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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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oder?
    Wahrscheinlich lag das daran, daß er eben ein Er war.
    Unter dem Grill stieg in Ringeln Rauch auf, und Jane seufzte. »Eine Spezialität des Hauses, Toast à la Pucelle«, murmelte sie vor sich hin. Dann nahm sie ein Messer und kratzte die verkohlte Scheibe ab, bis sie vor einem riesigen schwarzen Krümelhaufen und einem etwa fünfzig Quadratzentimeter großen Toastrest stand.
    Die Erfüllung durch meine Arbeit, das ist es, was ich gefunden habe, sprach sie sich Mut zu. Nämlich dieses herrliche Gefühl, daß ich die Welt verbessere. Daß ich die Welt wirklich verbessere. Oder verbessern werde.
    Das alles hatte ihr der Personalchef erklärt. Ja, sie hatte auf einen Schlag sämtliche Probleme persönlicher zwischenmenschlicher Beziehungen aus dem Weg geräumt, aber ganz so einfach ging das alles selbstverständlich nicht vonstatten. Der Vorgang wurde nämlich durch eine ins Programm eingebaute Sicherung verlangsamt, weil die Kunden keinen Unterschied zu vorher merken sollten. Es wäre nicht gut für sie, wenn sie etwas bemerken würden, weil sie dann unruhig werden und an irgendwelche Dinge glauben könnten, was schlecht für die Moral wäre. Auf diese Weise werden sie für immer glücklich sein, ohne etwas davon zu merken, sinnierte Jane mit Verbitterung, und darum werden sie weiterhin unglücklich sein, genau wie früher.
    »Sicher, aber vergiß nicht, daß es mir immerhin gelungen ist, sie dazu zu bringen, die Sonne zu ersetzen«, sagte sie zum Wasserkocher. »Ich meine …«
    Der Wasserkocher blickte sie an, ohne etwas zu sagen. Das mußte er auch gar nicht. Jane sah zur Seite und versuchte, steinharte Butter auf die Toastscheibe zu drücken, die so zerbrechlich wie Porzellan und entsprechend anfällig gegen zu grobe Attacken war.
    Am Ende hatte sie sich nichts vorzuwerfen. Je weniger sie sich vorzuwerfen hatte, desto besser, und bisher betrug ihre Erfolgsquote in dieser Hinsicht einhundert Prozent.
    »Ach, zur Hölle damit!« fauchte sie die Küchenuhr an. »Wenn ich schlau wäre, würde ich wieder bei Burridge’s anfangen. Dann hätte ich wenigstens die Gewißheit, um halb sechs Feierabend zu haben.«
    Die Uhr tickte. »Eine tolle Hilfe bist du mir«, fuhr sie zornig fort. »Trotzdem muß ich mit dir reden; wenn ich nämlich erst mal damit anfange, Selbstgespräche zu führen, bedeutet das, daß ich verrückt werde.«
    Die letzten paar Toastbruchstücke warf sie in den Mülleimer und nahm sich vor, sich im Bahnhof ein Sandwich zu kaufen. Der Bahnhof … Nun ja, es handelte sich um eine etwas andere Art des Pendelns: im Bus bis Waterloo, mit dem Zug nach Salisbury, umsteigen nach Amesbury, per Bus nach Stonehenge und von dort aus der direkte körperliche Transfer ins Büro. Sofern es natürlich keinen Bummelstreik oder Reparaturarbeiten an den Gleisen gab; in dem Fall wurde sie zur Großen Wolke des Unbekannten umgeleitet und mußte versuchen, dort ein Taxi zu finden.
    »Und du kannst auch die Klappe halten!« schnauzte sie die Eieruhr an.
    Tief in ihrem Hinterkopf, zwischen den fast vergessenen Geburtstagen und verschimmelten Brocken Mathematik aus Zeiten der Mittelschule, hustete scheu ein kleiner und extrem unterbezahlter Mitarbeiter und wies Jane darauf hin, daß an der ganzen Situation wahrscheinlich irgend etwas grundlegend falsch sei, und fuhr dann fort: Entweder arbeitet man auf der Erde, dann hat man eben diese ganze Mühe, aber man bleibt wenigstens ein menschliches Wesen, das so etwas wie menschliche Tätigkeiten verrichtet, plus das Bügeln; oder man arbeitet im Empyreum und braucht sich nicht mit materiellen Dingen abzugeben. Und da wir schon mal beim Thema sind, fügte er mit einem ängstlichen Blick über die Schulter hinweg flüsternd hinzu, ich weiß nicht, wie du das siehst, aber ich finde, an der ganzen Geschichte mit deiner Arbeit stinkt irgendwas gewaltig zum Himmel, und das alles paßt überhaupt nicht zusammen, weil …
    Über dieses Thema hätte er sich noch genauer ausgelassen, wäre nicht etwas Gewaltiges, Pantherartiges und offenkundig Fremdes aus der Finsternis am Rand des Unterbewußtseins hervorgesprungen und hätte ihm den Kopf abgebissen. Die kleine Gruppe von Gedanken, die sich versammelt hatte, um ihm zuzuhören, löste sich panikartig auf. Sekundenbruchteile später kamen seltsame Gestalten in schwarzen Overalls und räumten die Schweinerei weg.
    »Ich lasse dich stehen, bis ich wieder nach Hause komme«, sagte Jane zum Abwasch. »Du meine Güte, ich muß mich sputen.

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