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Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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er in der einmal eingeschlagenen Richtung weiter; er wollte das nächste Sinkfeld nehmen, doch er hatte keine Lust, einfach umzukehren. Vor ihm schirmte ein blaugrüner Lichtschimmer den Korridor ab. In der Annahme, es handele sich lediglich um eine blickdichte Trennwand aus Luft, schritt er einfach hindurch.
    Sofort hörte er laute, aggressive Stimmen. Zur Linken war eine Tür, und von dort kamen die Geräusche – ein Scharren, das Kichern einer Frau, wütendes Gebrüll. Er drückte sein Ohr gegen die Wand und lauschte. Hier waren die Wände sauber verkleidet; nach rechts zweigte ein Gang ab. Ich sollte mich dorthin verdrücken, ehe sie mich sehen, dachte er. Aber er konnte sich nicht von der Stelle rühren.
    Eine Männerstimme ließ sich klar und deutlich vernehmen. »Einen Tag zuvor pfuschte sie an dem J-Scan herum, der an die Abteilung ging, und fütterte ihn mit einer Art von …« Ein Gibbeln und neuerliche kratzende Geräusche unterbrachen das Lamento. »Obendrein lacht sie uns noch aus«, knurrte der Mann. »Wir greifen uns die Hexe und …«
    »Hexe?«, kreischte jemand.
    Panglor horchte angespannt. Was war hier los?
    »Zur Hölle mit ihr! Sie ist eine Hexe, und wir sollten kurzen Prozess mit ihr machen! Wir schmeißen sie in einen Abwurfschacht und sind sie los!«
    »Versuch's doch!« Ein Mädchen rannte aus der Tür und keifte giftig zurück: »Versuch's, und es wird das letzte Mal sein, dass du überhaupt irgendwas tust!« Als sie sich umdrehte und Panglor zuwandte, sah er, dass ihr Gesicht vor Wut verzerrt war. Er schätzte das Mädchen auf vierzehn, höchstens sechzehn Jahre.
    Sein erster Impuls war, dieser Furie aus dem Weg zu gehen. (Sollte er sich etwa mit einer halbwüchsigen Göre anlegen? Das hätte ihm gerade noch gefehlt.) Aber aus irgendeinem Grund konnte er sich nicht bewegen – obwohl LePiep sich fauchend in seinen Armen wand und krümmte. Er hoffte, das Mädchen würde ihn nicht beachten.
    In diesem Moment fiel ihr Blick auf ihn. Ihre Wut schlug um in eine schrille Fröhlichkeit, und er merkte, dass sie jetzt ihn auslachte. Sie fing an zu kichern, sowie sie ihn sah. Was, zum Teufel, hatte das zu bedeuten? LePiep kreischte in sein Ohr, doch er vermochte sich immer noch nicht vom Fleck zu rühren. Das Mädchen kräuselte verächtlich die Lippen. Sie musterte ihn aus schmalen Augenschlitzen, die Nasenflügel arrogant gebläht. Er konnte gerade noch ihre Pupillen erkennen, die sich zu schwarzen Punkten verengten.
    Es war das Gesicht eines ungewöhnlichen Phantoms. Ein Geist, der jugendlichen Hass versprühte – und dabei äußerst gefährlich wirkte.
    Die Ou-Ralot gab nun leise zischende Geräusche von sich, die wie ein sanftes Lispeln in seinen Ohren klangen. Doch tief in ihrer Kehle sammelte sich ein dumpfes Knurren, das sich langsam steigerte.
    Panglor zitterte und spürte, wie die Starre aus seinen Muskeln wich.
    LePiep setzte zu einem mörderischen Geheul an. »Yi-i-ip! Yi-i-ip! Yi-i-ip!«
    Panglor trat in Aktion. Unbeholfen hob er die Füße und eilte zum Seitengang. Dann fing er an zu rennen, und als er erst einmal richtig in Fahrt war, dachte er nicht daran, stehen zu bleiben. Eine Frage quälte ihn – wieso versetzte eine Halbwüchsige ihn in Angst und Schrecken? Egal – er verzichtete auf eine Erklärung und hetzte einfach weiter.
    Dann sah er ein Lift- und ein Sinkfeld, ein Fluchtweg zu zivilisierteren Etagen dieser Station. Taumelnd erreichte er die rettenden Felder; er war so außer Puste, dass er nach Luft schnappte.
    Psykinetische Wegweiser erschienen und deuteten auf das Sinkfeld. Über die Schulter peilte er zurück; ihm war, als hätte er Schritte gehört. Das Mädchen flitzte den Korridor herunter. »Na schön!«, keuchte er und sprang – aber nicht auf das Sinkfeld, sondern auf das Liftfeld.
    Warum habe ich das getan?, fragte er sich, während er auf dem Feld in die Höhe stieg. Die nächste Ebene war die höchste der Station; er sprang von dem Feld und sah sich um. Er stand in einem verwaisten Foyer, aus dem mehrere Korridore abzweigten. Diese Zone sah aus, als würde sie nie benutzt, die Wände machten einen unfertigen Eindruck. Auf der anderen Seite des Foyers schwang sich eine gebogene Rampe längs der Wand in die Höhe und endete vor einem im Schatten verborgenen Durchlass.
    Er durfte nicht länger hier verweilen. Er hastete die Rampe hinauf, durch die Türöffnung, und gelangte in eine Passage, die weiter nach oben führte. Einmal blieb er stehen und lauschte.

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