Im Hauch des Abendwindes
als Jockey zu bekommen?«
»Nein.«
Ruby schüttelte niedergeschlagen den Kopf. Wie sollte sie Jed jetzt beichten, dass sie nie mit Paget gesprochen, geschweige denn ihn engagiert hatte?
»Jetzt sieht die Sache schon ganz anders aus«, fuhr Jed fröhlich fort. »Damit sind Silver Flakes Chancen auf einen Sieg gewaltig gestiegen. Aber noch haben wir nicht gewonnen. Eine optimale Vorbereitung ist natürlich wichtig. Die Stute hat immer nur bei trockenem Wetter trainiert; sollte es beim Rennen regnen, würde sich das nachteilig auswirken.«
»Aber wenn alles passt, hat sie eine gute Chance, nicht?«
Jed nickte. Seine Züge wurden weich. »Silver Flake ist eine Kämpferin, sie wird das Letzte aus sich herausholen.« Er war, was er allerdings nie zugeben würde, ein Träumer, nur deshalb hatte er die Hoffnung, den Cup zu holen, noch nicht aufgegeben. »Während der Wintersaison waren wir zwei Mal in Darwin. Das letzte Mal wurde Silver Flake Zweite hinter Foolish Lad. Trotz des guten Jockeys fiel sie zeitweise auf den vorletzten Platz zurück, aber sie kämpfte sich wieder nach vorn. Zu guter Letzt wurde sie an der Ziellinie nur um eine knappe halbe Kopflänge von Foolish Lad geschlagen. Ich war schrecklich stolz auf sie, weil sie alles gegeben hatte.«
Ruby lächelte. Nach einer kleinen Weile fragte sie: »Was machen deine Rippen?« Ihr war aufgefallen, dass er sich nicht mehr ständig mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Seite fasste und beim Schalten offenbar keine Probleme hatte.
»Denen geht’s schon viel besser. Wenn nur das Bett in Micks Hinterzimmer bequemer wäre. Ich glaube, ich werde von jetzt an lieber wieder im Wohnmobil schlafen. Da fällt mir ein, dass ich mich noch gar nicht bei dir bedankt habe. Der Vorschlag, die Heilmethode der Aborigines auszuprobieren, war wirklich gut. Die Schlammpackungen haben tatsächlich geholfen. Danke.« Er lächelte ihr zu. Ruby hatte Jed noch nicht oft lächeln sehen, deshalb freute sie sich besonders darüber.
»Nichts zu danken. Ich bin froh, dass es funktioniert hat.«
»Ich auch. Ich war anfangs ziemlich dickköpfig, ich weiß, aber so bin ich nun mal. Ich kann mich nicht erinnern, jemals solche Schmerzen gehabt zu haben, und ich kann anscheinend nicht besonders gut damit umgehen.«
»Das ist typisch Mann; das kenne ich von meinen Kunden aus dem Frisiersalon in Sydney, in dem ich gearbeitet habe.« Jed warf ihr einen empörten Blick zu, und sie musste lachen. Dann schaute sie sich neugierig in dem Wohnmobil um. Es war gut ausgestattet mit einem Bett, einem Kühlschrank, Wandschränken und einer Spüle. Dass in der engen Kabine eine ziemliche Unordnung herrschte, überraschte sie nicht. »Gemütlich hast du’s hier«, sagte sie diplomatisch.
»Es müsste mal wieder aufgeräumt werden«, erwiderte Jed eine Spur verlegen. »Das mach ich noch, bevor wir losfahren.«
Ruby dachte daran, dass er seine Reise ursprünglich mit Kadee geplant hatte. Ein unbehagliches Gefühl beschlich sie, so als hätte sie einen Keil zwischen die Liebenden getrieben.
»Wenn ich länger irgendwo campe, baue ich ein Vorzelt auf«, fuhr Jed fort. »Dadurch habe ich mehr Platz.« Rubys bedrückte Miene war ihm aufgefallen, und er dachte, sie sorge sich, weil sie ja einige Tage unterwegs sein und auch die Nächte miteinander verbringen würden. »Ich werde im Schlafsack unter freiem Himmel schlafen, dann hast du den Camper für dich allein.«
Der Gedanke, dass sie eine Zeit lang auf engstem Raum mit Jed zusammen sein würde, wurde ihr zum ersten Mal so richtig bewusst und machte sie nervös. Um sich abzulenken, fragte sie: »Was sagst du eigentlich zu meinen Reitkünsten?«
»Für eine Anfängerin machst du deine Sache gar nicht schlecht«, antwortete Jed, was stark untertrieben war, aber er wollte nicht, dass sie vor Selbstbewusstsein strotzte und dann vielleicht leichtsinnig wurde. »Du hast Glück! Silver Flake weiß sich inzwischen zu benehmen, und sie mag dich offenbar. Ein willensstarkes fünf- oder sechshundert Kilo schweres Pferd verlangt nach einer starken Hand, aber ich habe ihr die schlechten Angewohnheiten größtenteils abgewöhnt. Eine ihrer Unarten war, mitsamt ihrem Reiter in einen Zaun zu galoppieren, sodass der Reiter im hohen Bogen über das Hindernis flog.«
Ruby riss erschrocken die Augen auf. »Du meine Güte, bin ich froh, dass ich das nicht gewusst habe! Sonst wäre ich wahrscheinlich nicht in den Sattel gestiegen.«
»Mich oder Kadee hat sie nie abgeworfen,
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