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Im Glanz der roten Sonne Roman

Titel: Im Glanz der roten Sonne Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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    Es hatte fast die ganze Nacht geregnet, doch der Morgen zog strahlend und heiter herauf, was zur allgemeinen Stimmung passte. Auch Jordan war gut aufgelegt und ging nach dem Frühstück mit den anderen Männern zur Arbeiterbaracke hinunter. Auf dem Weg dorthin hielt er an, um das neue Hühnerhaus zu bewundern, das Josh und Billy gebaut hatten; es war ein bisschen windschief, reichte aber trotzdem völlig aus. Jordan bedankte sich bei den Jungen, beglückwünschte sie zu der guten Arbeit und versprach ihnen eine Belohnung.
    Während die Männer sich daranmachten, die Wände undDachrinnen der Arbeiterbaracke zu reinigen, ging Jordan mit Nebo ins Innere. Der alte Mann hatte Jordan gebeten, sich die Kisten mit den Besitztümern seiner Eltern anzuschauen, die er in Sicherheit gebracht und versteckt hatte.
    Zögernd öffnete Jordan eine der Kisten, blickte hinein und spürte augenblicklich einen Kloß im Hals. Er hatte gewusst, dass es schmerzhaft sein würde, sich mit der Vergangenheit zu befassen, doch die persönlichen Sachen seiner Eltern zu sehen bedeutete, sich mit einem Sprung in sein früheres Leben zurückzuversetzen und auch dem alten Schmerz ungeschützt zu begegnen. Diese Begegnung war nicht zu vermeiden, doch Jordan hatte vorgehabt, sich der Vergangenheit in kleinen Schritten zu nähern.
    Behutsam nahm er eine Silbervase in die Hand. Die Vase glänzte im Sonnenlicht, das durchs Fenster fiel. Im Geiste sah Jordan seine Mutter vor sich, wie sie in der Vase Blumen arrangierte.
    »Sie ist in sehr gutem Zustand, Nebo«, sagte Jordan mit leiser Stimme.
    »Ich habe Mistress Cathelines Silber poliert, Master Jordan. Ich konnte doch nicht faul herumsitzen, während die anderen arbeiteten. Schließlich muss ich mir mein Essen verdienen«, gab der alte Mann zurück.
    Jordan blickte in Nebos gütiges Gesicht. »Was du für meine Eltern und mich getan hast, kann ich niemals wieder gutmachen, Nebo. All diese wertvollen Dinge wären ohne dich gar nicht mehr hier.« Sein Blick fiel auf ein gerahmtes Foto, das seinen Vater und ihn zeigte, und tiefe Trauer erfasste ihn. Das Bild war unter dem großen Eukalyptusbaum am Fluss aufgenommen worden, als Jordan etwa sechs Jahre alt gewesen war. Er hielt einen Fisch in der Hand, den er gerade geangelt hatte, den ersten Fang, der ihm ohne Hilfe des Vaters gelungen war, und er strahlte vor Stolz. Sogar auf der alten Fotografie erkannte man den liebenden Ausdruck im Blick seines Vaters.Jordan konnte kaum glauben, wie klein der Fisch war, denn in seiner Erinnerung war es der größte Fisch gewesen, den er je gesehen hatte. Ob auch seine anderen Erinnerungen so verzerrt waren?
    Als Nächstes griff er nach einer kleinen Uhr, die stets am Bett seiner Mutter gestanden hatte. Die Uhr war schon vor langer Zeit stehen geblieben; die Zeiger standen bewegungslos über den Zahlen. Doch die Uhr brachte lang vergessene Erinnerungen zurück, als wäre plötzlich ein Damm gebrochen, und sie trafen Jordan völlig unvorbereitet. Tränen traten ihm in die Augen, und seine Hände zitterten leicht.
    »Warum mussten sie sterben, Nebo?«, flüsterte er.
    Die Züge des alten Mannes wurden noch faltiger, und tiefer Schmerz lag in seinem Blick. Er legte Jordan eine Hand auf die Schulter und sagte: »Ihre Zeit war gekommen, Master Jordan.«
    »Wirklich, Nebo? Mein Vater ist an gebrochenem Herzen gestorben. Seine Zeit war noch längst nicht gekommen ...« Er versuchte, seine Gefühle nicht durchscheinen zu lassen, doch in seiner Stimme schwang dennoch Bitterkeit mit. »Er hat meine Mutter sehr geliebt ...« Jordan schaute Nebo an, dessen weißes Haar im Sonnenlicht leuchtete. »Ich glaube nicht, dass Mutter an einem Schlangenbiss gestorben ist – und ich werde die Wahrheit herausfinden!«
    Seine steinerne Miene und seine Entschlossenheit erschreckten Nebo, der Jordan so seltsam anblickte, dass eine eisige Faust sich um dessen Herz schloss.
    »Master Jordan«, begann Nebo. »Ich weiß nicht, was Sie gehört haben, aber ...«
    Jordan unterbrach ihn. »Wir bringen die Kisten zum Haus hinauf, bevor Frankie hier mit der Arbeit beginnt«, sagte er knapp.
    »Sie wissen, dass ich alles für Sie tun würde, Master Jordan«, murmelte Nebo. »Was ich nur kann ...«
    Jordan gewann den Eindruck, dass auch Nebo vor irgendetwas Angst hatte.

    Während die Männer arbeiteten, lieh Gaby sich den Einspänner und fuhr in die Stadt. Frankie hatte ihr eine großzügige Summe Geld gegeben, um die Familie mit allem

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