Im Informationszeitalter
Zweifel an der Richtigkeit des Geschichtsablaufs (den sie an Gottes Stelle deuten) und benutzen ein progressives, die moderne Technik übersteigendes Instrument, das wiederum selbst aus der Vergangenheit entlehnt wurde, um einer konservativen Denkweise aus der Reformationszeit zum Sieg zu verhelfen.
“Der Erfolg des Christentums besteht in seiner wirksamen Teilnahme am Aufbau eines Machtpotentials, das in den letzten Jahrhunderten insbesondere den Verlauf der Weltgeschichte bestimmt hat.” (Amery 1985 a, S. 11). Mit dem Erfolg des Christentums ist aber nicht der Erfolg der Botschaft Christi gemeint, sondern der Erfolg der Kirche, der Theologie und des christlichen Sittengesetzts. In diesem Sinn ist die Entwicklung bis zur Gegenwart in den Augen der ersten Christen sicherlich ein völliger Mißerfolg, so urteilt Amery.
Durch die Zeit hinweg hat sich die Definition des Begriffs “Erfolg” gewandelt: “Nicht das Erreichen ursprünglicher Ziele und Absichten ist das landläufige Kriterium des Erfolgs, sondern die Effizienz in der Durchsetzung gegenüber anderen Kräften.” (Amery 1985 a, S. 12) und Peter Kurtz ergänzt: “Der Mensch kann die eigene Geschichte nur als Erfolgsgeschichte lesen, wenn und so lange er das Verlorene nicht berücksichtigt.” (Kurtz 1992, S. 16).
Amery beschreibt und kritisiert das Christentum als Faktor im Zivilisationsprozeß; bewußt grenzt er sich dabei von drei bestehenden traditionellen Positonen ab:
1. der kirchlich-konservativen, die die Entwicklungen als Abfall von ewigen Wahrheiten deutet und die somit Weltuntergangsprognosen als logische Konsequenz hinnimmt,
2. die aufklärerisch-antichristliche Position in den verschiedenen Variationen, die das Christentum als Erbschaft der Unmündigkeit begreifen 92 ,
3. die christlich-progressive Position; sie deutet die Entwicklung des institutionellen Christentums als Mißdeutung der ursprünglichen Botschaft. Amery unterstützt diese letzte Ansicht, kann sich aber keiner der Positionen anschließen, da sie alle Geschichte als Kampf interpretieren. “Sie interpretieren das Christentum und seine Folgen letztlich nicht als weltlichen Gegenstand, sondern als Kampf zwischen Licht und Finsternis - wobei Licht und Finsternis je nach Standpunkt verteilt werden.” (Amery 1985 a, S. 13).
Durch die Konzentration auf funktionale Elemente möchte sich Amery von der binären Trennung in Erfolg und Mißerfolg innerhalb einer geschichtsphilosophischen Betrachtung lösen. Auf ein Aufrechnen soll zugunsten einer objektiven Untersuchung von Ursache und Wirkung verzichtet werden.
Bei der Untersuchung des KP kann man sich von den drei zentralen Fragen leiten lassen, die Amery für die Untersuchung der christlichen Tradition aufgestellt hat:
“- Welche Vorstellungen der judäisch-christlichen Tradition haben sich im Kräfteparallelogramm der Geschichte durchgesetzt?
- Auf wessen Kosten erfolgte diese Durchsetzung? - Und vor allem:
- Welcher Kritik müssen sie heute, im Kampf um das Jahr 2050 oder 2100 unterworfen werden?” (Amery 1985 a, S. 14, 15).
Zu den Vorstellungen, die sich in der christlichen Tradition durchsetzten, gehört zum einen die in der Genesis begründete Gottesebenbildlichkeit des Menschen und den daraus resultierenden Vorang gegenüber der übrigen Schöpfung; aus diesem Vorrang resultiert die Vorstellung, sich die Erde untertan machen zu müssen. Zum anderen entspricht das Nicht-Erreichen von Zielen der Erbsünde, so daß das Christsein mit einer permanenten Motivation verknüpft wird. Aus dieser überdimensionierten Motivation heraus versucht sich Enigmatinger am Anfang des Romans zu töten, weil er die “Waffe des Vatikans” in den Händen der Kommunisten wähnt.
Die besondere Art der Motivation zeichnet das Christsein nicht zuletzt als kulturstabilisiernden Faktor aus, der sich dynamisch mit der Welt entwickeln kann; durch den Mißbrauch allerdings wird die Motivation auf falsche Ziele gelenkt. Im Roman wird Füßli zum Mörder (vgl.: KP, S. 116).
Die naiven Helden der jakobitischen Revolution sind am Ende des Romans ebenso erfolglos wie die klerikalen Mitarbeiter des “ Königsprojektes “, doch ihre Niederlage ist glorreich, da sie nicht im Gegensatz zu ihren grundlegenden Ideen handelten: “In Aphallijn aber empfängt Ossian die Helden der jakobitischen Revolution - die verlorene Sache trägt immer den letzten Sieg davon.” (KP, S. 273). In seinem letzten Roman “Das Geheimnis der
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