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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Gänger eine ganz schöne Überraschung. »Jetzt mal langsam«, bremste er. »Von Abblasen habe ich gar nicht gesprochen. Ich habe lediglich gesagt …«
    Der Personalchef blickte verblüfft und bestürzt zugleich drein. »Sie haben vorhin selbst gesagt, das Mädchen sei zu einer Belastung geworden«, erinnerte er Gänger. »Darin stimme ich völlig mit Ihnen überein. Übrigens, was in aller Welt hat Sie eigentlich dazu getrieben, allen ihren Forderungen nachzugeben – bezüglich des Gehalts und so weiter? Daß sie bloß als Auszubildende in der Buchführung arbeitet, ist Ihnen doch klar.«
    »Moment mal, jetzt!« Gänger war ausgesprochen aufgeregt, und sein Lächeln schmolz dahin und tropfte ihm wie auslaufende Marmelade aus einem Doughnut von den Mundwinkeln herab. »Ich konnte nichts dagegen machen, das Mädchen hat nämlich so etwas wie einen unbändigen Willen«, rechtfertigte er sich. »Irgendwie ist sie einfach auf mich losgegangen und hat mich überrumpelt.«
    Der Personalchef nickte verständig. »Na gut, dann wäre es wohl allmählich an der Zeit, sie auf jemand anderen hier im Haus losgehen zu lassen.«
    Wieder herrschte Schweigen. In der Zimmerecke erlitt – von niemandem bemerkt – eine der versteckten Wanzen eine Funktionsstörung und begann damit, die BBC-Weltnachrichten in den Abhörraum zu übertragen.
    »Und auf wen zum Beispiel?« erkundigte sich Gänger vorsichtig. »Ich glaube fast, Sie führen irgendwas im Schilde.«
    »Ich?« Dem Personalchef gelang es, in sehr anerkennenswerter Weise die bestürzte Unschuld zu mimen. »Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie etwas im Schilde geführt. Mir fiel nur eben ein, daß es, wenn diese junge Frau in gewissen Kreisen Kritik hervorruft, für uns an der Zeit wäre, sie auf ihre Kritiker loszulassen. Was meinen Sie dazu?«
    »Ich weiß nicht recht.« Gänger stand auf und ging zum Fenster hinüber, wobei er versehentlich auf eine weitere Wanze trat und sie zerquetschte. Sie war von dem Auszubildenden installiert worden, dem keiner etwas davon gesagt hatte, die Wanzen dort anzubringen, wo niemand darauf treten konnte. »Das könnte die ganze Geschichte nämlich durchaus verschlimmern. Schließlich kann es nicht in unserer Absicht liegen, eine Konfrontation heraufzubeschwören.«
    »Ach, wirklich?«
    »Na ja, zumindest nicht solch eine Konfrontation.« Allmählich wies Gänger Anzeichen großer innerer Anspannung auf; das heißt, er selbst erschien vollkommen normal, doch seine Schnürsenkel banden sich von allein auf und verschlangen sich dann wieder zu phantastisch verworrenen Knoten. »Woran hatten Sie denn überhaupt gedacht?«
    Der Personalchef lächelte; zumindest verzog er die Lippen wie den Vorhang eines altmodischen Proszenium-Theaters über die ganze Breite des Gesichts. »Eigentlich an nichts allzu Dramatisches«, antwortete er. »Ich finde nur, das Mädchen hat sich auf diesem Gebiet als vollkommen tauglich erwiesen, warum also nicht mit dieser Jane einen Versuch in der Verwaltung wagen? Wenn sie den ganzen Tag hinter einem Schreibtisch sitzt, kann sie schließlich nicht viel Schaden anrichten, oder?« fügte er unbekümmert hinzu.
    »Ich weiß nicht recht«, entgegnete Gänger mit ausdrucksloser Miene. »Meinen Sie wirklich?«
    Der Personalchef lehnte sich auf dem Stuhl zurück und setzte vergnügt die Fingerspitzen gegeneinander; ihm schien die Idee zu gefallen. »Zumindest sollten wir’s auf einen Versuch ankommen lassen«, schlug er vor und fügte rasch hinzu: »Ach, übrigens noch was.«
    Wenn man lange in einem Büro gearbeitet hat, wo Gedankenlesen eher die Regel als die Ausnahme ist, dann nimmt man, ob man nun will oder nicht, ganz automatisch Feinheiten in der Mimik seines Gegenübers wahr, ähnlich wie sich ein Telefon mit der Tatsache abfinden muß, daß es immer Leute gibt, die es für ein Telefonat benutzen wollen, ob es dazu nun in der Stimmung ist oder nicht. Zwar blieb Gängers Gesicht ausdruckslos, aber dafür zerriß einer seiner Schnürsenkel ganz von selbst, als er fragte: »Ja, was denn?«
    »Da wir beim Thema Wanzen sind …«
    »Ja?«
    »… gestern bin ich bei einem Psychiater gewesen«, berichtete der Personalchef. Er wartete kurz auf irgendeinen scherzhaften Einwurf seines Gesprächspartners und fuhr dann fort: »Ich habe ihm erzählt – und wie es nun einmal so ist, entsprach nichts davon der Wahrheit –, ich hätte in den letzten Wochen diese seltsame Vorstellung gehabt, daß irgend jemand meine Gedanken

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