Im Hyperraum
sich zu entspannen, starrte abwechselnd die Zimmerdecke der
Lounge und ihre Fingernägel an. Ich brauche mir keine Sorgen zu machen,
redete sie sich ein. Ed ist immer noch da; er ist in Sicherheit. Doch
ebenso gut hätte sie versuchen können, eine Lawine aufzuhalten.
Angenommen, man entfernte den Regenwald, ehe sie ihn betreten konnte?
Angenommen, man schaltete das gesamte System ab? Als sich endlich einer
der Rigger auf den Environment-Alpha-Sesseln rührte und den I/O-Helm
abnahm, lagen Jaels Nerven blank. Sie bemühte sich, nicht auffällig zu
gaffen, während der Rigger sich die Augen rieb und sich wieder an die
Realität auÃerhalb des Systems gewöhnte. SchlieÃlich, nach einer halben
Ewigkeit, stand die Frau auf und gab den Platz frei.
Hastig
setzte Jael sich an die Station. Ar hielt ihren Arm fest, als sie im
Begriff stand, sich den Helm überzustülpen. Er zeigte ihr das geöffnete
Kästchen mit den Sondierungsdisketten. Ja, richtig. Um ein Haar hätte
sie ihr Werkzeug vergessen. Sie hielt ganz still, während Ar ihr an
beiden Schläfen eine Diskette befestigte; während sie vorsichtig den
Helm aufsetzte, prüfte er nach, ob dessen Sonden an die Disketten
anschlössen. Sie holte tief Luft und atmete die Ausdünstungen der Frau
ein, die zuletzt den Helm benutzt hatte. Fast kam sie sich vor wie eine
Kriminelle. Sie durfte nicht vergessen, dass sie ja im Begriff stand,
Eds Leben zu retten.
»Es geht los!«, wisperte Ar ihr zu.
Sie drückte auf den Knopf.
â
G OTTLOB BEFAND SICH DER R EGENWALD noch im System. Allerdings war Ed nirgends zu entdecken. Im Dschungel
war es feucht, diesig und seltsam still. Das Licht kam ihr merkwürdig
vor, irgendwie grau und matt. Offenbar war es an diesem Ort, in dieser
Welt, gerade frühmorgens.
Sie fragte sich, ob diese
KI-Dinger in den Sonden bereits ins System eingedrungen waren und es
aufzeichneten. Sie wollte nicht, dass sie ihre Datenspeicher mit den
falschen Informationen füllten. Lasst Platz für Ed, dachte sie voller Hoffnung. Wenn ich ihn finde.
** Ambientale Daten werden gescannt und aufgezeichnet. Bitte geben Sie Bescheid, sowie die Primäre Datenmatrix auftaucht. **
Sie hörte die Instruktionen im Geist, wie sie eine Stimme im Netz wahrnahm. Gut. Damit kannte sie sich aus. Primäre Datenmatrix wurde von mir noch nicht gesichtet. Befinde mich auf der Suche nach ihr, gab sie zurück.
Merkte
es Ed, wenn sie seine Welt betrat? Sie konnte es nur hoffen. Langsam
steuerte sie auf eine Schneise im Unterholz zu. An dieser Stelle schien
ein Pfad zu beginnen. Eine Wolke aus dichtem Nebel hing dort über dem
Boden, doch sie dachte sich nichts dabei, als sie hindurchtrat â bis
etwas nach ihrem Knöchel griff und ein stechender Schmerz durch ihr
Bein zuckte. »Au!«, schrie sie, sprang zurück und massierte
sich den Knöchel. Wütend starrte sie auf die kleine Nebelbank und trat
mit dem Fuà danach.
Böse kreischend rannte ein kleiner
Busch aus dem Dunstfleck. Abermals geiÃelte er ihr Bein mit einem
dornenbewehrten Zweig, doch sie wich behände aus und beobachtete
argwöhnisch, wie er über die Lichtung davonscharwenzelte. Er war noch
nicht weit gekommen, da lieà er sich mit einem ärgerlichen Whuff auf den Boden niederplumpsen. »Schön. Und dass du mir ja aus dem Weg
gehst!«, schimpfte Jael. Die Pflanze gab keine Antwort, doch kurz
darauf strömte Nebel aus den Dornenspitzen. Binnen weniger Sekunden
hatte sich das Gewächs völlig unter einer neuen Dunstwolke versteckt.
Jael
schürzte nachdenklich die Lippen. Ihr fiel ein, dass der Vorfall
vermutlich aufgezeichnet worden war. Ist ja toll, dachte sie. Das hat
mir gerade noch gefehlt, dass solch ein Monstrum plötzlich im Netz
antanzt. Wenn ihr mich verstehen könnt, wandte sie sich in Gedanken an die Systemsonden, dann entfernt diese Pflanze!
** Gelöscht. **
Erleichtert
wanderte sie den Pfad entlang, auf dem die Pflanze zuvor gehockt hatte.
Weitere dünne Nebelfetzen stiegen aus den Ãsten und wirbelten vor ihrem
Gesicht. Aus Angst, abermals auf feindselige Kreaturen zu stoÃen,
bewegte sie sich mit äuÃerster Vorsicht. Was ist hier los?, fragte sie
sich. Wieso war es so diesig? Eine geraume Zeit lang spazierte sie den
Weg entlang, sah nur vom Nebel umhüllte Bäume und hörte mitunter das
Scharren und Huschen von Lebewesen, ohne sie zu Gesicht zu
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