Im Glanz der roten Sonne Roman
Bitte, kommen Sie doch zu uns herauf und essen Sie mit uns!« Sie deutete auf einen Tisch mit Stühlen, der mit Tellern, Besteck und Servietten hübsch gedeckt war. In diesem Moment wurde die Gittertür geöffnet, und eine junge kanaka kam mit einem Tablett mit kalten Bratenscheiben, Salat, Tee und Fruchtkuchen ins Freie. Der Morgen war so rasch vergangen, dass Jordan gar nicht bemerkt hatte, wie spät es schon war. Jetzt stellte er verlegen fest, dass er ausgerechnet zur Essenszeit gekommen war.
»Es tut mir Leid. Mir ist gar nicht aufgefallen, dass wirschon Mittag haben. Ich kann gern noch einmal wiederkommen, wenn es besser passt ...«
»Unsinn«, erwiderte die Frau. »Jimmy wird sich freuen, Sie zu sehen, und mein Schwiegervater isst auch mit uns. Ich glaube, Sie und Jimmy waren als Jungen befreundet, nicht wahr?«
»Ja«, gab Jordan zurück und stieg langsam die Treppe hinauf. »Sind Sie auch hier in der Gegend aufgewachsen?«
»Nein, meine Familie besitzt eine Tabakfarm nördlich von Babinda.«
Jordan sah einen Mann von den Feldern zu ihnen kommen. Er war nicht sicher, um wen es sich handelte, bis der Mann die Hand hob und Dorothy zurückwinkte.
»Sieh mal, wer hier ist!«, rief sie.
Ein breites Lächeln legte sich auf Jimmy Hammonds Gesicht. »Hol mich der Teufel – Jordan! Ich hatte schon gehört, dass du zurück bist, aber ich hab so wenig Leute, dass ich es nicht geschafft habe, dir einen Besuch abzustatten!« Jimmy kam die Treppe herauf, und die Männer schüttelten sich die Hände. Jordan erschrak, als er aus der Nähe sah, wie Jimmy gealtert war. Seine Stirn war von tiefen Sorgenfalten gefurcht, und seine Schläfen waren grau. Sein Hemd war ungezählte Male geflickt, und in seinen Stiefeln klafften große Löcher an den Fußspitzen. Jordan brauchte nicht zu fragen, wie es mit der Plantage lief – was er sah, sagte ihm genug.
»Ich wäre selbst viel früher gekommen, Jimmy, aber ich will Eden wieder aufbauen, und das ist eine echte Herausforderung.«
Jimmy wurde ernst. »Wie geht es voran?«
»Es ist schwerer, als ich dachte, um ehrlich zu sein. Aber jetzt sind die Felder fast fertig gerodet, und ich habe einen Zimmermann eingestellt, der das Haus renoviert.«
»Aber Sie brauchen doch sicher mehr als einen Mann«, meinte Dorothy und packte ihr Nähzeug in eine Tasche. »Ichhörte, dass das Haupthaus im Lauf der Jahre sehr verfallen ist. Man erzählte sich sogar, es hätten sich Landstreicher darin eingenistet. Also, das wäre eine Schande! Jimmys Mutter hat vor ihrem Tod oft davon gesprochen, wie gepflegt das Haus zu Zeiten Ihrer Mutter gewesen ist.«
In Jordan stiegen Schuldgefühle auf, doch er drängte sie zurück. Er musste an die Zukunft der Plantage denken – an der Vergangenheit ließ sich nichts mehr ändern. »Ich hatte vor, mehrere Zimmerleute einzustellen, aber daraus wurde nichts.«
»Hast du es bei den Sears-Brüdern versucht? Sie arbeiten gut, sind allerdings nicht ganz billig.«
»Ja. Ich hatte sogar eine Vereinbarung mit ihnen getroffen, aber sie haben es sich im letzten Moment anders überlegt.« Jordan entging nicht, dass Jimmy und Dorothy einen Blick wechselten. »Es ist nicht so schlimm, weil ich einen tüchtigen Mann gefunden habe, der neu in der Stadt ist und am liebsten allein arbeitet. Bisher hat er seine Sache sehr gut gemacht.«
»Nimm doch Platz«, meinte Jimmy und wies auf einen der Stühle, bevor er in einem Zimmer verschwand, das durch eine Gittertür abgetrennt war, um sich zu waschen, bevor er sich zu Jordan und seiner Frau an den Tisch setzte. Als das polynesische Hausmädchen wieder erschien, entschuldigte sich Dorothy, und die beiden Frauen brachten die ungefähr achtzehn Monate alten Zwillinge, einen Jungen und ein Mädchen, zum Essen und Schlafen ins Haus. Jordan sah, dass auch Dorothys Kleid fadenscheinig und oft geflickt war.
Die Frauen waren gerade fort, als Jimmys Vater Ted auf der Veranda erschien.
»Wie schön, dich wieder hier zu haben, mein Junge«, sagte er und schüttelte Jordan herzlich die Hand. »Ich vermisse deinen Vater sehr!«
Jordan sah die Trauer in Teds Blick, hörte den aufrichtigen Kummer in der Stimme des älteren Mannes und fühlte, wieauch ihn selbst wieder die schmerzhafte Sehnsucht nach dem Vater überkam. »Danke, Ted«, brachte er mühsam hervor. »Wie geht es Ihnen?«
»Genau so, wie ich aussehe – einfach schrecklich. Meine Irene ist vor sieben Jahren gestorben, aber ich finde immer noch, dass eigentlich ich an der
Weitere Kostenlose Bücher