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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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lachte; und sein Lachen war wie das sanfte Plätschern eines kleinen Bergsees; oder alternativ dazu: wie eiskaltes Bier, das auf den Boden des Glases trifft. Björn blinzelte und machte sich unwillkürlich daran, sich die Schnürsenkel zuzuknoten.
    »Be curailin suine pel-riath mo«, [3] fuhr das Mädchen fort, und Björn fiel, ganz nebenbei bemerkt, auf, daß seine Augen wie … also, sie waren wie … na ja, es waren eben ganz schön hübsche Augen.
    »Hallo«, krächzte er. »Ich bin übrigens Björn. Uff.«
    Wieder lachte das Mädchen, und – Teufel auch! – diesmal konnte man den Hopfen beinahe schmecken. Dann nahm sie eine Erdbeere aus dem Korb und steckte sie ihm, bevor er ihn schließen konnte, in den Mund.
    »Ähm … danke. Vielen Dank auch.«
    Das Mädchen beugte sich vor und küßte ihn oben auf den Kopf, und der Duft seines Haars kam Björn wie die erste Zigarette nach einer zwölfstündigen Nachtschicht im Sprengstoffdepot vor. Dann kicherte das Mädchen, stand auf und ging davon.
    Etwa fünf Minuten später hörte Björn auf, auf die Stelle zu starren, wo das Mädchen gekniet hatte, und spuckte die Erdbeere aus. Das linke Bein war ihm eingeschlafen, und im Stiefel lief etwas Kleines und Haariges herum. Im Schatten eines Dickichts aus wildem Lorbeer lachten sich zwei scheue Kitze mit samtigen Geweihen krank.
     
    Jane schlug die Augen auf.
    Als ob das viel geholfen hätte. Falls einem die Augen von irgendeinem Nutzen sein sollen, ist es sinnvoll, wenn man sich nicht bei ausgeschaltetem Licht in einer fensterlosen Höhle Hunderte von Metern unter der Erde befindet.
    »Hallo«, sagte eine Stimme über ihr.
    Sie versuchte, sich zu bewegen, aber das war ebenfalls ein Reinfall. Irgendwer oder – was hatte wirklich ganze Arbeit geleistet und sie an etwas gefesselt, bei dem es sich ihrer Intuition nach um eine Eisenbahnschwelle handelte. Weit über ihrem Kopf, mehr oder weniger dort, von wo nach ihrem instinktiven Gefühl die Stimme hergekommen war, bemerkte sie ein dumpfes Knirschen, als schleiche eine Dampfwalze einen Kiesweg entlang.
    »Ist da jemand?« flüsterte sie.
    »Sehr gut, dann sind Sie also wach«, antwortete es aus der Dunkelheit. Wahrscheinlich handelte es sich um eine männliche Stimme, aber darüber hinaus war sie enorm schwer zu beschreiben. Sie wies weder einen Akzent auf, noch enthielt sie einen Hinweis auf das Alter des Sprechers; und wenn sie zufällig Englisch sprach, war das nach Janes Empfinden wahrscheinlich irgendeiner verteufelt guten Simultanübersetzungsanlage zuzuschreiben. »Ich heiße«, fuhr die Stimme fort, und dann folgte ein Name, den Jane nicht verstand, der sich aber ganz wie ›Augenschein‹ anhörte, was logischerweise nicht sein konnte.
    »Was tue ich hier?« verlangte Jane zu wissen.
    »Weiß ich nicht«, antwortete Augenschein. »Bei dem Licht kann ich nichts sehen. Finden Sie nicht, daß es hier drinnen furchtbar dunkel ist?«
    »Doch«, antwortete Jane, wobei sie sich redlich Mühe gab, das sich über den ganzen Körper ziehende Kribbeln zu ignorieren, das ziemlich genau dem Gefühl entsprach, das man ihrer Vorstellung nach haben müßte, wenn einem jemand mit einem Pfeifenreiniger das Mark aus den Knochen kratzt.
    »Dann soll ich also das Licht anmachen?«
    »Ja bitte.«
    Nun, hin und wieder sagen wir alle mal etwas Dummes, und Jane konnte das vorher ja nicht wissen. Folglich war, als auf einmal das Licht anging und sie unkontrolliert zu schreien begann, ein kleiner Teil ihres Gehirns in der Lage, mit felsenfester Überzeugung zu behaupten: »War nicht meine Schuld.«
    »He, stimmt irgendwas nicht?« erkundigte sich Augenschein.
    Als Antwort darauf schrie Jane noch ein bißchen mehr; eigentlich viel mehr. Selbst als das Licht wieder ausging, wimmerte und schnatterte sie noch beinahe zwei Minuten weiter, und das ist ganz schön lange.
    »Besser jetzt?«
    »Nnnnnn.«
    »Wie bitte?«
    »Mmmmmmmm.«
    »Ich hoffe, ich habe Sie nicht erschreckt«, sagte Augenschein. »Vielleicht hätte ich erwähnen sollen, daß manche Leute meine Erscheinung beängstigend finden. Ich selbst zum Beispiel«, fügte er hinzu.
    Jetzt verfiel Jane in ein kurzatmiges, schleimig rasselndes Keuchen.
    Die Stimme wartete einen Moment und räusperte sich dann leise. »Manchmal jagt mir mein Aussehen einen fürchterlichen Schrecken ein«, erzählte Augenschein. »Hängt ganz davon ab, in welchem Gemütszustand ich mich gerade befinde. Was übrigens meinen Namen angeht: Eigentlich lautet er

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