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Im Funkloch

Im Funkloch

Titel: Im Funkloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Löffler
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Raums lauter. Es war Frau Herzig, die auf Dennis, Marcel und Jan einredete, während die drei immerzu den Kopf schüttelten und mit den Schultern zuckten.
    Jetzt kam auch Passi vom Flur rein. Er sah verhärmt aus, lief gebückt. Frau Herzig schaute zu ihm. »Lucas ist verschwunden«, sagte sie laut in seine Richtung. Wie auf Kommando verstummten alle Gespräche. »Er war die ganze Nacht weg.«
    »Die ganze Nacht?«, echote Passlewski. Seine Lippen zuckten. Der Tanz seines Schnauzbarts hätte unter anderen Umständen lustig ausgesehen. »Wer hat ihn zuletzt gesehen? Er war doch gestern Abend noch hier, oder? Wann ist er weg?«
    Niemand sagte etwas.
    Passlewski zitterte. Es schien in seinen Fingern anzufangen, sich über seinen ganzen Körper auszubreiten. Sein wirrer Blick glitt über uns.
    »Ihr müsst doch wissen, wo er ist!«, brüllte er.
    Niemand wagte noch, sein Frühstück anzurühren.
    Seine Augen rasten von einem zum anderen, blieben schließlich an Dennis, Marcel und Jan hängen. »Warum meldet ihr das erst heute Morgen? Wenn Lucas die ganze Nacht nicht aufgetaucht ist . . . ichmeine, was soll das?« Passlewski schüttelte den Kopf. Frau Herzig verschränkte die Arme und stellte sich mit halb geöffnetem Mund in den Durchgang zur Küche. Sie sah aus, als würde sie im Kopf eine schwierige Matheaufgabe lösen.
    Die Stille wurde von Schritten durchbrochen.
    Noel kam rein. Etwas summte in seiner Hand. »Herr Passlewski . . .«, sagte er, ging zu dem Lehrer und hielt ihm etwas hin.
    Es war ein Handy.
    Ich konnte einen Vampir auf der Rückseite sehen.
    Und etwas Rotes bedeckte das Display.
    Passlewski schaute das rhythmisch brummende Gerät in Noels Hand an. »Was ist damit?«, fragte er.
    »Das gehört Lucas«, antwortete Noel. »Der Wecker . . . er war an.«
    Der Lehrer starrte das Handy an, als wäre es eine tote Maus. »Mach es aus!«, fuhr er Noel an, der daran rumfummelte und sichtlich bemüht war, das rote Zeug nicht zu berühren. Er drückte ein paar Knöpfe, dann rührte sich das Handy nicht mehr. Passlewski nahm es entgegen. »Ist das Blut?«, fragte er.
    Noel zuckte mit den Schultern.
    »Wo hast du es her?«
    Einen Augenblick lang zögerte Noel, als wollte oder konnte er die Frage nicht beantworten. Dann schaute er aus dem Augenwinkel herüber, hob dieHand und deutete auf mich. »Es war in seinem Schrank«, sagte er.
    Alle starrten mich an.
    Passlewski legte die Stirn in Falten und machte zwei große Schritte in meine Richtung. »Hast du Lucas was angetan?«, fragte er leise.
    Ich sah überrumpelt zu ihm hoch. »Nein!«, entfuhr mir. »Ich . . . ich hab keine Ahnung, wie das Handy in meinen Schrank gekommen sein soll.«
    Iris kam heran. »Das ist doch meins!«
    »Lucas hatte es dir geklaut?«, fragte Frau Herzig.
    »Ja! Das ist es! Eindeutig!«
    Passlewski machte keine Anstalten, es ihr zu geben. »Iris, es sieht so aus, als wäre Lucas etwas zugestoßen. Solange das nicht geklärt ist, könnte das hier ein . . . Beweisstück sein. Ich werde es aufbewahren.«
    Iris wirkte alles andere als einverstanden, nickte aber.
    Olaf räusperte sich. »Samuel . . . Lucas wollte dir doch gestern irgendwas zeigen . . . wo ist er danach denn hin?«
    Was sollte das denn? Ich starrte Olaf böse an.
    »Stimmt das?«, fragte Passlewski.
    Bevor ich etwas sagen konnte, redete Olaf weiter. »Ja, Sam ist mit ihm hinters Haus gegangen. Dann kam er zurück . . . aber Lucas nicht mehr . . .« Er runzeltedie Stirn. Es schien ihm zu dämmern, was er da tat – nämlich mich gewaltig in die Pfanne hauen. Aber jetzt war es zu spät.
    Ich konnte nichts dagegen tun, dass mir das Blut in den Kopf schoss, als wäre ich bei irgendwas erwischt worden.
    Es half nichts – ich musste Passlewski die Wahrheit sagen.
    »Lucas hat Ihren Dackel getötet«, sagte ich leise, aber in der Stille drangen meine Worte bis in die letzte Ecke des Raums. »Er hat ihn hinter dem Haus verscharrt. Und ihn mir gezeigt . . . Wohin er dann gegangen ist, weiß ich nicht.«
    Passlewskis Hand fuhr in die Hosentasche, ballte sich darin zur Faust, als würde sie etwas umgreifen. Wahrscheinlich das Halsband, dachte ich. »Zeig sie mir«, forderte er. »Wo ist Anni?«
     
    Ich ging mit beiden Lehrern vor die Tür. Passlewski hatte den anderen befohlen, im Haus zu bleiben, aber natürlich drängten sich alle an den Fenstern.
    Wir stiegen den Hügel hinter dem Haus hinauf. Ich konnte mich noch genau an den Weg erinnern. »Da vorn«, sagte ich. Schweigend stapften

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