Im Informationszeitalter
beschädigtes Sehzentrum (fissura calcarina) verfügen, das Lesen und auch Sehen in Form eines “Raster”-Typus zu ermöglichen. Wie will man dies realisieren? Wenn man den Hinterkopf elektrisch reizt, kann man sogenannte “Phosphene” als Lichtpunkte erzeugen, die vom Menschen bewußt als Ergebnis der direkten Einwirkung auf die Großhirnrinde wahrgenommen werden. Und obwohl niemand diese Blitze zur Zeit zu einem sinnvollen Muster als Buchstaben zusammenstellen kann, glaubt man, daß in ein paar Jahren die Buchstaben so zusammengestellt werden können, daß der Blinde zuerst mit dem Gehirn die Buchstaben der Brailleschrift und dann auch eine gewöhnliche Zeitung lesen können wird. Ich sage nicht, daß man solche Prognosen zwischen Märchen oder Mythen stellen soll, wie jene über Herkules, der auf den Schultern ein Kalb nahm und nach einem Jahr bereits einen Bullen tragen konnte, aber es kann nicht schaden, bei solchen Vorhersagen zurückhaltender zu sein, insbesondere wenn man über das Lenken von Fahrzeugen und Flugzeugen mittels Gedanken schreibt. Das ist falsch und gefährlich.
Wenn das Gehirn bei geschlossenen Augen, einfach formuliert, nicht mit einer Wahrnehmung oder einem Problem beschäftigt ist, kommen freie Entladungen von Neuronen (ALPHA-Rhythmus) vor, und wenn man die Augen öffnet und über etwas aktiv nachdenkt, verändert sich der Alpha- in Hochfrequenz-BetaRhythmus (es gibt noch andere Frequenzen wie den Theta-Rhythmus, auf die ich aber nicht eingehen will, weil dies bereits eine andere Frage ist). Vorerst ist die Idee, daß der Mensch durch Öffnen und Schließen der Augen und der dadurch entstehenden Veränderung der EEG-Rhythmen seines Gehirns direkt über entsprechende Verstärker zum Beispiel auf das Lenkrad einwirkt. Ich würde keinem raten, Passagier eines auf diese Weise gesteuerten Vehikels zu sein und ihm seine Gesundheit und sein Leben anzuvertrauen. Die Rhythmusveränderungen sind weder identisch noch in der Geschwindigkeit sicher bei jedem Menschen. Und wenn man sich auch noch vorstellt, worüber uns enthusiastisch eingestellte “Science Writers” unterrichten, die jedoch hinsichtlich der “Rücksteuerung” in der Biologie und Medizin Laien sind, daß über die elektrische Stimulation von geistigen Prozessen durch steuernde Einwirkung auf das Gehirn mittels entsprechender Geräte (schon dies riecht nach S-F, aber nach einer, die mit der Wahrheit der Fakten nicht übereinstimmt), so stellt sich all das als ein Märchen heraus.
Der springende Punkt ist, daß man bis heute nicht genau weiß, wie und wo das Gehirn die Gedächtnisdaten speichert, und man weiß auch nicht, was im EEG das Ergebnis der Gehirnarbeit ist, die das Bewußtsein hervorbringt, oder welche Prozesse das Bewußtsein erzeugen, stützen und leiten. Ich sah selbst in einem Labor, daß Bilder, die durch das arbeitende Gehirn erzeugt werden (man untersucht z.B. die Zustände seiner lokalen Durchblutung, die sich je nach dem verändert, welcher Gehirnbereich mit welchen anderen zusammenarbeitet), bei verschiedenen Menschen unterschiedlich sind. Ein identisches Problem, mit dem sich eine Person beschäftigt, sieht etwa auf den PET-Bildern anders aus, wenn wir die Gehirnarbeit eines Mannes oder einer Frau beobachten.
Der Streubereich der Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern ist im allgemeinen größer als innerhalb des Personenkreises des gleichen Geschlechts, aber das bedeutet ungefähr soviel, wie anzunehmen, daß wir bereits alles dank der Feststellung wissen, daß die Frauen größere Brüste als Männer haben. Keine Steuerung ist möglich, “weder hin noch her”, ohne sehr schwere und erhebliche chirurgische Eingriffe. Und das ganze Erzählen über die gehirnkompatiblen “Interfaces” stellt nur Gerede dar, weil alle Codes, deren sich ein Individuum mit seinen Neuronen bedient, wenn es die gesprochene oder geschriebene Muttersprache benutzt, wenn es diese Sprache oder eine fremde, aber gelernte Sprache liest, noch wesentlich individueller als beispielsweise Fingerabdrücke oder auch die genaue Struktur der Gefäße in der Netzhaut jedes Auges sind. Nota bene wird die Struktur der Blutgefäße in der Netzhaut bereits dank ihrer Verschiedenheit als charakteristisches Merkmal der Identität statt der Fingerabdrücke empfohlen, weil etwa Verbrecher aus einer höheren Klasse die Fingerabdrücke ändern (meistens chirurgisch entfernen) können. Die Verzweigung der Arteriole des Augengrundes kann man dagegen
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