Im Hauch des Abendwindes
anvertrauen.«
Bernie untersuchte gerade einen der dicken, ledernen Zehenballen des Kamels. Er stellte den Fuß wieder ab und richtete sich auf. »Ich hab Nigel doch schon gesagt, dass ich bloß ein paar Halbe gehabt habe«, gab er gereizt zurück. »Höchstens drei, mehr nicht.« Er führte das Kamel zu dem hinten offenen Pferdeanhänger an seinem Truck, den er etwa fünfzig Meter entfernt unmittelbar neben den Gleisen geparkt hatte.
Dennis Ferguson warf Nigel Finke einen zweifelnden Blick zu. »Bist du sicher, dass er noch fahrtüchtig ist?«, fragte er, als der Farmer außer Hörweite war. Bernie konnte zwar eine Menge vertragen, aber bei ihm wusste man nie: Gerade noch wirkte er ganz nüchtern, und eine Sekunde später lag er mit der Nase im Staub.
»Ich hab Fred Wallace gefragt, ob er Bernie hat hereinkommen sehen.« Fred hatte über zwanzig Jahre bei der Eisenbahn gearbeitet, daher kannten sie ihn gut und wussten, dass er zuverlässig war. »Er hat mir versichert, Bernie sei höchstens eine Stunde in der Bar gewesen und habe vielleicht vier Halbe getrunken. Das ist nicht viel für einen Mann, der von früh bis spät saufen und sich trotzdem noch auf den Beinen halten kann.«
Der Lademeister sah Ruby an. »Die Entscheidung liegt bei Ihnen, junge Dame. Aber scheuen Sie sich nicht, ihm tüchtig auf die Finger zu klopfen, wenn er sich danebenbenimmt.«
Ruby nickte. »Mach ich.«
Sie fragte sich, warum die beiden Männer so viel Aufhebens machten. Sie suchte nichts weiter als eine Mitfahrgelegenheit nach Silverton, das ja offenbar nicht weit weg lag. Der Mann, der sie dorthin bringen sollte, interessierte sie herzlich wenig.
»Bernie befindet sich nicht oft in weiblicher Gesellschaft, und seine Manieren sind nicht gerade die besten«, ergänzte Nigel Finke. »Er war mal verheiratet, aber das ist schon zehn Jahre her. Er hat noch keine Nachfolgerin für seine Frau gefunden, weil es keine auf einer Kamelranch aushält.«
Das überraschte Ruby nicht im Geringsten. »Sie hat ihn vermutlich verlassen, nehme ich an?«
»O nein, die beiden passten perfekt zusammen. Hester trat versehentlich auf eine Giftschlange, eine Braunschlange, als sie die Kamele im Paddock fütterte. Sie hatte die Schlange im dürren Gras nicht gesehen. Bernie war unglücklicherweise nicht da. Und als er nach Hause kam und sie fand, war es zu spät.«
Hester war furchtbar entstellt gewesen, nachdem sie stundenlang in der Sonne gelegen hatte und Fliegen und Ameisen in Scharen über sie hergefallen waren, doch das verschwieg Nigel Finke ihr.
»O Gott, das ist ja entsetzlich!« Bestürzt stellte Ruby sich vor, wie die arme Frau ganz allein in dem Paddock gestorben war.
Dennis Ferguson nickte. »Ja, das war schlimm.« Die drei gingen zu Bernies Truck hinüber. »Aber Hester hätte keinen Anstoß an seinen derben Kraftausdrücken genommen«, fügte er schmunzelnd hinzu. »Sie fluchte noch schlimmer als er. Und sie liebte Kamele. Deshalb waren die beiden wie füreinander geschaffen.«
»Ja, die arme Hester kann keine ersetzen«, bekräftigte Nigel Finke. »So eine Frau findet man nicht alle Tage.« Ernst fügte er hinzu: »Was wir damit sagen wollen, ist, dass Bernie vielleicht ein bisschen unverschämt werden kann. Aber dummerweise sind Sie auf ihn angewiesen.«
»Ja, ich weiß, ich komme schon klar; machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen, meine Herren«, erwiderte Ruby zuversichtlich. »Die paar Kilometer werde ich es schon mit ihm aushalten. Ich bin ja froh, dass er mich mitnimmt!«
Ruby musste erst einmal alte Zeitungen und leere Bierflaschen vom Beifahrersitz schieben, bevor sie einsteigen konnte. Angewidert betrachtete sie die schmutzige Polsterung. Weiß zu tragen war keine gute Idee gewesen. Ihren kleinen Koffer stellte sie auf die Abfälle im Fußraum vor sich. Als Bernie das Kamel im Hänger festgebunden hatte, setzte er sich hinters Lenkrad. Er verlor kein Wort über das Innere seines Fahrzeugs, das einem Schweinestall glich. Aber das hatte Ruby nach den Warnungen des Schaffners und des Lademeisters auch nicht erwartet.
Als er auf die Straße eingebogen war, zündete sich Bernie eine Zigarette an und schaltete die Scheinwerfer ein. Es war fast acht Uhr und wurde allmählich dunkel. Der Zigarettenrauch zog zu Ruby hinüber, und sie musste husten, aber Bernie schien es nicht zu merken.
»Danke, dass Sie mich mitnehmen, Mr. Lewis«, krächzte sie.
»Bernie«, verbesserte er.
»Ich bin Ihnen wirklich dankbar, Bernie.«
Er
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