Im Himmel ist die Hölle los

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Autoren: Tom Holt

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vollständig ›Abteilungsleiter der Umprogrammierungsbehörde für geistig-seelische Erschütterungen‹, kurz AUGE. Meine Freunde nennen mich aber ›Augenschein‹, weil ich keine Augen habe, nicht mal eins.« Er hielt inne und fügte hinzu: »Ich fürchte, mein Aussehen spricht ein wenig gegen mich, oder finden Sie nicht?«
    »Mmmmmm.«
    Ein Seufzer war zu hören. »Früher lautete meine Berufsbezeichnung ›Rache-, Abrechnungs-, Mahnungs- und Bestrafungsoberamtsleiter‹«, fuhr Augenschein mit wehmütiger Stimme fort, »und das hat mir eigentlich recht gut gefallen, weil ich dann kurz ›Rambo‹ genannt werden konnte. Aber den Namen fanden die Jungs von oben zu negativ, deshalb wurde die Bezeichnung geändert. Heutzutage betont man gern den positiven Aspekt der Arbeit, die wir hier leisten. Das ist nämlich eine äußerst mühselige Tätigkeit.«
    Jane saß wie erstarrt da. Sie war sich der übermäßig langen Zeit bewußt, die der große Schweißtropfen brauchte, um die Nasenspitze zu erreichen, und ihr wurde klar – oder zumindest einem Teil ihres Gehirns, das in dieser Episode etwa die gleiche Rolle spielte wie das Orchester beim Untergang der Titanic –, daß Angst eine ganz andere Dimension darstellt.
    »Jedenfalls ist es mir egal, wie ich heutzutage genannt werde, jetzt, da ich die Möglichkeit gehabt habe, mich an meinen neuen Namen zu gewöhnen«, fuhr Augenschein fort. »Der Name ist wirklich recht treffend, weil die Leute Bestrafung so sehen, wie sie sie sehen wollen; deshalb erscheine ich jedem anders. Natürlich furchtbar, aber anders. Darum halte ich ›Augenschein‹ für einen ziemlich guten Namen, finden Sie nicht?« Die Stimme machte eine Pause. »Denn es liegt an Ihnen, wenn ich in Ihren Augen so erscheine, wie ich Ihrer Meinung nach aussehen soll, klar? Wie habe ich übrigens für Sie ausgesehen?«
    Jane mußte kräftig schlucken und dabei feststellen, daß ihr jemand direkt in den Hals eine breite Bahn aus Beton gegossen hatte. »Sie waren riesengroß«, antwortete sie. »Gewaltig groß. Und schleimig. Und an ihren Knochen haben noch kurze Fleischfetzen gehangen. Und dann waren da diese Maden …«
    »Aha.« Weit entfernt in der Dunkelheit war ein schwaches Schnüffeln zu vernehmen. »Offenbar haben Sie mich nicht gerade in meinem Sonntagsstaat erwischt.«
    »Hm.«
    »Maden haben Sie gesagt?«
    »Mhm.«
    »Welch grauenhafte Vorstellung«, stellte die Stimme mit Abscheu fest. »Ich muß sagen, Sie haben eine ziemlich eklige Phantasie. Vielleicht sollten Sie damit mal jemanden aufsuchen.«
    Es trat eine lange Stille ein.
    »Na ja«, fuhr Augenschein schließlich fort, »das ist ja alles schön und gut, bringt uns aber kein Stück weiter. Hören Sie, würde es Sie sehr stören, wenn ich es nur ein klein bißchen heller mache? Ich verspreche auch, mich aus Ihrem Blickfeld herauszuhalten. Nur, wissen Sie … also die Wahrheit ist, daß ich im Dunkeln irgendwie nervös werde. Wahrscheinlich liegt das daran, daß ich Angst habe, mir da irgendwo selbst zu begegnen. Maden …«, wiederholte er angewidert. »Sachen gibt’s …«
    »Nur zu«, entgegnete Jane mit zitternder Stimme. »Ich mache die Augen zu.«
    Ein Kücken war zu hören, und dann durchdrang ein schwacher Schimmer die Dunkelheit wie in Löschpapier einziehende Tinte. »Viele meiner Gäste stellen fest, daß es im Grunde nichts nützt, die Augen zu schließen«, merkte Augenschein an. »Passen Sie auf, ich verstecke mich hinter dem Schwungrad. Dann können Sie mich nicht sehen.«
    Langsam und bedächtig zählte Jane bis zehn. »Fertig?« rief sie.
    »Fertig.«
    Sie öffnete die Augen. Zu ihrer grenzenlosen Erleichterung war alles, was sie sah, eine riesige Maschine. Dabei handelte es sich nicht um eine Anlage, die beispielsweise einer gewöhnlichen Druckerpresse oder einem hydraulischen Widder ähnelte; stellen Sie sich vor, ein Topbühnenbildner hätte den Auftrag erhalten, eine Maschine für Aufnahmen zu einem Horrorfilm zu entwerfen – so sah diese hier aus. Aber wirklich von einem absoluten Topbühnenbildner.
    »Wo bin ich?« flüsterte sie.
    »Wissen Sie, es ist erstaunlich, wie viele Leute das fragen«, antwortete Augenscheins Stimme hinter der Maschine. »Bevor ich hier zu arbeiten anfing, dachte ich immer, das sei nur in Büchern so. Sie befinden sich in der Abteilung für Gerechtigkeit.«
    Jane riß die Augen immer weiter auf, bis ihr Gedächtnis sie ermahnte, damit aufzuhören. »Abteilung für Gerechtigkeit?« hakte sie