Im Hauch des Abendwindes
es Jed.
»Doch! Sind das nicht wundervolle Neuigkeiten?« Kadee strahlte übers ganze Gesicht.
Jed verschlug es die Sprache. Sekundenlang starrte er Kadee offenen Mundes an. Dann lächelte er und sagte: »Ja, das sind allerdings wundervolle Neuigkeiten!« Er nahm Kadee in die Arme und drückte sie fest.
Ruby hatte unwillkürlich den Atem angehalten. Jetzt blickte sie peinlich berührt zu Boden. Ihr war, als ob sie Zeugin einer sehr intimen Szene würde.
Nach einer Weile löste sich Kadee sanft von Jed. »Ruby hat auf Banjo reiten gelernt, stell dir vor. Und sie hat ihre Sache wirklich gut gemacht. Sie hat Talent«, erklärte sie.
Jeds Miene verfinsterte sich wieder. »Silver Flake ist kein Pferd für eine Anfängerin. Sie ist viel zu temperamentvoll.«
»Sie reitet sie schon seit ein paar Tagen und ist noch kein einziges Mal runtergefallen«, sagte Kadee stolz. »Los, Ruby, zeig ihm, was du kannst!«
Ruby sah Jed an, der mit sich kämpfte.
»Sie ist wirklich gut, Jed«, versicherte Kadee.
»Na schön.« Er nickte widerstrebend, da er viel auf Kadees Meinung gab. Dann drückte er Ruby die Zügel in die Hand und half ihr in den Sattel.
Ruby lenkte Silver Flake auf die Reitbahn und setzte sie in Trab. Sie hatte Angst, eine schnellere Gangart anzuschlagen, weil sie auf gar keinen Fall herunterfallen wollte. Nicht ausgerechnet dann, wenn Jed zusah.
»Das ist aber kein Training für Silver Flake«, murrte Jed.
Kadee nahm Ruby in Schutz. »Sie kann schon schneller reiten, sie ist bloß nervös, weil du zuschaust.«
Als Ruby an den beiden vorbeiritt, rief Jed ihr zu, sie solle das Pferd in Galopp setzen.
Erleichtert, weil Jed ihr offenbar mehr zutraute, kam Ruby seiner Aufforderung nach. Sie drückte ihre Absätze in Silver Flakes Flanken, und die Stute galoppierte an. Ruby genoss die warme Luft, die ihr ins Gesicht wehte.
Jed beobachtete sie aufmerksam. Für eine Anfängerin ritt sie erstaunlich gut, dennoch sorgte er sich. Wenn sie nun abgeworfen wurde und sich verletzte?
»Sie sollte wenigstens eine Reitkappe tragen«, brummelte er.
»Hat sie ja. Bernie hat ihr eine gegeben.«
Kadee sah sich um und entdeckte die Kappe neben dem Wassertrog. Sie hob sie auf und gab sie Jed.
Als Ruby wieder herangeritten kam, winkte Jed sie zu sich. Ruby blickte sorgenvoll drein, weil sie dachte, er sei unzufrieden, aber Jed reichte ihr die Reitkappe hinauf und sagte: »Setz die sicherheitshalber auf.«
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie die Reitkappe aufsetzte und den Riemen unter ihrem Kinn festmachte.
»Du kannst dir aber trotzdem die Knochen brechen, wenn du herunterfällst. Also geh kein unnötiges Risiko ein, verstanden?«
»Verstanden«, erwiderte Ruby und kehrte auf die Reitbahn zurück, wo sie noch ein paar Runden im Galopp ritt. Schließlich rief Jed ihr zu, dass es jetzt genug sei. Sie lenkte Silver Flake zu ihm und stieg ab.
»Und, was meinst du?«, fragte sie gespannt. »Glaubst du, ich kann sie so weit trainieren, dass sie für das Rennen fit ist?«
»Wozu?«, entgegnete Jed bitter. »Wozu der ganze Aufwand, wenn wir keinen Jockey haben?«
»Aber wir könnten doch in Alice Springs einen Jockey anstellen – oder nicht?«
»Wir brauchen einen guten , nicht irgendeinen zweitklassigen.«
»Wir finden bestimmt einen«, sagte Ruby voller Zuversicht. »Wenn wir ein bisschen herumtelefonieren, werden wir schon einen geeigneten auftreiben.«
»Auch ein Jockey arbeitet nicht umsonst«, wandte Jed ein. »Woher willst du denn das Geld nehmen?«
»Ich werde unterwegs arbeiten, wenn wir nach Alice Springs fahren. Hast du nicht selbst gesagt, dass du dich normalerweise auf Farmen verdingst, um das Geld für die Startgebühr zu verdienen? Ich werde eben den Leuten die Haare schneiden. Die Menschen auf den abgelegenen Höfen kommen sicher nicht oft zum Friseur.«
»Meistens schneiden sie sich gegenseitig die Haare.«
»Das Ergebnis ist nicht ganz das gleiche, oder?« Sie sah vielsagend Kadee an. Jed folgte ihrem Blick und musste zugeben, dass sie Recht hatte. Die junge Aborigine fasste sich verlegen an ihre stümperhaft gestutzten Haare. »Mach dir nichts draus, ich werde dir einen richtigen Haarschnitt verpassen«, versprach Ruby.
Jeds Miene hatte sich verdüstert. »Du würdest wirklich alles tun, um an dein Geld zu kommen, nicht?«, stieß er gepresst hervor. »Du kannst es gar nicht erwarten, deinen Anteil an dem Pferd zu verkaufen. Dafür riskierst du es sogar, dir den Hals zu brechen.«
Ruby
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