Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition)
Leistengegend berühren dürfe, aber nachdem er mich zuvor schon durch wenige Handgriffe von meinen Nackenschmerzen befreit hatte, war ich zu allem bereit. Ich lag also, nur in Unterwäsche bekleidet, auf der Behandlungsliege und beobachtete Georg, wie er mit seinen Händen abwechselnd rechts und links in meine Leiste drückte. Als er bemerkte, dass ich ihn dabei nicht aus den Augen ließ, lachte er. Dann erklärte er mir, ich solle locker bleiben und meinen Kopf gerade auf der Matte liegen lassen, sonst könne ich mich womöglich nach der Behandlung gar nicht mehr bewegen. Ich gehorchte ihm und versuchte, mich zu entspannen, was mir allerdings nicht so recht gelang. Georgs warme Hände in unmittelbarer Nähe meines Slips machten mich doch ein wenig nervös.
Am Ende der Behandlung fragte mich Georg, ob mich zur Zeit irgendetwas belasten würde, weil mein Energiefluss gestört sei. Und dann übermittelte er mir die freudige Nachricht über meine Gebärmutter. Er erklärte mir, ihr Schiefstand sei die Ursache für viele meiner Probleme, unter anderem auch prämenstruelle, und dass ich tendenziell immer Schwierigkeiten auf meiner linken Körperseite bekommen würde. Mit ein paar Sitzungen würde man das Problem aber in den Griff bekommen, denn er könne zumindest meine körperlichen Blockaden lösen.
Über meine seelischen Blockaden, die mich momentan belasten, habe ich Georg nichts erzählt. Ich bin froh, dass ich mich wieder einwandfrei bewegen kann, und freue mich darauf, mich ungezwungen unter Leuten bewegen zu können.
Dass einiges los ist in Micks Garten, kann man schon von Weitem hören.
»Beschweren sich die Nachbarn nicht? Den Bass kann man ja fast körperlich wahrnehmen.«
»Die Nachbarn wurden alle rechtzeitig vorgewarnt und taktisch klug auch eingeladen. Außerdem kennen sie das Spektakel ja schon. Es findet einmal im Jahr statt – und das schon seit Jahren. Wir sind übrigens gleich da. Da vorne wohnt er.«
Micks Haus liegt etwas abseits in einer Sackgasse. Es grenzt direkt an ein Feld, viele direkte Nachbarn gibt es also nicht. Als wir unsere Fahrräder an eine Mauer lehnen und abschließen, hört die Musik gerade auf zu spielen. Wir betreten den Garten, und ein Mann kommt auf uns zu. Er hat langes, blondes Haar, das er hinten zusammengebunden trägt. Als er näher kommt, erkenne ich, dass es aus vielen kleinen Rastalocken besteht, die sein markantes gebräuntes Gesicht umrahmen. Irgendwie passen seine sehr männlichen Züge so gar nicht zu seiner restlichen Aufmachung. Er trägt tatsächlich Jeansshorts und darunter geringelte Strumpfhosen in knallbunten Farben. Hätte er zwei abstehende rote Zöpfe, könnte man ihn für eine männliche Pippi Langstrumpf halten.
»Hallo Mick«, sagt Georg. »Seid ihr schon gut in Fahrt?«
»Jap, wir haben vor einer halben Stunde angefangen und machen gerade Pause. Wen hast du denn hier dabei?«
»Das ist Marlene.«
Verzückt stehe ich neben Georg und lausche der Stimme des Mannes, der mir gerade seine Hand entgegenstreckt. Irgendwo habe ich die Stimme schon mal gehört.
»Kennen wir uns vielleicht?«, frage ich mit einem Seitenblick auf Georg.
»Mick ist Synchronsprecher. Mit Sicherheit hast du ihn schon das ein oder andere Mal gehört.«
»Echt?« Sofort fange ich fieberhaft an darüber nachzudenken, wo ich die Stimme einordnen kann. Mit Ben habe ich mir immer regelrechte Wettkämpfe geliefert, wenn wir gemeinsam einen amerikanischen Film gesehen haben und uns eine deutsche Stimme irgendwie bekannt vorkam. Dann ging es darum, wer zuerst errät, welche Schauspieler von demselben Sprecher synchronisiert werden. Brad Pitt und Sean Penn haben zum Beispiel dieselbe deutsche Stimme. Und George Clooney klingt exakt wie Bill Pullman, Tom Hanks und Alec Baldwin. Dass Bruce Willis genau dieselbe Stimme wie Gérard Depardieu hat, konnte ich erst gar nicht glauben, aber Ben hatte schon immer ein besseres Gespür und wirklich recht damit gehabt.
»Wen sprichst du denn?«, frage ich neugierig.
»Ach, hauptsächlich Werbung, Dokumentationen – oder die Stimme aus dem Off bei den privaten Sendern, nichts Besonderes. Aber jetzt kommt und trinkt erst mal was.«
Mick ist nicht der einzige Mann, der hier auffällige Sachen anhat. So viele bunte Klamotten auf einem Haufen habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Fast komme ich mir vor wie auf einer Alt-Hippie-Fete, für die auch der Duft der Rauchschwaden spricht, die hier eindeutig in der Luft hängen.
»Wird hier
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