Im Herzen Des Lichts
sich auf der grünen Samtdecke.
Dubro seufzte rief und ließ sich auf ein Knie fallen. So konnte er Illyra in die Augen sehen und sie zwingen, in seine zu blicken. »Dann lies die Karten für mich. Frag sie, was ich tun muß, um dich glücklich zu machen.«
Illyra wich ihm aus und heftete den Blick auf die Karten, die sie wieder einsammelte. »Du weißt, daß ich das nicht kann. Ich liebe dich. Ich kann nicht sehen, was ich liebe.«
Sie hob den Blick und wollte Dubro beschämen, doch was sie in seinen Augen las, beschämte sie selbst. Er zweifelte an ihrer Liebe, und nun, da sie das wußte, erkannte sie, daß sein Zweifel nicht unbegründet war, denn sie zweifelte selbst daran. Der schlimmste Schmerz, den Illyra je gekannt hatte, rann wie ein Schauder ihren Rücken hinab. Die Karten fielen wieder auf den Tisch, als sie die Hände vor ihr Gesicht schlug. Sie hätte nie gedacht, daß Dubro in dem Augenblick, bevor er über den Tisch langte, um ihr Nacken und Schultern zu massieren, jedes Bild studieren und sich einprägen würde.
»Hätten wir reiche Verwandte oder eine einsame, von Seen und Bäumen umgebene Villa, würde ich dich wegschicken. Was dir zu schaffen macht, ist nur Freistatt!« sagte Dubro mit einer Beredtheit, die ihm wenige zugetraut hätten.
Illyra stellte sich die Villa vor und erkannte sie aus ihrer frühmorgendlichen Vision von Trevya. Schluchzen schüttelte sie, als sie ihre Gedanken von der Villa und ihrem Gatten löste.
»Was dann?« fragte Dubro nun weniger verständnisvoll.
»Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht.« Doch nun, obwohl sie die Art ihres Problems nicht zu erkennen vermochte, stolperte Illyra über etwas, das unter anderen Umständen den Grund ihrer Verzweiflung hätte offenbaren können. Zumindest für Dubro.
»Ich wachte heute morgen mit einer schlimmen Ahnung auf«, gestand sie. Sie log noch nicht, aber sie machte sich für diese Halbwahrheiten bereit, die sie gewöhnlich ihren Kunden auftischte. »Ich hoffte, ihr zu entgehen, aber dann kam diese Frau, und die Ahnung wurde zu einer Sicht. Sie wollte wissen, wohin ihr Liebster verschwunden war, und ich fand ihn - in Ketten im Bauch eines Schiffes irgendwo. Und obgleich ich nur sein Gesicht deutlich sah, erkannte ich, daß er nicht allein war, daß viele Männer versklavt worden waren.«
Dubro wurde nachdenklich, wie sie es erwartet hatte. Ketten waren aus Eisen, und Dubro kannte jeden in Freistatt, der mit diesem Metall am eigenen Leib zu tun gehabt hatte. Die blauen Augen wurden blicklos, als er seine Gedanken ordnete und deutete.
Illyra beobachtete die Bewegung seiner Pupillen, während er überlegte. Ihr schlechtes Gewissen schwand; sie hatte ihn dazu gebracht, über etwas anderes nachzudenken - aus dem sich vielleicht noch etwas Brauchbares ergeben mochte. Sie sammelte ihre Karten ein und wickelte sie in ein Stück Seide, ohne je einen Blick auf die aufgedeckten geworfen zu haben.
»Das ist etwas für deinen Bruder Walegrin«, sagte Dubro fest und nickte.
»Dann sag es ihm. Ich mache jetzt einen Spaziergang, vielleicht finde ich irgendwo einen Garten. Ich will nicht zur Kaserne gehen.«
Dubro brummte bestätigend, und Illyra unterdrückte einen Seufzer. Noch vor einem Jahr hätte ihr Gatte allein bei der Erwähnung des Namens Walegrin einen Wutanfall bekommen. Er hatte ihrem strohblonden Bruder die Schuld an all ihrem Unglück gegeben. Doch jetzt, seit Walegrin ihr Trevya gebracht hatte, war der Standortkommandant in ihrem Haus willkommen, und die beiden Männer verbrachten so manchen Abend gemeinsam in einer Schenke. Dubro war sogar so weit gegangen, die Kosten für die Anmeldung der Staatsangehörigkeit des Kindes im Rankanischen Reich mit ihm zu teilen.
Illyra konnte sich keine Unterhaltung, geschweige denn Freundschaft, zwischen den beiden wortkargen Männern vorstellen, hatte es auch nie wirklich versucht. Doch da wurde ihr klar, daß sie sich über sie unterhielten. Sie hatte sie durch die Mauer zusammengebracht, die sie um sich errichtet hatte. Doch die Erkenntnis weckte nicht den Wunsch nach Änderung.
»Unterhalt dich mit ihm. Am besten, du ißt auch gleich mit ihm. Ich glaube nicht, daß ich vor Sonnenuntergang zurück sein werde.«
Sie strich ihr Schultertuch zurecht und ging an ihm vorbei zur Tür, ohne ihn zu berühren. Geselle und Lehrling waren verschwunden. Trevya plärrte, obwohl Suyan sich große Mühe gab, sie durch Singen zu beruhigen. Nichts berührte Illyras Herz. Sie verschwand, ohne
Weitere Kostenlose Bücher