Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition)
Kind vor den Eltern geht, aber Matthias und ich sind dankbar für die Zeit, die wir mit Ben verbringen durften. Es fällt mir oft schwer, so zu denken, aber es gibt mir die Kraft weiterzuleben. Von Matthias soll ich dich übrigens ganz lieb grüßen. Ich habe ihm gesagt, dass du heute kommst, aber er kann nicht früher von der Arbeit weg. Er würde sich freuen, wenn er dich demnächst auch mal wiedersehen könnte.«
Aufmerksam habe ich ihr zugehört, und bei ihren Worten ist mein Herz wieder ein klein wenig leichter geworden. Es hat mir gut getan, offen über meine Gefühle für Ben zu sprechen.
Noch einmal drückt Karin meine Hand, dann steht sie auf und sagt: »Ich habe noch etwas für dich.«
Kurze Zeit später legt sie mir zwei Konzertkarten von Herbert Grönemeyer in die Hand. Das Konzert hat bereits am 13.06.2011 in Köln stattgefunden.
»Er wollte mit dir dort hingehen. Ich weiß das, weil er mir gesagt hat, dass er die Karten für euch online bestellt hat und sie zu uns geschickt werden würden. Er wollte sie dir schenken und dir dabei sagen, dass er nur noch bis Ende Mai in London bleibt. Man hat ihm einen Job in Düsseldorf angeboten.«
»In Düsseldorf? Er hat immer von Frankfurt geredet.« Habe ich ihn, meinen besten Freund, vielleicht doch nicht so gut gekannt, wie ich immer gedacht habe? Von den letzten wichtigen Entscheidungen in seinem Leben habe ich jedenfalls überhaupt nichts mitbekommen. Ich kämpfe unglücklich gegen die Tränen an.
»Mit Düsseldorf wollte er dich überraschen. Er hat eine Menge Spaß gehabt bei dem Gedanken, wie sehr du dich freuen würdest, wenn er dir das erzählt. Er wollte es dir unbedingt persönlich sagen.«
»Ich dachte eigentlich, er wollte mir an dem Tag von seinen Hochzeitsplänen erzählen.«
»Davon weiß ich nichts. Aber ich bin auch davon ausgegangen, dass du es zu dem Zeitpunkt schon wusstest. Für uns kam die Verlobung auch sehr überraschend. Nathalie ist ein nettes Mädchen, aber die beiden kannten sich ja kaum. Ehrlich gesagt habe ich eigentlich damit gerechnet, die Sache würde sich von alleine wieder in Luft auflösen.«
»Habt ihr denn noch Kontakt?«
»Wenig. Ihre Mutter hat mir letztens erzählt, Nathalie habe sich wieder verliebt. Und das ist auch gut so. Es ist jetzt über ein Jahr lang her, und das Leben geht weiter …«
Das Leben geht weiter, auch ohne Ben. Aber es ist bei Weitem nicht mehr so schön.
Ben konnte Herbert Grönemeyer nicht ausstehen. Er hat nie verstanden, was mir an dem Rumgeheule, wie er es gerne nannte, so gut gefallen hat. Und er war Meister darin, Grönemeyer zu parodieren, um mich damit zu ärgern. Trotzdem halte ich gerade zwei Konzertkarten in der Hand.
Auf dem Weg nach draußen schaue ich nach oben und lächele den Himmel an. »Das wäre was geworden, wir beide gemeinsam auf einem Grönemeyer-Konzert.«
Zu Hause greife ich sofort zum Telefon und rufe meinen Vater an. Das Gespräch mit Karin hat mich irgendwie weicher und vor allem offener werden lassen. Ich weiß, dass mein Vater mich liebt, auch wenn er nicht gerade begabt darin ist, mir das zu zeigen. Außerdem habe ich einen kleinen Halbbruder, den ich sehr gerne kennenlernen möchte.
»Papa, hier ist Marly. Ich wollte dich fragen, ob ihr zwei nicht morgen zum Frühstücken kommen wollt?«
Erfreut sagt mein Vater zu. Ich habe beschlossen, ihn und Lukas erst einmal ohne Rici zu treffen. Freundschaft können die Kinder später immer noch schließen.
Mir fällt wieder ein, dass Georg heute Abend um neunzehn Uhr noch einmal wiederkommen wollte, um die Heizung zu reparieren. Ich überlege einen Moment, ob ich den Termin absage, weil ich hundemüde bin. Aber als ich das Chaos in der Küche sehe, entscheide ich mich anders. Da mir noch ein Stündchen bleibt, lege ich mich noch schnell auf die Couch, um mich ein wenig auszuruhen.
Sofort nicke ich ein, um pünktlich eine Stunde später durch die Klingel wieder geweckt zu werden. Georg hat das seltene Talent, mich immer schlafend zu erwischen. Schnell springe ich auf und öffne die Tür. Dabei merke ich, dass ich meinen Kopf kaum noch zur linken Seite drehen kann. Bestimmt habe ich beim Nickerchen auf der Couch falsch gelegen und mir einen Nerv ganz blöd eingeklemmt.
In Jeans und weißem T-Shirt sieht Georg verdammt gut aus. Bisher ist mir seine knackige Figur gar nicht weiter aufgefallen. Ich habe ihn eher als groß und breitschultrig empfunden. Aber als er nun vor dem Heizkörper auf dem Boden kniet, kann man
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