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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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verstehe. In Zukunft trägt dann jedermanns Traum kleine Linienmuster in der unteren rechten Ecke, was?«
    »Die könnte man ja als Gitter tarnen«, schlug Jane vor. »Oder als stillstehende Zebras oder so was Ähnliches. Dazu braucht man nur ein bißchen Phantasie.«
    »Sie haben vergessen, mir mitzuteilen, wie wir die Träume ohne Laufburschen zustellen sollen«, merkte der Traummeister an.
    »Ach, tatsächlich?« Jane lächelte. »Natürlich per Fax. Direkte unmittelbare Übertragung, Gehirnwelle auf Gehirnwelle. Und außerdem alles außerhalb der Spitzenzeiten. Das wird nicht nur billiger, sondern ist auch schneller und vertraulicher.«
    »Ich verstehe.« Mit der siegesgewissen Miene von jemandem, der einen Trumpf ausspielt, beugte sich der Traummeister vor. »Und was ist mit Wundern?« verlangte er in scharfem Ton zu wissen.
    »Wie bitte?«
    »Was ist mit Wundern?« wiederholte der Traummeister. »Blut, das vom Himmel regnet. Geisterheere, die in den Wolken kämpfen. Froschplagen.«
    Jane schüttelte den Kopf. »Damit muß jetzt einfach Schluß sein«, antwortete sie. »Ich meine, als Informationsquelle haben Frösche längst ausgedient. Dasselbe gilt für irgendwelche Plagen und Katastrophen.« Sie machte eine Pause, um einen eingerissenen Fingernagel zu untersuchen, und fuhr dann fort: »Sie müssen den veränderten Kundenwünschen Rechnung tragen. Wenn sich heutzutage irgendeine Katastrophe ereignet, rennen die Leute nicht gleich zum nächsten Wahrsager. Die sind viel zu sehr damit beschäftigt, Rockkonzerte zur Soforthilfe zu organisieren.« Mit den Händen machte sie eine ausdrucksvolle Geste. »Letztendlich läuft alles auf die Kosteneffektivität hinaus«, faßte sie zusammen. »Zeit und Nutzen, wenn Sie so wollen. Zeit insofern, als man sie nicht vergeudet, und Nutzen, weil man nichts bloß der Form halber tut.«
    »Ach, tatsächlich.«
    »Jedenfalls wird das alles in meinem Bericht stehen«, beendete Jane ihre Ausführungen, während sie aufstand. »Ich nehme an, Sie werden Ihre Ausfertigung zu gegebener Zeit erhalten.«
    Auch der Traummeister erhob sich und schlug plötzlich mit der Faust auf den Schreibtisch. »Für wen halten Sie sich eigentlich?« brüllte er sie an.
    »Immer sachte.« Jane musterte ihn ausgiebig. »Ich bin sterblich. Oder, wenn Sie es lieber aus einem anderen Blickwinkel heraus betrachten, ich bin eine Ihrer verdammten Kundinnen. Eine der Endverbraucherinnen. Eine dieser bedauernswerten Seelen, die die Dienste in Anspruch nehmen muß, die Ihre ganzen beschissenen Abteilungen tatsächlich leisten. Mit anderen Worten: ich bin eine Durchschnittskundin.«
    Der Traummeister grinste. »Genau«, stimmte er zu.
    Jane setzte sich wieder, neigte den Kopf ein wenig zur Seite und zog neugierig eine Augenbraue hoch. »Fahren Sie fort«, bat sie.
    »Überlegen Sie doch mal«, entgegnete der Traummeister. »Auf der einen Seite sind die Sterblichen« – er nahm den Hefter vom Schreibtisch, bewegte ihn fünfzehn Zentimeter nach links und setzte ihn dort mit Entschiedenheit ab –, »und auf der anderen stehen wir.« Er hob seine Kaffeetasse hoch und stellte sie vorsichtig auf einen Stapel Belege für die Portokasse. »Verstanden?«
    »Nein.«
    »Dann werde ich es Ihnen erklären. Sterbliche haben es leicht. Sie werden geboren, lungern ein paar Jahre herum und sterben. Wir dagegen müssen hier arbeiten. Sterbliche …« Er schob den Hefter vom Schreibtisch und ließ ihn in den Papierkorb fallen. »Aber wir sind anders. Wir bleiben für immer.« Er hob die Kaffeetasse hoch, an deren Boden ein Blatt Papier festgeklebt war, und stellte sie wieder ab. »Das müssen Sie sich klarmachen, wenn Sie hier arbeiten wollen.«
    »Eine weitere Angelegenheit, die in dieser Abteilung nicht in Ordnung ist«, stellte Jane nach einer langen Pause fest, »ist die skandalöse Vergeudung von völlig funktionsfähigen Büroartikeln.« Sie holte den Hefter aus dem Papierkorb hervor, entstaubte ihn und stellte ihn auf den Schreibtisch zurück. »Wenn ich Sie richtig verstehe, dann stehen Sie meinen Vorschlägen nicht gerade wohlwollend gegenüber, nicht wahr?«
    »Das könnte man so sagen.«
    Jane seufzte. »Und Sie glauben auch nicht, daß es bei irgend jemandem sonst der Fall sein wird?«
    Der Traummeister schüttelte den Kopf. »Ich gebe Ihnen mal einen Rat. Versuchen Sie, es in den Kopf hineinzukriegen, daß Verbesserungen nicht unbedingt gut sind. Im Grunde stellen sie gewöhnlich das genaue Gegenteil dar«, fügte er

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