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Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition)

Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition)

Titel: Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim al-Khalili
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einleitete.
    Als al-Hakam 976 starb, folgte ihm sein zehnjähriger Sohn Hisham auf den Thron; die Macht riss aber sehr schnell sein Wesir Abu Amir al-Mansur (ca. 938–1002) an sich, der nun zum eigentlichen Herrscher wurde. Im Westen ist er besser als Almansor bekannt, und seine Regierungszeit stellte den Höhepunkt der muslimischen Macht in Spanien dar. Er war nach Córdoba gekommen, um Gesetzeskunde und Literatur zu studieren, war aber von erbarmungslosem Ehrgeiz und hatte sich hochgearbeitet, bis er zum Verwalter der Ländereien des jungen Prinzen Hisham ernannt wurde. Innerhalb weniger Jahre beseitigte er seine politischen Konkurrenten, und als al-Hakam starb, verfügte er über ausreichende Macht, um seine eigenen Interessen zu sichern: Er sorgte dafür, dass der junge Hisham und nicht dessen Bruder auf den Thron kam. In den folgenden drei Jahren festigte er seine Macht, wobei er Hishams Jugend und Unerfahrenheit ausnutzte, um sich die absolute Regierungsgewalt zu verschaffen. Der junge Kalif war de facto in Medinat al-Zahra’ eingesperrt – al-Mansur ließ die Residenz für alle Außenstehenden sperren und isolierte ihn damit völlig. Anschließend baute al-Mansur auf der anderen Seite von Córdoba einen neuen Palast, in den er alle Regierungsstellen verlagerte. Damit war das Umayyadenkalifat auf wenig mehr als eine zeremonielle Rolle beschränkt, ein ganz ähnlicher Vorgang, wie er sich auch in Bagdad mit dem Abassidenkalifat abspielte.
    Al-Mansur hielt nichts von Wissenschaft; seine Abneigung ging so weit, dass viele Bücher, die al-Hakam mit großem finanziellem Aufwand gesammelt und instand gehalten hatte, öffentlich verbrannt wurden – verschont blieben nur Werke über Medizin und Mathematik. Nach seinem Tod im Jahr 1002 lebte das Interesse an Themen wie der Philosophie wieder auf, aber dieser Optimismus hielt nicht lange an. Al-Mansurs Sohn Sanjul (Sanchuelo) hatte versucht, den Titel des Kalifen für sich selbst anstelle des schwachen, machtlosen Hisham zu beanspruchen. Dies führte jedoch bei der Bevölkerung Córdobas, die noch zur Umayyadenfamilie hielt, zu einem gewalttätigen Aufstand. Zur gleichen Zeit gewannen in Nordafrika die Berber an Macht, auf die al-Mansur sich unklugerweise zunehmend gestützt hatte. Sie entschlossen sich 1009, einen Nachkommen von Abd al-Rahman III. als konkurrierenden Kalifen zu unterstützen, und nach einem kurzen Machtkampf spitzte sich der Konflikt zu: Zwischen 1010 und 1013 wurde Córdoba von Streitkräften der Berber belagert. Dabei wurde Medinat al-Zahra’ zerstört. Viele Bücher aus al-Hakams großartiger Bibliothek, die der Zerstörung durch al-Mansur entgangen waren, wurden nun entweder versteigert, weil man Mittel für die belagerte Stadt brauchte, oder von den Berbersoldaten geplündert. Medinat al-Zahra’ geriet schnell in Vergessenheit und blieb 900 Jahre im Boden begraben, bevor man seine Ruinen 1911 wiederentdeckte.
    Mit dem Niedergang von Córdoba wurde das Kalifat 1031 schließlich abgeschafft. Andalusien zerfiel in eine Reihe von Stadtstaaten, deren Herrscher muluk al-tawa’if (»Könige der Regionen«) genannt wurden. Im Westen waren sie allgemein als Taifa-Könige bekannt. Diese Königreiche führten untereinander ständig Krieg um Land und Bodenschätze, aber alle waren militärisch schwach. Als die Muslime 711 erstmals nach Spanien kamen, waren sie eine mächtige Streitmacht, aber die hatte im Laufe der Jahre an Biss verloren. Im 10. Jahrhundert stellte der Geograph Ibn Hawkal fest, die Andalusier hätten keine Lust mehr auf Krieg. [178] Ihre Armeen bestanden jetzt aus europäischen Sklaven und nordafrikanischen Berbern.
    Angesichts der zunehmend erfolgreichen Überfälle und Eroberungen aus dem christlichen Norden und Westen (Portugal) baten die Taifa-Könige schließlich die Herrscher der islamischen Berber aus dem Mahgreb um Hilfe. Als Alfonso VI. von Kastilien 1085 Toledo einnahm, marschierten die Berber ein, um die verbliebenen islamischen Besitzungen zu sichern. Von 1085 bis 1145 herrschten die Almoraviden ( al-Murabitun – »Die Kampfbereiten«), dann folgten als weitere Dynastie die Almohaden ( al-Muwahhidun – »Die Bekenner der Einheit«), die bis 1238 an der Macht blieben. Beide waren mächtige Dynastien, die in ihrer Blütezeit große Teile Nordwestafrikas beherrscht hatten, und beide verfolgten unerbittlich die großen jüdischen Gemeinden in den Städten, was weithin eine anti-intellektuelle Atmosphäre entstehen ließ.

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