Im Informationszeitalter
Programmierern festgelegt wurde.
Das Leben hat selbst eigene Programme erstellt, und diese souveräne, komplexe Virtualität sollen unsere Nachkommen erreichen, indem sich ihre “metainformatischen Maschinen” (“Computerdepots”) als Sporen oder als Wiegen erweisen. Erst das wird zeigen, dass die Bioevolution ein besonderer, einzelnen Wege war, dass es andere Evolutionen gibt und dass andere entstehen können, die weder auf Kohlenstoff noch auf Proteinen oder auf diesem oder jenem Metall gründen. Aber hier stehe ich bereits am Abhang der Imagination, da mir heute für das, was entstehen könnte, die Bezeichnungen fehlen.
Metainformatisch zu sein bedeutet, dass man zugunsten der Starter-Programme auf Programme verzichtet, die von unseren Programmierern entwickelt werden. Diese Programme, die lediglich Starter der Entwicklung werden, sind wahrscheinlich nur zu einem gewissen Grad durch Rahmenbedingungen eingeengt, aber erfüllen nicht notwendigerweise das, was von einer “befreiten Entwicklung” der Information
- “befreit” aus der Gefangenschaft der konkreten Träger,- erwartet wird. Es wird dabei sicherlich eine Menge Fehl- und Anläufe geben, die nichts Neues erschaffen, aber gleichzeitig lauern unter all diesen Fehlläufen die Chancen der aus der Befehlsgewalt der kommerziellen Diagnose befreiten Fragestellungen:
Wie ist das Leben auf der Erde möglicherweise entstanden? Warum entwickelte es sich von Katastrophe zur Katastrophe? Oder ist die Zunahmen der Komplexität ein unerlässlicher Koeffizient beim Spiel um das Überleben? Bei solch einem hohen Niveau der befreiten Evolution werden wir erst erkennen, wohin kein Zwang führt. Das ist nur eine Chance, deren Garant unser Verstand sein sollte.
Internetspiele
Stanislaw Lem 21.01.2000
Phantomatik, Künstliche Intelligenz und das Prinzip zunehmender Komplexität
Spiele im Internet sind seit ziemlich langer Zeit in Mode. Sie lassen sich im Grunde darauf zurückführen, dass man eines von vielen bereits existierenden prototypischen Rahmenschemata auswählt. Einer oder mehrere Spieler (jedoch nicht allzu viele) können sich die in der Geschichte, die sich auf den Bildschirmen der einzelnen Monitore abspielt, auftretenden “Charaktere” auswählen oder ausdenken. Das Netz selbst ist einfach ein Verbindungssystem aller Spieler miteinander; darüber hinaus können im Spiel auch “Geschöpfe” teilnehmen, hinter denen kein menschlicher Spieler steht, der sein “Alter Ego” im Netz bewegt, da das auch ausschließlich im Netz aktive Subprogramme, die etwas oder jemanden simulieren, sein können.
Internet- und Computerspiele dieser Art finden grundsätzlich in der Maschinensprache statt, die ausgewählt wurde, um die sich ergebenden Situationen und Strukturen zu vereinheitlichen. Offen gesagt, stehen für die Spiele - entsprechend ihren Geschichten
- natürlich Schemata zur Verfügung, die aus der phantastischen Literatur, also aus dem Science-FictionBereich oder sogar einfach aus Märchen, stammen. Die psychosoziologische Analyse zeigt, dass eine der Dominanten, die diesen Spielen zugrunde liegen, die eskapistische Haltung gegenüber der gewöhnlichen Wirklichkeit ist (oder mindestens zu sein scheint). Der Spieler kann sich mit der jeweiligen Gestalt sehr stark identifizieren. Da es jedoch viele Spieler gibt und sich jeder in den Grenzen einer bestimmten Spielpartie verhält, wie er dies will, kann er anderen Spielern nicht nur einen Schabernack spielen, sondern auch beträchtliche Unannehmlichkeiten bereiten, für die es unmöglich ist, Verantwortung zu tragen (im Sinne der Verantwortung für die “Verletzung der persönlichen Sphäre”), weil es ja nicht “wirklich” passiert. Es ist einfach wie ein höheres Derivat der Kinderspiele -dank der technologischen Erhebung -, in dem man beliebige Rollen übernimmt und sich diesen zumindest ein wenig unterzuordnen hat.
Der Bedarf nach eskapistischem Verhalten ist auch verschiedenen SF-Fans gut bekannt, die untereinander Briefe mit Bewertungen der gelesenen und sogar angebetenen Texte austauschen. Die Einzelwertungen der “Spieler”, d.h. deren Computer- und Internetrepräsentanten, sind verschieden. Sie beginnen irgendwo “unten” und “steigern” sich im Laufe der Karriere, indem man mit Drachen kämpft (ich weiß nicht, woher diese Verbreitung des Verlangens nach Drachen kommt) oder Einhörnern, Hexen, Zauberern oder Vampiren begegnet, um schließlich auf einen “hohen” Level der
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