erfolgreich einfangen und in die Höhlen bringen. Er wehrte sich verzweifelt, hatte aber keine Chance. Er schwängerte nicht ganz freiwillig Rigismund, bevor es ihm zu fliehen gelang. Doch er kam nicht weit, sie töteten ihn. Noch einmal hatten sie Glück, als sie einen einsamen Jäger im Wald erwischten. Auch er sorgte für Nachwuchs.
    Mitten im zweiten Winter hielt es Gretl, die kleine, schmächtige und jüngste der Frauen nicht mehr aus. Sie hatte bereits oft gesagt, sie halte es nicht mehr aus und versucht, die Gruppe zur reuigen Rückkehr ins Dorf zu bewegen. Wenn sie sich stellten, bekämen sie vielleicht Gnade erwiesen und würden in die Dorfgemeinschaft wieder aufgenommen werden, sagte sie. Die anderen glaubten das nicht, konnten sie jedoch nicht überzeugen, von ihrer Irrmeinung abzulassen. Für sie würde es nie Gnade geben, nur den Scheiterhaufen. Gretl sah das nicht so.
    Eines frühen Morgens stahl sie sich aus der Höhle und machte sich auf den Weg zum Dorf. Als sie sich Craula näherte, in zerlumpte Felle gehüllt, das lange Haar wirr vom Kopf abstehend, verdreckt und ausgezehrt, hielt man sie für eine Ausgeburt der Hölle, gesandt, das Dorf und die Menschen darin zu verderben und erschlug sie. Nicht einmal, sie zu beerdigen, trauten sich die Leute und so ließ man sie liegen, wo der Tod sie traf, am Rande des Dorfes. Dort fand sie Hartmut steifgefroren, als er sich auf der Suche nach ihr weit von den Höhlen zu entfernen gewagt hatte. Beinahe am Rande des Dorfes mit den verhassten Menschen, die sie verbrennen wollten, lag sie, erschlagen, und er brachte die Kunde mit zur Höhle zurück. Die grausame Tat der Dorfbewohner bestärkte die kleine Gemeinschaft in der Höhle, niemals wieder in die Gesellschaft ‚draußen‘ zurückkehren zu können und sie begannen den Kindern zu erzählen, dass außerhalb der Höhlen grausam böse Monster hausten, die wie Menschen aussahen, aber keine Menschen waren.
    Weitere Verluste folgten. Das erste Kind von Mechthild war ein Junge, Erste tötete ihn, da ihre Gemeinschaft nur aus Frauen bestehen sollte. Von Männern kam nur Böses, wiederholte sie immer wieder wie eine Litanei, wie den Gebetsspruch einer nur für sie geltenden Bibel. Hartmut nahm für Gundel eine Sonderstellung ein, da er sie alle gerettet hatte, aber Gundel duldete ihn nur, zu mehr, zu positiveren Gefühlen ihm gegenüber war sie nicht fähig oder nicht willens.
    Elsa, die zarte, scheue, von den Eltern verwöhnte Mädchenfrau fing sich eine Erkältung ein, als sie beim Beeren sammeln vom Regen überrascht wurde. Die Erkältung wurde schlimmer und wuchs sich zu einer Lungenentzündung aus, an der sie starb.
    Rigismund, die jüngere Tochter des Müllers, die den Sohn eines Müllers aus einem Nachbardorf heiraten und eine reiche Zukunft haben sollte, bevor sie der Hexerei angeklagt wurde, starb bei der Fehlgeburt ihres zweiten Kindes an einer Folgeblutung.
    Das erste in den Höhlen geborene Kind, Hartmuts und Sieglinds Tochter Maria, entwickelte sich prächtig, als Dreijährige musste sie alles erkunden, überall die kleine Nase hineinstecken, alles in den Mund nehmen und sie konnte alle der Frauen zugleich beschäftigen. Die Höhlen wurden ihr Zuhause und ihr Spielplatz, die Frauen zu Müttern, Kindermädchen, Tanten, Lehrerinnen und Spielgefährten. Als weitere Kinder hinzu kamen, war sie nicht nur die Älteste, sie war immer auch die Klügere, die Willensstärkere und Kräftigere und allen war klar, dass sie die zukünftige Erste sein würde.

 
     
    18
    Rothaar fand es schade, nicht diejenige zu sein, die den Samen des Mannes empfangen durfte. Sie hatte erst zweimal in ihrem Leben einen Mann gesehen. Das erste Mal, als sie noch ein Kind gewesen war, daran konnte sie sich kaum noch erinnern. Sie sah nur noch viel Haar in einem kantigen Gesicht, wenn sie die Augen schloss und sich zu erinnern versuchte. Beim zweiten Mal, Jahre später, brachten die Frauen ein Opfer in die Höhle, einen Mann, den sie im Wald gefangen hatten. Sie wollten ihn zwingen, seinen Samen in Langbein zu spritzen, doch er konnte sich

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