Im Hyperraum
Entfernungen des
Normalraums durchraste â genauer gesagt, sie auf einem Umweg, der eine Abkürzung darstellte, übersprang â wie ein Delfin, der sich in seinem wahren Element tummelt.
Sie
sah die Frau, mit der Dap als Rigger zusammengearbeitet hatte, Deira,
spürte, wie er sich immer mehr zu ihr hingezogen fühlte, und ihre
wachsende Intimität. Sie empfand seine Euphorie, das Sich-Loslösen, das
Gefühl unendlicher Freiheit, das einen Rigger ergriff, wenn er ein
Schiff durch den Flux steuerte. Die wenigen Male, als sie geflogen war,
hatte sie diese Empfindung wahrgenommen, doch niemals gepaart mit
dieser innigen Vertrautheit, die Dap ihr in seinen Erinnerungen
mitteilte.
Jael bibberte vor Eifersucht und Nervosität,
denn nun spürte sie, wie Dap sie mit einer verstohlenen Frage
bedrängte. Aber er hatte ihr doch versichert, dass er ein rein
freundschaftliches Interesse an ihr hatte, dass er sie niemals zu etwas
drängen würde, was sie ablehnte. Sie konnte ihm vertrauen, irgendjemand
auf dieser Welt musste sie einfach vertrauen, und wovor fürchtete sie
sich eigentlich?
Deira und ich ⦠teilten diese Vision ⦠und mehr. Siehst da es, Jael? Fühlst du es?
Als
sie Daps Gedanken aufgriff, regten sich in ihrem Herzen Gefühle, die
sie nicht länger kontrollieren konnte. Doch, sie spürte es, und sie
wollte nicht neidisch sein, aber sie kam nicht dagegen an. Ehe sie
verstand, was passierte, sprudelten Gedanken und Bilder aus ihrem Geist
hervor wie Wasser aus einem Springbrunnen. Sie ergossen sich über die
Vision des Weltalls, hinein ins Traumlink â¦
Zuerst
kamen die Erinnerungen an ihre Trainingsflüge, wie sie die Flugrouten
dem nahe gelegenen Raum entlanggetänzelt war, zwischen den Sternen des
Clusters, zu dem die Sonne von Gaston's Landing gehörte. Es war pure
Freude, als würde man zum ersten Mal schwimmen, sich strampelnd und
nach Luft schnappend in einem Sternenmeer bewegen. Den Weg zu finden
und die Vision stabil zu halten, kostete viel Mühe â es war sogar sehr
anstrengend! Doch jedes Lichtjahr, das man hinter sich lieÃ, konnte als
Triumph gefeiert werden.
Sie selbst, Mara und
Joizee-Bob (wo immer die beiden jetzt stecken mochten â sie vermisste
sie schrecklich!) hatten auf ihrem letzten Flug die Passage so spielend
bewältigt, dass sie früher als geplant ankamen und am liebsten gleich
wieder umgekehrt wären, um die Strecke ein zweites Mal zu fliegen.
Welche Emotionen im Netz freigesetzt worden waren! Wie wunderbar die
Zusammenarbeit mit ihren Rigger-Kameraden geklappt hatte!
Diese
Erinnerungen vermischten sich mit der Hoffnung auf künftige Flüge;
Reisen, auf denen sie gewaltigere Entfernungen zurücklegen würde,
gemeinsam mit neuen Crewkameraden oder auch den alten. Doch bis jetzt
hatte sie vergeblich auf einen neuen Einsatz gehofft, und allmählich
wurde die Hoffnung von anderen Empfindungen durchsetzt, wie Frustration
und Groll â¦
Hastig versuchte sie, ihre negativen
Gedanken abzulenken, aber ihr Geist hatte bereits diese Richtung
eingeschlagen und lieà sich nicht mehr bremsen. Noch ehe sie Luft holen
konnte, überschwemmte sie Dap mit anderen Visionen. Visionen aus ihrer
Vergangenheit â¦
Schmerzlichen Visionen.
Bilder
ihres verängstigten Halbbruders Levin, wie er versuchte, sich vor den
Misshandlungen durch ihren brutalen Vater zu schützen; so
eingeschüchtert war er, dass er sich nicht einmal mehr seiner Schwester
zuwenden konnte, sogar ihr Mitleid ablehnte. Bilder von Levin, wie er
das Haus verlieà und im schwindenden Tageslicht die StraÃe hinunter
rannte.
Visionen von Jael selbst, wie sie die
geschlossene Tür anstarrte, hinter der ihr Vater sich verschanzte,
unfähig, seine Aufmerksamkeit zu erregen, ein leidendes,
vernachlässigtes Kind ⦠doch ihr Vater beschäftigte sich ausschlieÃlich
mit seinen dubiosen Geschäften, hatte nur Augen und Ohren für seine
zwielichtigen SpieÃgesellen â¦
Jael, was hat das zu bedeuten?, flüsterte Dap.
Bilder
von Jael, Jahre später; dieses Jahr, wie sie, Selbstbewusstsein
heuchelnd, in der Rigger-Halle vorspricht. Doch es war anders als in
der Rigger-Schule, wo sie Klassenkameraden kannte, die sie mochte und
denen sie vertraute, und wo es zumindest einige Leute gab, die noch
nichts von ihrem Vater gehört hatten. Sie durchlebte noch einmal ihre
ersten beiden Auftragsflüge, die sie nach ihrer
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