Im Hyperraum
Ich sagte ihm auch, dass ich diese Route vielleicht nie
wieder fliegen würde. Aber er möchte gern mitkommen. Theoretisch wäre
das doch möglich, oder? Im Grunde ist es ein rein technisches Problem,
nicht wahr?«
»Nun ja â das weià ich wirklich nicht.«
Ars Augenbrauen, die aussahen, als seien sie mit Silberstaub gepudert,
wölbten sich über der bläulich schimmernden Stirn.
»Es muss zu schaffen sein. Na schön, du hast mir nicht geglaubt, dass ich echte
Drachen gesehen habe. Jetzt hältst du mir sicher entgegen, dass Ed
ebenfalls nicht real ist.« Jael schaute hinunter auf ihre ineinander
verkrampften Hände. Seine Skepsis durfte sie ihm nicht übel nehmen. Sie
hatte ihm schon genug Dinge erzählt, die in der Tat unglaubwürdig
schienen.
Ar massierte seinen Stirnwulst und meinte:
»Nicht unbedingt. Gewiss, Ed ist ein Cyberpapagei und deshalb quasi ein
Artefakt. Aber er basiert auf einem echten Papagei, und wenn man ihn so
angelegt hat, dass seine Persönlichkeit sich auf natürliche Weise
entwickeln kann, muss man ihn wohl als real bezeichnen. Selbst wenn er
auÃerhalb der psychetronischen Umgebung nicht zu existieren vermag.«
Am
liebsten hätte Jael ihn gefragt, in welcher Hinsicht sich Ed dann von
einem Drachen unterschied, den er für irreal hielt, doch sie hielt
lieber den Mund. Ãber dieses Thema konnten sie später immer noch
diskutieren. Stattdessen fragte sie: »Wenn ich die Flugerlaubnis
erhalte und wir als Rigger-Team zusammenarbeiten, würdest du mir dann
helfen, eine Kopie von Ed auf das Schiff mitzunehmen?«
Ar
sah sie eine geraume Zeit lang an. Seine Augen schienen zu flimmern,
als tanzten hauchdünne, feurige Linien auf den violetten Wollknäueln,
die in den klaren Augäpfeln ruhten. Dann verzog sich sein Mund zu einer
breiten, geriffelten Zick-zack-Linie. »Selbstverständlich â
Rigger-Partner!«, versicherte er.
Kapitel 19
C YBERRETTUNG
U M EINE A RBEITSERLAUBNIS ZU BEKOMMEN ,
brauchte sie lediglich Commander Gordache aufzusuchen. Die Polizei
hatte kein Interesse mehr daran, ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken,
und Gordache ermutigte sie sogar, sich einen Job zu suchen, damit sie
kein Wohngeld mehr von der Raumhafenadministration beanspruchte.
Höchstwahrscheinlich würde es noch Wochen oder Monate dauern, bis die
Besitzverhältnisse des Mogurnnachlasses geklärt waren, und bis dahin
musste sie auf ihre Entlohnung für den Flug warten.
Sie
und Ar begaben sich in die Rigger-Büros und bewarben sich für die freie
Stelle für eine Zweiercrew. Natürlich waren sie nicht die einzigen
Rigger auf Arbeitsuche, doch hier stellte sich die Situation weit
weniger problematisch dar als auf Gaston's Landing. Zufälligerweise
suchten die meisten Rigger derzeit Posten auf gröÃeren Schiffen oder
für Soloflüge. Doch da sie und Ar noch nie als Team zusammengearbeitet
hatten, mussten sie einen Simulatortest absolvieren, um ihre
Kompatibilität zu beweisen. Dies geschah am Nachmittag im Untergeschoss
der Rigger-Halle.
Sie besetzten miteinander verbundene
Rigger-Stationen, in denen sie sämtliche normalen Checkoutverfahren für
einen Flug probten. Computergenerierte Fluxsimulationen wurden in das
sensorische Netz eingespeist und mit zufällig ausgewählten
Flugproblemen angereichert. Jael fühlte sich stark an ihre
Trainingssimulationen erinnert, und fast von Anfang an lief sie zu
Bestform auf. Sie und Ar fanden sehr schnell zu einer harmonischen
Kooperation, tauschten miteinander imaginäre Bilder aus, während sie
durch die synthetischen Landschaften flitzten. Verblüffend rasch verlor
sie ihre Angst, schottete Dinge ab, die sie lieber für sich behalten
wollte und testete lediglich die Vorstellungskräfte, die sie im Netz
mit Ar als Partner brauchte. Doch dies war natürlich einfach, denn sie
wusste, dass es sich um eine Ãbung handelte. Deshalb waren Testläufe
dieser Art ja so angenehm und im Grunde so wenig aussagekräftig; sie
reichten aus, um ein gewisses Maà an Kompetenz nachzuweisen, doch sie
bewiesen nicht, wie ein Team in den echten Tücken und Wirbeln des Flux
zurechtkam. Nur der reale Sternenflug konnte zeigen, was ein Team
kooperierende Rigger zu leisten vermochten.
Mit ihrem
Teamzeugnis in der Hand warteten sie auf eine Antwort auf ihre
Bewerbung; es konnte mehrere Tage dauern, bis sie eine Nachricht
erhielten. Das verschaffte ihnen
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