Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition)
verkauft, und ich bin in die Wohnung hier gezogen. Sie ist eigentlich zu klein für die große Dogge, und ich wollte schon längst wieder umgezogen sein, aber dann kam die Praxiseröffnung dazu. Und irgendwie fehlte mir bisher auch der nötige Schwung dafür.«
Der Gedanke, dass Georg mit seiner Exfrau in einem Haus zusammengewohnt hat, versetzt mir einen Stich. Das bedeutet, dass sie sich ein Nest gebaut haben, dass er sie geliebt hat – und dass sie vielleicht genauso verschwitzt und glücklich wie ich jetzt in seinen Armen gelegen hat. Dafür dass Georg erst die eine Frau hatte, hat er sich eben verdammt geschickt angestellt. Sie mussten viel geübt haben.
»Was ist los, Marlene?«
Ich bin eifersüchtig, das ist los. Das Gefühl trifft mich völlig überraschend. Ich habe erst ein paar schöne Stunden mit Georg verbracht, und schon läuft mir die Galle über bei dem Gedanken, dass er mit seiner damaligen Ehefrau geschlafen hat. Ich habe überhaupt nicht das Recht, hier irgendwelche Ansprüche zu stellen. Zudem ist sie eine mir völlig unbekannte Person aus seiner Vergangenheit. Und ich habe schließlich auch mit dem einen oder anderen Mann schöne Zeiten verbracht.
»Weißt du was? Ich glaub, ich bin tatsächlich eifersüchtig«, gebe ich perplex zu.
17
Denk nicht nach, Marly, tu es einfach!
Das mit dem Glück ist so eine Sache. Es hält nämlich nie lange an, zumindest nicht bei mir. Irgendwann passiert immer irgendetwas, und es reißt mir den Boden unter den Füßen weg, und zwar ohne Vorwarnung.
An meinem sechsten Geburtstag habe ich ein wunderschönes, knallrotes Fahrrad geschenkt bekommen. Stolz und überglücklich bin ich damit den ganzen Tag über durch die Gegend gefahren. Als ich am Abend heimkam, fand ich meinen Hamster Kalle tot und steif in seinem Käfig.
Dass meine Eltern Probleme miteinander hatten, habe ich nie mitbekommen. Ich bin bis zu dem Tag, an dem ich als Jugendliche meinen Vater mit der Nachbarin sah, davon ausgegangen, dass alles in meinem Elternhaus in Ordnung sei. Ich hatte wirklich eine sehr glückliche Kindheit, meine Eltern waren immer für mich da. Und dann brach von einem Moment auf den anderen meine heile Welt zusammen. Wie damals, als Kalle genau an meinem Geburtstag gestorben ist.
Als ich mein Studium mit einer sehr guten Note abgeschlossen hatte, starb überraschend meine Großmutter, und ich sagte die lang erwartete Examensfeier kurzerhand ab.
Und schließlich verschwand Ben ganz plötzlich aus meinem Leben, gerade als ich mir über meine wahren Gefühle für ihn klar geworden war.
Ich bin momentan so dermaßen glücklich, dass mir mein Höhenflug Angst macht. Seit sechs Wochen schon habe ich einen wundervollen Freund, mit dem ich viel Zeit verbringe. Durch ihn habe ich noch andere nette Menschen kennengelernt, die auch hier in der Nachbarschaft wohnen. Und auf unseren Spaziergängen mit Tilda haben wir zusammen neue Leute kennengelernt. Für Caruso habe ich eine Klappe ins Küchenfenster einbauen lassen – und eine neue Armatur mit Sensor. Ben hätte mit Sicherheit seinen Spaß daran gehabt. Caruso kommt und geht, wann er will, ist aber nie länger als einen Tag verschwunden.
Die Freundschaft zu Hilde hat sich weiter gefestigt, und wir haben wie geplant den Garten gemeinsam auf Vordermann gebracht. Dabei hat Hilde irgendwo ihren Ehering verloren, was mir unendlich leidtut. Wir haben überall gesucht, aber ihn nicht wiedergefunden. Ich habe sogar das Beet noch einmal umgegraben, in der Hoffnung er könnte sich irgendwo in der Erde versteckt haben. Die Erdbeeren sind reif und aus den weißen Apfelbaumblüten sind viele kleine Äpfel geworden, aber Hildes Ring bleibt verschwunden.
Auch die Beziehung zu meinen Vater hat sich gebessert. Wir haben uns wieder häufiger gesehen, denn ich passte regelmäßig auf meinen kleinen Bruder auf, der mir mittlerweile richtiggehend ans Herz gewachsen ist. Und bei dieser Gelegenheit haben wir tatsächlich auch mal ernsthaftere Gespräche geführt, und ich fühle mich ihm wieder näher.
Meine Mutter hat Spaß daran, dass mein Vater um sie kämpft, lässt ihn aber weiter zappeln.
Und Rici? Die hat sich tatsächlich für ihr Medizinstudium entschieden. Schon im Oktober will sie loslegen. Sie hat Spaß bis über beide Backen daran und freut sich für mich, dass es mir endlich auch wieder gut geht.
Nur ich kann mich nicht wirklich freuen. Heute ist Freitag, der Dreizehnte, der Tag, an dem ich mich unter normalen Umständen mit Ben
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