Im Herzen der Wildnis - Roman
einen ähnlichen Wirbel von Gedanken und Gefühlen geraten würde? Ob er ebenso viel Angst davor haben würde wie sie, für ein Kind sorgen zu müssen und die Verantwortung für eine kleine Familie zu übernehmen?
Und vor allem – würde er sie überhaupt noch wollen?
Ein jäher Schmerz durchzuckte seine Brust und riss ihn aus dem Schlaf. Stöhnend warf Charlton sich auf den Rücken und versuchte, tief durchzuatmen, aber die Brust wurde ihm eng. Der Schmerz stach ihm in Herz und Lunge und stieg hinauf in seine Kehle, sodass er nach Atem rang.
Mühsam richtete er sich im Bett auf und schob die Bettdecke weg. Ihm war heiß, und er war nassgeschwitzt. Der Schmerz wurde noch stärker. Panik breitete sich in ihm aus.
Nicht schon wieder! Am letzten Wochenende dieses Herzflimmern, und nun …
Charlton schob die Decke vom Bett und lag reglos da.
Wie hatte es so weit kommen können, dass Josh während des Abendessens aufsprang und die Tür hinter sich zuschlug? Er hatte doch nur gefragt, wie der Junge den Tag verbracht hatte, nachdem er nicht ins Büro gekommen war. Joshs Blick, als er ihm sagte, er hätte ihr einen Heiratsantrag gemacht, den sie jedoch ablehnte, hatte Charlton ins Herz getroffen. Josh war verzweifelt gewesen, weil er den ganzen Tag vergeblich auf sie gewartet hatte. Aber sie war nicht zu ihm zurückgekehrt.
Mit meiner Forderung, endlich zu heiraten und für einen Erben zu sorgen, habe ich alles zerstört, dachte Charlton verzweifelt. Seine Liebe, sein Glück, seine Hoffnung, sie wiederzusehen. Und ich hatte ihm so sehr gewünscht, dass er sich verliebt und glücklich ist. Wie konnte ich ihn so bedrängen? Wie konnte ich ihm seinen Seelenfrieden nehmen? Seine Selbstbestimmung und seine Freiheit?
Ein neuer Schmerz in seiner Brust ließ ihn erstickt aufkeuchen. Zitternd kam er hoch, schwang die Beine über die Bettkante und setzte sich auf. Er war schweißnass. Schwankend stand er auf und taumelte zur Kommode hinüber, wo eine Karaffe mit Whiskey stand. Seine Hände zitterten so stark, dass er das Glas umstieß. Er goss sich zwei Fingerbreit ein und stürzte den Whiskey hinunter. Aber der Schmerz verging nicht. Die Kehle wurde ihm eng. Was hatte er getan!
Stöhnend torkelte er zur Schlafzimmertür und riss sie auf. »Josh!«, rief er schwach. »Bitte komm und rede mit mir! Josh! «
Traurig drückte Josh die Zigarette aus und sprang vom Bett, auf dem er gesessen hatte, um darüber nachzusinnen, was in den letzten Stunden geschehen war. Der Heiratsantrag, in den er so große Hoffnungen gesetzt hatte und den Shania abgelehnt hatte. Ihr Abschied ohne einen Kuss und ohne die Hoffnung auf ein Wiedersehen. Sein stundenlanges Warten auf ihre Rückkehr, die Verzweiflung und die Traurigkeit, sie verloren zu haben. Und dann das Abendessen …
Charlton ist zu weit gegangen!, dachte er traurig. Ich weiß, wie sehr ich ihn verletzt habe, als ich aufstand und ging, aber ich konnte nicht anders. Ich habe es nicht mehr ausgehalten. Ich wollte allein sein. Nachdenken. Packen.
Josh holte eine Tasche aus dem Schrank und stellte sie aufs Bett. Er zog die Schubladen der Kommode auf und warf die Kleidung, die er mitnehmen wollte, neben die Tasche.
So konnte er nicht leben. Nicht ohne sie. Er musste weg. Mit Ian reden und sich ihm anvertrauen. Sein Leben leben, mit seinem besten Freund und den Huskys. Er brauchte die grenzenlose Weite Alaskas, um tief durchzuatmen, das Abenteuer, um sich lebendig zu fühlen. Die Freiheit.
Es klopfte leise, und Sissy steckte den Kopf zur Tür herein. Sie sah ihn packen und trat ein. Seine Schwester trug ein Nachthemd. »Josh, was tust du?«
Er warf den Parka und die Mokassins aufs Bett.
»Er wollte dir nicht wehtun, Josh.«
»Ich ihm auch nicht«, entgegnete er schroff. »Und trotzdem haben wir es getan.«
»Du verschwindest wieder in die Wildnis.«
»Es ist besser, wenn Charlton und ich uns eine Weile aus dem Weg gehen.«
Sissy warf einen Blick auf sein Bett. »Du packst deine Winterausrüstung ein. Wie lange willst du in Alaska bleiben?«
Er sah sie nicht an. »Bis ich eine Entscheidung getroffen habe, wie ich mein weiteres Leben verbringen möchte. Ich kann und will so nicht weitermachen. Nicht ohne sie .«
»Und Grandpa?« Sissys leise Stimme klang hoffnungslos.
Er warf seine Winchester und die Munition aufs Bett.
»Josh, es geht ihm gar nicht gut.«
Er antwortete nicht, während er seine Ausrüstung in die Tasche stopfte. Hemden, Jeans, Pullover …
»Kannst du denn
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