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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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nach.
    »Richtig, Sie haben es. Wie Sie wahrscheinlich schon vermutet haben, ist das hier der Maschinenraum. Was Sie da gerade anblicken, sind die eigentlichen Mühlen Gottes.«
    »Die zwar langsam mahlen, aber trefflich klein, meinen Sie?«
    »Genau die«, antwortete Augenschein. »Im Grunde tun sie das nicht, jedenfalls im Moment nicht. In diesem Augenblick mahlen sie eher grob und trefflich bröckelig. Genaugenommen mahlen sie während fünfundneunzig Prozent der Zeit überhaupt nicht.«
    »Schön und gut, aber sagen Sie mal, was mache ich eigentlich …?«
    »Erstens«, fuhr Augenschein unbeirrt fort, »weil das Gewinde der Mutter auf der Antriebswelle, die das Schwungrad mit der Kurvenscheibe verbindet, überdreht ist und man – unglaublich, aber wahr – in dieser Größe keine Muttern mehr bekommt, da sie heutzutage alle metrisch sind. Zweitens weil man es sich, selbst wenn sich die Mühlen in voll betriebsfähigem Zustand befänden, schon wegen des Kohlepreises nicht leisten könnte, sie länger als eine Stunde lang täglich laufen zu lassen. Und drittens … na ja, im Grunde sogar hauptsächlich deshalb, weil in der heutigen Zeit praktisch keine Nachfrage mehr nach den Mühlen besteht.«
    »Gut«, sagte Jane. »Hören Sie, warum bin ich an dieses Holzstück gefesselt, und was mache ich …«
    »Theoretisch bin ich der Grund, weshalb die Mühlen nicht mehr benötigt werden«, fuhr Augenschein fort, und Jane fragte sich allmählich, ob die Maden wirklich das am wenigsten Erträgliche an ihm waren. »›Deautomatisierung‹ nennen die das jetzt. Ist im Moment ganz groß in Mode. ›Wer braucht noch Maschinen, wenn man Arbeitskräfte haben kann?‹ meinen die da oben. Offenbar interessiert es sie nicht die Bohne, welche Auswirkungen das auf das Leben Hunderttausender einfacher …«
    Jane hustete laut. »Entschuldigen Sie, aber …« Ihre Worte verhallten ungehört.
    »›Wer braucht schon Gerechtigkeit?‹ sagen die«, leierte Augenschein eintönig weiter. »Ein völlig überholtes Denkmodell sei das, die Übermenschheit habe sich seit jenen dunklen und fernen Zeiten weiterentwickelt und so weiter. Jedenfalls ist deren Absicht, die Gerechtigkeit stufenweise abzuschaffen und durch Bestrafung zu ersetzen. Entschuldigung, durch die Umprogrammierung geistig-seelischer Erschütterungen. Das bin praktisch ich«, fügte er verbittert hinzu. »Und natürlich durch Rehabilitation. Die muß sich hier auch irgendwo aufhalten.«
    Jane schluckte. »Ehrlich?«
    »Leider ja«, seufzte Augenschein. »Furchtbar zu schaffen macht die einem. Gegen die sehe ich übrigens aus wie Tyrone Power.«
    »Aha.«
    »Nach dem zugrunde liegenden Gedanken«, erklärte Augenschein unfreundlich, »mag die Bestrafung zwar abscheulich sein, ist aber aller Wahrscheinlichkeit nach wenigstens recht aufregend, wohingegen die Rehabilitation einfach unglaublich sinnlos und langweilig ist. Diesbezüglich haben die da oben auf jeden Fall recht.«
    Diese Behauptung mußte Jane erst einmal verdauen. »Gibt es noch mehr von Ihrer Sorte?« fragte sie vorsichtig.
    »Ganztags nicht«, antwortete Augenschein. »Natürlich ist da noch Regierung, aber die kommt nur zweimal morgens in der Woche. Wenn Sie mich fragen, ist das auch gut so, denn in der Küche gibt es nur zwei richtige Kaffeetassen, und wenn ich eins nicht ausstehen kann, dann ist das, meinen Morgenkaffee aus einem großen Becher trinken zu müssen.«
    »Regierung?«
    »Außerdem ist da Snoopy drauf«, fuhr Augenschein fort. »Ich könnte schwören, daß davon die Milch gerinnt. Ach ja, Regierung. Wissen Sie, in einer Demokratie bekommen die Leute normalerweise die Regierung, die sie verdienen.«
    »Ah ja, selbstverständlich. Hören Sie, was mache ich hier eigentlich?«
    Es trat eine lange, lange Stille ein, in deren Verlauf sich auch die Verlegenheit zu der ganzen Schar anderer unerfreulicher Dinge gesellte, die sich in der verbrauchten Luft herumtrieben.
    »Hören Sie, das war nicht meine Idee«, antwortete Augenschein schließlich. »Ich kann überhaupt nichts dafür.«
    »Bitte …«
    »Ich meine, es ist schon schlimm genug, hier in der Dunkelheit und Feuchtigkeit eingesperrt zu sein und als einzige Gesellschaft Rehabilitation zu haben«, beklagte sich Augenschein, wobei er wieder etwas von seinem gewohnten Schwung bekam. »Das einzige Kartenspiel, das sie kennt, ist übrigens Schnippschnapp, weil sie natürlich was gegen Glücksspiele hat. Mogeln tut sie auch noch.«
    »Warum …«
    »… Sie

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