Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)
Süßkartoffeln, gebratene Taroknollen und geröstete Bananenscheiben. Dazu gab es Limonade, Tee, Kaffee und Mangosaft. Neben Kiso huschten noch zwei weitere eingeborene Bedienstete umher und sorgten für Nachschub.
Im Salon und auf der Veranda drängten sich die Gäste, Tabakrauch wehte durch die drückend warme Dunkelheit. Die beiden niedrigen Rattantische auf der Veranda waren mit toten Insekten übersät, die sich an den Petroleumlampen verbrannt hatten. Trotz der späten Stunde war es noch immer feuchtwarm, keine noch so leichte Brise war zu spüren. Die Herren hatten vor Schweiß glänzende Gesichter, die wenigen anwesenden Damen fächelten sich unauffällig Luft zu. Auch Isabel schwitzte in ihrem engen Kleid. Neben Henriette, die aussah wie eine Königin und sichtbar die Feier und die Aufmerksamkeiten der Gäste genoss, fühlte sie sich wie Aschenputtel. Das geliehene Korsett drückte und presste ihr die Luft ab, dabei hatte sie es schon so weit offen gelassen wie möglich. Zum wiederholten Mal fragte sie sich, wie Bertholds Schwester diese enge Schnürung aushalten konnte.
Neben Isabels Rückkehr war die große Zahl der erkrankten Europäer in Finschhafen das beherrschende Thema. Sobald der junge Dr. Weinland eintraf, wurde er von besorgten Finschhafener Bürgern umlagert, die ihn mit Fragen bestürmten.
»Es ist eine Form der Malaria, die ich noch nicht kenne«, hörte sie ihn sagen. Obwohl er erschöpft und übernächtigt aussah, strahlte er wohltuende Ruhe aus. »Ich kann mir die Ursache auch nicht erklären. Man sagt ja, es käme von den Dämpfen, die aus den Sümpfen aufsteigen, aber einen dermaßen heftigen Verlauf habe ich noch nie erlebt. Möglicherweise sind infolge abnormer Winde, die das Wasser vom Ufer weg seewärts trieben, Teile des Ufergeländes sehr rasch abgetrocknet. Dann sind Tierkadaver und Pflanzenreste gefault und haben dieses schreckliche Schwarzwasserfieber hervorgerufen.« Er fuhr sich über sein leicht eingefallenes Gesicht. »Auch Pater Lorenz hat es vor einigen Tagen erwischt, als er hier in Finschhafen war. Aber kaum hatte ich ihn in unser kleines Hospital gebracht, bestand er auch schon darauf, nach Simbang zurückzukehren. Mit dem Ochsenwagen haben die beiden anderen Patres ihn dann abgeholt.«
Isabel trat besorgt näher. »Bruder Lorenz ist ebenfalls erkrankt?«
Dr. Weinland lächelte ihr zu. »Ich habe ihn heute Morgen erst besucht, er ist schon wieder auf dem Weg der Besserung. Als ich ihm erzählte, dass Sie wieder wohlbehalten zurückgekehrt sind, war er außer sich vor Freude.«
Isabel nickte erleichtert. Morgen würde sie nach Simbang reisen, mochte Berthold sagen, was er wollte.
Die Gespräche verstummten, als Berthold zwischen die Anwesenden trat, sein Glas hob und allen in vollmundigen Worten für ihr Kommen dankte. »Und vor allem den Herren, die Fräulein Maritz«, er räusperte sich, »meine Verlobte, aus den Händen ihres Entführers gerettet und sicher wieder nach Finschhafen gebracht haben.«
Isabel runzelte die Stirn. Was erzählte Berthold da? Hatte sie bei diesem Thema nicht auch noch ein Wörtchen mitzureden? Sie kam nicht dazu, länger darüber nachzudenken, da ihr nun plötzlich jeder gratulieren wollte. Dabei war ihr eher zum Heulen zumute.
Als sich Berthold kurz darauf entschuldigte und einen Nebenraum aufschloss, um weitere Getränke zu holen, folgte sie ihm.
»Ich bin also Ihre Verlobte?«
Er ließ den Arm sinken, stellte die Flasche Gin ab, nach der er eben gegriffen hatte, und sah sie leicht zerknirscht an. Sein fülliges Gesicht glänzte vor Schweiß. »Entschuldigen Sie bitte, Isabel, ich hoffe, Sie nehmen mir das nicht übel. Aber … im Überschwang meiner Gefühle – und nach diesen schrecklichen Wochen, die wir beide hinter uns haben –, da ist es doch nur eine Frage der Zeit, bis Sie mich erhören, nicht wahr? Und Sie brauchen doch jetzt einen starken Arm.« Er hob seinen unversehrten rechten Arm und lachte ein wenig unsicher über seinen eigenen Scherz, dann trat er zögernd näher. Seine schiere Masse schien Isabel zu erdrücken. Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück.
»Isabel, falls Sie Bedenken haben wegen dem, was Ihnen zugestoßen ist … darüber kann ich hinwegsehen.«
Er kratzte sich am Ohr, als sie nicht antwortete, und räusperte sich.
»Zum Glück ist heute Abend auch Doktor Weinland anwesend. Möchten Sie schon einmal voraus in Ihr Zimmer gehen? Dann kann er gleich einmal … nach Ihnen
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