Im Herzen Des Lichts
Konzentration gerissen wurde.
Samlor stieg von der obersten Sprosse auf den Mamorboden. Mit angehaltenem Atem versuchte er sich so ruhig zu bewegen wie eine Ente auf dem Wasser. Er setzte den Napataner ab und wurde sich seines Gewichts erst wirklich bewußt, nachdem er von ihm befreit war. Sofort begab er sich zum Schließmechanismus.
Khamwas’ Stimme war nun wieder zu hören, fast gebrochen vor Anspannung, während er immer wieder die gleichen Worte sprach. Schweiß von des Napataners Gesicht war beim Heraufsteigen auf Samlors linken Arm getropft.
Ein Stiefel des Karawanenmeisters rutschte, als er das Marmorstück zurückschieben wollte, das halb unter dem Randstreifen verschwunden war. Samlor kniete nieder und schob mit beiden schweißnassen Händen. Das Marmorstück glitt nun mit der gleichen lautlosen Bewegung, mit der es sich geöffnet hatte, in seine Stellung zurück.
Der Teich aus spiegelglattem Wasser senkte sich und bedeckte geräuschlos den Dämon.
Dieses Haus war kein Ort für Menschen. Nicht jetzt und wahrscheinlich auch nicht, bevor Setios’ Dämon sich befreit hatte.
»Ihr habt sie nicht herausgelassen, Meister Khamwas.« Stern berührte die Hand des Gelehrten, der jetzt kniete und vor Erschöpfung um Atem rang. »Sie spielen mit uns.«
»Kommt!« brüllte Samlor. Es gab zwar sicher eine Möglichkeit, die Innen- und Außentür von hier aus zu öffnen, aber er hatte nicht die Zeit, danach zu suchen. »Wir verlassen das Haus, wie wir hereingekommen sind.«
»Es sind sechs, Onkel Samlor!« erklärte Stern. »Sie spielen mit uns!«
Etwas kam aus dem Wandpfeiler neben der Treppe in den ersten Stock. Es war eine krallenbewehrte Hand wie die Pranke des Dämons in der Geheimkammer. Statt wie Rauch aus dem Stein zu strömen, brach sie heraus wie ein Küken aus dem Ei. Stein zersprang, wo die Hand tastete, und ein Teil der Wand begann sich zu heben.
Khamwas stand auf. Sein Gesicht war leer, und er schwankte vor Erschöpfung. Er überkreuzte den Stab wieder mit dem Arm und sprach schwach erneut die Worte der Macht.
Die Mauer, aus welcher die Gestalt des Dämons herausbrach, war eine tragende Wand. Die überbeanspruchten Dachträger ächzten, als sich Stuck in bis zu hundert Pfund schweren Brocken löste. Ein großes Stück krachte mitten in den Teich, und das Wasser spritzte durch die ganze Halle.
Samlor faßte seine Nichte mit einem Arm und Khamwas mit dem anderen. Er warf sie und sich selbst auf den Boden neben der nächsten Seitenwand. Ein für den Halt eines Querträgers eingefaßter Steinblock polterte auf die Galeriebrüstung und von dort in einem Hagel von Bruchstücken auf den Boden.
»Wir kommen durch die Hinterseite hinaus!« rief der Karawanenmeister, der das selbst bezweifelte. Die Wand, neben der sie durch die Galerie geschützt kauerten, zerbrach, als graue Klauen aus ihr herausdrangen.
Auf der gegenüberliegenden Seite der Eingangshalle löste sich die andere Seitenwand in einem Trümmerhagel auf. Er verbarg den Grund der Zerstörung, ohne einen Zweifel daran zu lassen. Einer der Dämonen umklammerte ein abgerissenes Menschenbein. Samlor glaubte zu wissen, wohin Setios und seine Diener verschwunden waren.
Sechs, hatte Stern gesagt. Wahrscheinlich fünf mehr, als sie brauchten, aber man hörte nicht einfach auf, nur weil man nicht gewinnen konnte.
Die drei Menschen standen auf und rannten gebückt zur hinteren Wand der Halle und der Tür dort.
Die vordere Hälfte des Hauses polterte krachend auf die Straße. Es erschien Samlor gar nicht so laut, bis ihm bewußt wurde, daß er nicht laut genug brüllen konnte, um von seinen Gefährten gehört zu werden, die er mit sich in den dürftigen Schutz der Türnische gezerrt hatte.
Dünne, unmenschlich große Gestalten schritten auf das Trio zu, während sie die Tonnen von Trümmerstücken abschüttelten, die auf sie heruntergekracht waren. Es waren ihrer vier, und der Steinhaufen, der nun den Boden der Eingangshalle bedeckte, hob sich schwankend, als sich der Dämon aus der Geheimkammer zu seinen Artgenossen gesellte.
Brennender Schmerz überschwemmte Samlor von einer Stelle an seiner rechten Hüfte, nachdem sie einen abgeprallten Steinbrocken abgefangen hatte, der ebensoviel wog wie er selbst. Die Innenwand, die das Haus teilte, war so fest gebaut wie die Außenmauern. Sie war verhältnismäßig unbeschädigt geblieben, als die Dämonen die vordere Haushälfte verwüstet hatten. Dieser Teil des Hauses war von allein eingefallen, nachdem
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