Im Herzen der Nacht - Roman
beteuerte Nick und steckte das Geld ein. Grinsend dachte er an das liebevolle Wesen seiner Mom, die dieses verrückte Bedürfnis empfand, die ganze Welt zu bemuttern. Aber sie war ja auch mit fünfzehn Jahren von ihrem Vater aus dem Haus geworfen worden, als er von ihrer Schwangerschaft erfahren hatte. Nun bildete sie sich ein, sie müsste für alle jungen Leute sorgen, die sie für einsam oder vernachlässigt hielt.
Der Barkeeper servierte die Bohnen. Nach einem kurzen Blick auf den Teller schob Ash ihn zu Nick hinüber. »Hoffentlich bist du hungrig.«
O ja, dachte Nick. Aber zwei Portionen waren sogar für ihn zu viel. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er Ash noch nie bei einer Mahlzeit beobachtet hatte. »Essen Sie nie was?«
»Doch. Aber was ich brauche, steht nicht auf der Speisekarte.«
Dieses Thema wollte Nick nicht weiterverfolgen. Er runzelte die Stirn. »Da fällt mir ein - warum treffen wir uns am helllichten Tag? Wieso gehen Sie unter der Sonne nicht in Flammen auf?«
»Weil ich etwas Besonderes bin.« Als Ash nach seinem Bier griff, sah er aus den Augenwinkeln ein TV-Gerät und wandte sich zum Bildschirm. Soeben hatte die Nachrichtensendung begonnen. Ungläubig starrte er Zareks Gesicht an. In seiner Magengrube entstand ein flaues Gefühl.
Ein Kellner drehte den Ton lauter.
»... nach Ansicht der Polizei der Mann, der gestern Abend im Warehouse District eine Frau ermordet hat...«
»Verdammt«, fluchte Nick. »Kann ich meinen Augen trauen?«
Ash konnte nur nicken, während er die Webcam-Bilder verfolgte, die Zareks Kampf mit den Daimons und die Ankunft der Polizei zeigten.
»... die Polizei bietet eine hohe Belohnung für Informationen über den Verdächtigen.«
Einstimmig fluchten Nick und Ash, die das perfekte Phantombild von Zarek betrachteten.
»Jetzt sitzen wir in der Scheiße«, murmelte Nick.
»Bis zum Hals«, fauchte Ash, zog sein Handy hervor und verließ die Bar, um mit Zarek zu telefonieren. Dieses Gespräch durfte niemand belauschen.
Nick folgte ihm auf die Straße hinaus. »Was tun wir?«
Seufzend drückte Ash auf die Aus-Taste. »Sein Handy ist abgeschaltet. Vermutlich schläft er noch.«
»Ignorieren Sie meine Frage, Ash? Oder haben Sie mich nicht gehört?«
»Doch, Nick. Ich weiß es nicht. Jedenfalls müssen wir ihn verstecken. Mit diesem Film und dem Phantombild ist er so gut wie überführt.«
»Können Sie die Polizei an der Nase herumführen?«
»Keine Ahnung. Gegen die moderne Elektronik kann ich mit meinen Fähigkeiten nicht viel ausrichten, ich kann die Bullen bestenfalls ein bisschen ärgern...« Plötzlich verstummte Acheron, denn er sah etwas viel Schlimmeres als Zareks Gesicht auf dem Bildschirm. Angewidert stöhnte er und schaute zum Himmel hinauf, der sich allmählich verdunkelte. »Langweilst du dich da oben, Artie, oder was?«
»Eh? Was ist los?«
Ash wies mit dem Kinn in die Chartres Street, auf zwei
Gestalten, die direkt auf sie beide zukamen. Fast gleich groß, bewegten sie sich wie zwei gefährliche Raubtiere, langsam und rhythmisch. Sie spähten nach links und nach rechts, musterten alle Passanten, die ihnen begegneten, als suchten sie Gegner, Eroberungen oder Opfer. Von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, trugen sie lange Ledermäntel, die um ihre Biker-Stiefel wehten. Jeder hatte eine Hand in die Falten des Mantels gesteckt, als würde er eine Waffe verbergen.
O ja, das waren die bedrohlichsten Kreaturen, die Ash kannte. Insbesondere, weil sie jeden, der sie provozierte, ohne Zögern töten würden.
»Wer hat diese Hunde rausgelassen?«, fauchte er.
»Was?«, fragte Nick verwirrt.
»Da treiben sich zwei Mitglieder der Katagaria herum.« Die Katagaria waren Tiere, die menschliche Gestalt annehmen und ihre Opfer aussuchen konnten, wie es ihnen beliebte. So wie alle wilden Tieren waren sie tödlich und unberechenbar.
»O Gott«, wisperte Nick. »Erzählen Sie mir bloß nicht, das wären Schlächter.«
»Je nachdem, wen du danach fragst.«
»Was heißt das?«
»Die Arkadier würden sie Schlächter nennen. Aber für ihre Katagaria-Brüder sind sie Strati.«
»Und was bedeutet das Wort Strati ?«
»Das ist die Bezeichnung für Katagaria-Soldaten. Während die Schlächter wahllos jeden umbringen, der ihren Weg kreuzt, töten die Strati nur, um sich selbst und ihresgleichen zu schützen und ihr Terrain zu verteidigen.«
»Also gehören sie hierher?«
Ash schüttelte den Kopf und starrte die beiden Wölfe an,
die sich allmählich
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