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Im Informationszeitalter

Im Informationszeitalter

Titel: Im Informationszeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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zum Staatsroman 4 der Renaissance, dem Planetenroman, den Erneuerungsbestrebungen der Romantik direkt zu Verne, Wells und Capek (vgl. Suvin 1979). Suvin definiert SF als literarisches Genre,
    “dessen notwendige und hinreichende Bedingung die Wechselwirkung von Verfremdung (enstrangement, ostranenie, distanciation) und Erkenntnis und dessen hauptsächliches formales Hilfsmittel ein imaginativer Rahmen ist, der zur empirischen Umwelt des Autors eine Alternative darstellt.” (Berthel 1976, S. 157)
    Diese erkenntnisbezogene Verfremdung läßt der Gattung den notwendigen Spielraum, setzt ihr aber auch Grenzen: notwendige Bedingung ist die Existenz eines “erzählerischen Novums”, das prinzipiell verschieden sein muß von der naturalistischen und empirischen Belletristik (vgl.: Suvin In: Barmeyer 1972, S. 90). Weiterhin fordert Suvin von der SF, sie müsse “Erziehungsliteratur” 5  sein (vgl.: Gottwald 1990, S. 23.).Die Möglichkeit, daß SF auch erzieherischen Charakter haben kann, wird durch eine falsche Setzung der Prämissen mit dem Begriff “Erziehungsliteratur” verzerrt; erst der spielerische Umgang mit den Möglichkeiten der Gattung läßt diese so interessant und komplex werden, daß es sich für den Leser “lohnt”, erkannte Strukturen zu übertragen. Gottwald vermißt bei Survin die Möglichkeit, “das Spielerische als Selbstzweck ohne erzieherische Intentionen” gelten zu lassen (Gottwald 1990, S. 24) 6 . Wie sehr Selbstzweck müßte das Spielerische aber sein, um keine Meinung zu entfalten? Selbst im primitiven Heroismus der kommerziellen “Space Opera” verbirgt sich etwas wie eine Weltanschauung, wenn auch meist ohne tiefe Einsichten.
    Suvin und Nagl vertreten in der SF-Kritik antagonistische Positionen, zwischen denen sich die ganze Bandbreite der Diskussion auffächert. Sowohl Schwonke, als auch Krysmanski tendieren mehr zur Position Suvins, gehen aber nicht so weit wie er. Obwohl, wie bereits in 2.1. beschrieben, die direkte Anknüpfung an die utopische Tradition nur eingeschränkt in Form der Tradierung utopischen Denkens als Tendenz innerhalb der spezifischen SF -“Attitüde” vollzogen werden kann, sind die Versuche der Anbindung recht häufig.
    Lem betrachtet die SF als “Inkubator für erkenntnismäßig haeretische Gedanken” (Schulz 1986, S. 102). SF präsentiert sich bei ihm als “perspektivische Literatur”. Die Verschiebung extrapolativer Mimesis zur Metapher, die bewußte Schaffung kognitiver Modelle ist eines seiner literarischen Hauptziele. Eine Gefahr in der aktuellen SF entsteht nach Lem durch den wachsenden Abstand von Spezialisten und Laien: immer mehr “Attrappen” mehren sich in diesem Genre, die Wissenschaft durch den “Warp”-Antrieb (aus “Star Trek “) ersetzen, der einfach für sich steht und keiner logischen Erklärung bedarf. Diese Entwicklung ist nicht neu, doch zeigt sich in der Sorge des Autors die Absicht, mit seiner Belletristik Entwicklungstendenzen der Wirklichkeit zu deuten. Die besondere Art des “Wirklichkeitsbezuges” hinter der Fiktion ist gleichzeitig die große Chance und das Hauptproblem der anspruchsvollen SF, denn Brüche in der Rationalität lassen gerade ein fiktionales Gefüge schnell zusammenbrechen.
    Im Unterschied zu Lem hat sich Amery wenig mit der literarischen Gattung SF auseinandergesetzt. In seinem neuesten Werk “Die Botschaft des Jahrtausends” (1994) bekennt sich Amery allgemein zum Utopismus, nachdem ihm von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorgeworfen wurde ein Utopist zu sein:
    “Wenn man allerdings, wie etwa die kaltäugigen Wahrsager der Frankfurter Allgemeinen, jeden von einer übergeordneten Idee oder auch nur humanistische Anteilnahme befeuerten Versuch, den gegenwärtigen Kurs auf den Abgrund etwas umzulenken, schon als Utopie anschwärzt, dann fordern es schon die guten Manieren, daß man sich im Gegenzug ohne Zögern zum Utopismus bekennt…” (Amery 1994, S. 111)
    Dabei hat er genaue Vorstellungen von dem, was er die “platte” SF nennt: SF, die ohne Ambitionen und Kritik geschrieben wurde. “Die platte Science Fiction kennt solche Paradiese (gemeint sind die Paradiese einer zukünftigen happy family. A.A.) längst; in anglo-amerikanischen Zukunftsbildchen…” (Amery 1994, S. 143).
    Nun ist die Unterscheidung in “platte” SF und ambitionierte SF bei Amery leider nicht weiter ausgeführt, doch stehen sich die “Attitüde” Amerys und die perspektivische SF Lems auf der Bedeutungsebene recht

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