Im Herzen der Nacht - Roman
kann?«
»Das musste ich tun, um meine Frau zu schützen. Um die Konsequenzen kümmere ich mich nicht.«
»Deine Frau?« Ash schüttelte den Kopf. »Schau mich an.« Nur widerstrebend erfüllte Talon diesen Wunsch, und der Atlantäer musterte ihn mit eisigen Augen. »Deine Frau ist tot . Vor fünfzehnhundert Jahren starb sie und wurde in deiner Heimat begraben. Sunshine ist nicht Nynia.«
Schmerz und Zorn verengten Talons Brust. Nein, das stimmt nicht - sie ist meine Frau. Ich spüre es, ich weiß es. Nur sie ist wichtig.
Ohne zu überlegen, warf er sich auf Acheron, packte ihn am Hals und schüttelte ihn, wollte ihn zwingen , seine Beweggründe zu verstehen. »Sie ist nicht tot! Verdammt, sie ist nicht tot!«
Mühelos riss Ash sich los und benutzte seine Macht, um ihn zu lähmen. In ohnmächtiger Wut versuchte Talon, sich zu befreien. Ohne Erfolg. Plötzlich wurde ihm bewusst, wie weit er gegangen war. Ich habe Acheron angegriffen. Dieser Gedanke ernüchterte ihn. Natürlich, Ash hatte recht. Wenn er sich nicht beruhigte und in den Griff kriegte, würde er sie alle umbringen.
Nach einem tiefen Atemzug ließ der Atlantäer ihn frei. »Jetzt musst du eine Entscheidung treffen. Dark Hunter haben keine Ehefrauen, keine Familien. Am Ende eines Tages oder einer Nacht haben wir nur uns selbst. Nur eine einzige Pflicht müssen wir erfüllen, die Menschen zu schützen, die sich nicht gegen die Daimons wehren können. Sieh zu, dass du endlich wieder einen klaren Kopf bekommst!«
»Ja, ich weiß…«, stimmte Talon zu und atmete tief durch.
Ash nickte. Dann nahmen seine Augen eine seltsame, dunklere Silberfarbe an. »Erzähl mir, was du tun möchtest. Soll ich ein Gesuch bei Artemis einreichen? Willst du deine Seele zurückgewinnen?«
Verzweifelt dachte Talon nach. Er stand am Rand eines Abgrunds, in den er noch nie geblickt hatte. Kein einziges Mal in seiner ganzen Existenz als Dark Hunter hatte er gehofft, Nynia würde zu ihm zurückkehren. Die Augen geschlossen, stöhnte er. Nein, Nynia würde nicht zurückkehren, Acheron hat recht. Sie war tot.
Die Frau in meiner Hütte ist nicht meine Gemahlin, sondern Sunshine, temperamentvoll und leidenschaftlich und verführerisch. Mag sie auch Nynias Seele beherbergen - sie ist jemand anderer. Jemand, ohne den ich nicht leben will, der mir alles bedeutet.
Sein Herz drohte zu brechen. Weil Sunshine ein Mensch war. Mit der Zeit würde sie ihn vergessen, ein anderes Leben führen, einen anderen lieben. So schmerzlich die Erkenntnis auch sein mochte, er musste es tun. So oder so würde er sie verlieren. Und auf diese Weise hatte sie wenigstens die Chance auf ein Glück, das sie nicht töten würde. »Nein«, entgegnete er leise, ich will meine Seele nicht zurückgewinnen, sonst würde Sunshine sterben, von Camulus’ Rachsucht vernichtet. Um diesen Preis möchte ich meine Freiheit nicht erlangen.
»Bist du sicher?«
Erst nickte Talon, dann schüttelte er den Kopf. »Offen gestanden, T-Rex, ich weiß überhaupt nichts mehr. Hast du jemals irgendwen geliebt?«
Stoisch erwiderte Acheron den fragenden Blick, ohne zu antworten. »Eines hat das Leben mit der Liebe gemein - beides ändert sich ständig, und die Menschheit nur selten. Wenn du diese Frau wirklich liebst, solltest du deine Chance auf die Freiheit dann nicht nutzen und sie für dich gewinnen?«
»Und wenn ich Sunshine verliere?«
»Nur ein Wenn , Kelte. Ich glaube, wenn du es nicht wenigstens versuchst, wirst du sie so oder so verlieren.«
»Aber wenn ich sie gehen lasse, bleibt sie wenigstens am Leben.«
»So wie du seit Nynias Tod gelebt hast?«
»Das ist unfair.«
»Für Fairness werde ich nicht bezahlt, nur für die Daimon-Ärsche, in die ich trete.« Acheron seufzte müde. »Vor Jahrhunderten traf ich einen weisen Mann in China, der mir sagte: ›Wer sich von der Angst beherrschen lässt, ist mir untertan. ‹«
»Konfuzius?«
»Nein, Minh-Quan. Er war ein Fischer. Angeblich verkaufte er das beste zong zi , das jemals zubereitet wurde. Du weißt doch - dieser Reismehlkloß in Bambusblättern...«
Der unerwartete Kommentar gab Talon zu denken. Das war typisch für Acheron, niemals konnte man auch nur ahnen, womit er einen im nächsten Moment überraschen würde. »Was für ein seltsamer Mann du bist Acheron Parthenopaeus. Was würdest du an meiner Stelle tun? Ist es möglich, einen Gott zu bekämpfen und zu besiegen?«
Ashs Blick wurde glanzlos, und Talon beobachtete ihn aufmerksam. Mit dieser Frage
Weitere Kostenlose Bücher