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Im Gewand der Nacht

Im Gewand der Nacht

Titel: Im Gewand der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Nadel
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Flughafengebäude verließen.
    Vedat, der etwas nervös wirkte, hatte während der Fahrt hin und wieder Erläuterungen zu Gebäuden und anderen Sehenswürdigkeiten links und rechts der Straße gegeben und bog nun kurz hinter der Sultan Beyazıt Camii, der so genannten Taubenmoschee, von der breiten Yeniçeriler Caddesi ab. Dieser Stadtteil – Beyazıt – war kultiviert und verkommen zugleich und beherbergte nicht nur die Universität von Istanbul, zahlreiche bedeutende Moscheen und hervorragende Bibliotheken, sondern auch etliche schmale Gassen, in denen es vor Menschen nur so wimmelte und in denen allerlei zwielichtige Geschäfte getätigt wurden. Für alle Welt sichtbar, handelten hier Einwanderer aus Tschetschenien, Georgien und anderen verarmten ehemaligen Sowjetrepubliken mit allem, was man sich vorstellen konnte einschließlich ihrer grobknochigen, blonden Frauen. Diese unter dem Namen »Natascha« bekannten Damen waren kaum weniger auffällig als die Geschäfte, die ihre Waren in kyrillischen Buchstaben anpriesen.
    »Wir kommen bald zur Galatabrücke«, erklärte Vedat, während er auf der steilen, überfüllten Straße in den dritten Gang zurückschaltete. »Von dort aus kannst du die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt auf einen Blick erkennen.«
    Kaycee lächelte. »Super.«
    Hikmet, der noch immer rauchend auf der Rückbank saß, zeigte sich weniger beeindruckt. »Seit wann sind wir ein Teil Russlands?«, fragte er seinen Bruder auf Türkisch.
    Aber Vedat antwortete nicht, sondern konzentrierte sich auf die enge Kurve, in der sich Scharen von Fußgängern und Fahrzeugen drängten. Als der Volvo durch eines der vielen Schlaglöcher rumpelte, stöhnte er auf.
    Hikmet schüttelte den Kopf über den erbärmlichen Zustand der Straßen und wollte gerade etwas über die Stadtverwaltung sagen, die offensichtlich ihre Aufgaben vernachlässigte, als die Beifahrertür aufsprang. Im ersten Moment dachte er, seine Frau habe entweder die Geduld mit Vedats Fahrstil verloren oder sei wegen des steilen Gefälles hinter ihnen nervös geworden. Als jedoch zwei dunkle Arme ins Wageninnere griffen und Kaycee laut aufschrie, wusste er, dass sie nicht freiwillig ausstieg.
    Er schnellte nach vorne, um sie noch irgendwie zu fassen zu bekommen. »Kaycee!«
    Doch sie war bereits in dem dichten Menschengewühl verschwunden. Dem immer leiser werdenden Klang ihrer Stimme nach zu urteilen, die wieder und wieder seinen Namen rief, hätte man meinen können, sie löse sich allmählich in Luft auf.
    Hikmet stieß die Wagentür auf und sprang auf den Bürgersteig. Um ihn herum versammelte sich eine Gruppe dunkelhäutiger Männer und blonder, billig gekleideter Frauen, die ihn mit ausdruckslosen, schweißglänzenden Gesichtern anstarrten. Kaycees Stimme drang nur noch schwach an sein Ohr. Auch sein Bruder war jetzt aus dem Wagen gesprungen und rief ihm auf Türkisch etwas zu, das Hikmet in seiner Panik jedoch nicht verstand.
    Im nächsten Moment warf er sich gegen die Wand aus Gesichtern, Ellbogen und Körpern, die ihm die Sicht versperrte. Die Menschen gaben bereitwillig nach, dennoch drängte er sie brutal zur Seite und bahnte sich einen Weg zu der Stelle, an der er Kaycee vermutete. Ihren Namen brüllend, stürmte er in ein riesiges, hell erleuchtetes Lederwarengeschäft und schrie den schockierten Besitzer an, wo die schöne, blonde Frau sei, doch der Mann hatte sie offensichtlich nicht gesehen. Als Hikmet blindlings aus dem Laden stürmte, rannte er von hinten in einen jungen Polizisten, der sich umdrehte und das rot angelaufene Gesicht des Hollywoodstars mit finsterem Blick musterte.
    Hikmet hörte noch, wie Vedat »nein!« schrie, doch er ignorierte ihn und erzählte dem Beamten, was passiert war. Der Polizist nahm den kurzen Bericht ungerührt zur Kenntnis, ebenso wie die Tatsache, dass Hikmet schließlich in eine Flut von Tränen ausbrach. Dann griff er zu seinem Funkgerät und forderte Verstärkung an.
7
    Die Kostümjacke, die Nur Süleyman ihrem Schrank entnommen hatte, erschien ihr – obwohl sie durchaus modisch war – ein wenig zu gelb; also entschied sie sich trotz der großen Hitze für ein konventionelleres, elegantes schwarzes Modell. Nurs sorgsam gepflegtes Gesicht, das schmal und attraktiv war, wenn auch auf eine etwas freudlose Weise, strafte ihr tatsächliches Alter von fünfundsechzig Jahren Lügen. Sie warf ihrem sorgfältig zurechtgemachten Spiegelbild ein Lächeln zu und musste daran denken, dass sie mit

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