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Im Funkloch

Im Funkloch

Titel: Im Funkloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Löffler
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ist. Wenn Marcel hinter mir herkommen würde, hätte ich verloren. Ich bin kein Schlägertyp.
    Aber er tut es nicht. Draußen auf dem Schulhof wage ich einen Blick zurück und weder von Marcel noch von seinen Kumpels ist etwas zu sehen.
     
    Als ich nach der letzten Stunde nach Hause will, wartet Lucas am Ausgang auf mich. Und zum ersten Mal sieht er mich direkt an. Jetzt bin ich dran. Wegen der Sache mit Marcel.
    Meine Gedanken rasen – kann ich noch durch einen anderen Ausgang raus? Nein – Lucas hat mich längst gesehen, er würde mir folgen. Und wahrscheinlich hat er seine Kumpels an den anderen Ausgängen postiert.
    Lucas sitzt auf der Mauer vorn am Bürgersteig, raucht und starrt mich an. Ich richte meinen Blick auf die andere Seite des Weges und bemühe mich, so zu wirken, als hätte ich ihn gar nicht bemerkt.
    Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie er von der Mauer springt, seine Kippe wegwirft und auf mich zukommt. Er schneidet mir den Weg ab, sodass ich nicht an ihm vorbeikomme. »Na?«, fragt er.
    Nur kurz hebe ich den Kopf. »Was ist los?«, frage ich und ärgere mich, dass meine Stimme zittert. Ich muss aufs Klo. Dringend.
    »Hab das mit Marcel gesehen«, sagt Lucas.
    »Der war selbst schuld«, sage ich schwach.
    Lucas verzieht den Mund. Nein – das ist keine Wut. Er grinst einfach nur.
    »Hast recht«, meint er. »Selbst schuld. Na ja – eigentlich ich.«
    »Du? Wieso?«
    »Hab den Jungs gesagt, sie sollen dich mal ein bisschen in die Mangel nehmen. Ob du ein verweichlichtes Landei bist oder was auf dem Kasten hast.«
    Ich sehe Lucas an und bemühe mich, nicht zu blinzeln. Will der mich verarschen? Ansatzlos stößt er mit der Faust vor und boxt mir gegen die Schulter. Dabei grinst er. »Ich glaub, du bist ganz in Ordnung.«

Rückkehr
    Zurück in unserem Zimmer sah ich schon an Kevins Grinsen, dass er mich auf Tina ansprechen wollte, und machte eine Kopf-ab-Bewegung mit der Handkante. Ich wusste ja nicht, wie gut Tina mit Noel und Olaf befreundet war – am Ende sprach sich zu ihr rum, dass ich sie cool fand . . .
    Zum Glück hielt Kevin die Schnauze und ging duschen. Noel klapperte auf seinem Notebook rum, Olaf schien eigenen Gedanken nachzuhängen, also zog ich mich um, packte den Rest meiner Sachen aus und ging frühzeitig in den Gemeinschaftsraum runter. Vielleicht war Tina ja auch schon wieder da.
    Aber statt Tina zu treffen, wurde ich mit einigen anderen von Frau Herzig eingespannt, fürs Abendessen die Tische zu decken, bevor wir uns verdrücken konnten.
    Frau Herzig kochte ganze Nudelberge, und pünktlich, als der erste Topf Nudeln fast fertig war, kamen alle wie auf Kommando nach unten.
    Tina und Janka hatten sich mit einer HandvollFreundinnen an einen Tisch gesetzt. Ich saß bei Kevin und einigen anderen. Mir fiel auf, dass sich sofort die üblichen Grüppchen bildeten und die angestrebte Verbrüderung durch die gemischten Zimmer noch nicht ganz so viel Erfolg hatte.
    Nudel- und Soßentöpfe wurden rumgereicht und es herrschte lockere Stimmung. Nur Dennis, Marcel und Jan saßen mit eher deprimiertem Blick an einem Ecktisch, ansonsten wurde getuschelt und gelacht.
    Als die Tür aufgestoßen wurde und gegen die Wand knallte, trat augenblicklich Stille ein.
    Erst kam Passlewski rein. Er war völlig durchnässt und wirkte so wütend, wie ich ihn nie zuvor erlebt hatte. Unwirsch riss er sich die Mütze vom Kopf, rieb über seine Glatze und strich sich dann durch den Schnauzbart. Als er bemerkte, wie viele Augen ihn fixierten, blinzelte er und schien in sich zusammenzusacken. Mechanisch nahm er die Brille ab und putzte sie an seiner Jacke. »Entschuldigung . . . ich . . . die Tür«, sagte er leise und griff nach der Türklinke, drückte sie zwei Mal, als wollte er prüfen, ob sie noch funktionierte. Dann schaute er hinter die Tür, ob die Wand etwas abbekommen hatte.
    Nach ihm kam der Busfahrer rein und schloss die Tür hinter sich.
    Sie hatten Lucas also nicht gefunden.
    Sofort war Frau Herzig bei ihnen und die drei unterhielten sich flüsternd. Der Busfahrer holte sich danach einen Teller Nudeln, mit dem er im Flur verschwand. Er war wie die beiden Lehrer in den Einzelzimmern im Erdgeschoss untergebracht und schien nicht sonderlich heiß darauf zu sein, mit uns zu essen.
    Langsam aßen wir weiter. Aber kaum jemand wandte den Blick von den beiden Lehrern ab.
    Vielleicht war Lucas abgehauen. Das war eine Platte, die er schon seit Jahren auflegte. Er ließ kaum eine Gelegenheit aus, lautstark davon

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